Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl und Fiskalratspräsident Gottfried Haber zogen im Rahmen eines Pressegesprächs ein Resümee über die Entwicklungen der Gemeindefinanzen. Trotz steigender Ausgaben und stagnierender Ertragsanteile lässt sich ein Rekord bei Investitionen feststellen. Im Jahr 2017 haben die österreichischen Gemeinden mehr als 2,5 Milliarden Euro investiert. Sie sind damit wichtige regionale Wirtschaftsmotoren.
„Die österreichischen Gemeinden stehen seit Jahren vor großen finanziellen Herausforderungen. Die Ausgaben bei Kinderbetreuung, für die Pflichtschulen, sowie Gesundheit und Soziales steigen von Jahr zu Jahr. Die Ertragsanteile stagnierten im Jahr 2017 hingegen. Dennoch konnten wir mehr als 2,5 Milliarden Euro investieren. Kurzum: Trotz schwieriger Rahmenbedingungen leisten die Gemeinden ihren Beitrag zum österreichischen Stabilitätspakt“, erläuterte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl die finanzielle Situation der österreichischen Gemeinden.
Positive Entwicklung trotz stagnierender Ertragsanteile
Die österreichischen Gemeinden ohne Wien verantworteten im Jahr 2017 ein Budgetvolumen von rund 20,7 Milliarden Euro. Die größten Einnahmequellen sind hierbei die 7,2 Milliarden Euro an Ertragsanteilen, welche aufgrund der Steuerreform 2015 stagnierten, 2,3 Milliarden Euro an Kommunalsteuer (+3,9 Prozent), 2 Milliarden Euro Gebühreneinnahmen (+2,7 Prozent) und 580 Millionen Euro aus der Grundsteuer (+2,6 Prozent). Im Jahr 2017 konnten die Gemeinden ohne Wien um 13 Prozent mehr investieren – insgesamt stiegen die Investitionen auf 2,5 Milliarden Euro an. Der größte Brocken an Investitionen – insgesamt 568 Millionen Euro – war dabei der Ausbau der Kinderbetreuung (Kindergärten, Kinderkrippen, Nachmittagsbetreuung etc.). „Die österreichischen Gemeinden betreiben rund 4.100 Kindergärten und Kinderkrippen und erhalten rund 4.300 Pflichtschulen. Allein für diese Aufgaben nehmen wir 3,4 Milliarden Euro pro Jahr in die Hand. Seit dem Jahr 2007 stiegen die Nettoausgaben der Gemeinden für Kinderbetreuung um 88 Prozent“, betonte Riedl.
Steigende Ausgaben belasten die Budgets
Bei anderen Aufgabenfeldern, wie Gesundheitsausgaben (+ 56 Prozent seit 2007) oder Soziales und Pflege (+ 65 Prozent seit 2007) verhält es sich ähnlich. Die Steigerung bei den Nettoausgaben für die Pflichtaufgaben macht die Haushaltsführung für Gemeinden immer schwieriger. „Drei Viertel des Budgets der Gemeinde sind heute schon verplant, bevor ich überhaupt an die Voranschlagserstellung denken kann. Von den Abzügen der Gemeinde-Ertragsanteile durch die Länder, über Umlagen für Krankenanstalten, Sozialhilfe und Pflegeheime sowie Fixkosten für Personal und Investitionen in Infrastruktur und Kinderbetreuung – der Spielraum der Gemeinden wird immer geringer, aber die Anforderungen werden mehr“, so Riedl, der auch die 15a-Vertragsfähigkeit für die Gemeindeebene forderte, damit die Kommunen bei den finanziellen Angelegenheiten, die sie auch betreffen, mitreden und mitentscheiden können.
Gemeinden wirtschaften nachhaltig
Fiskalratspräsident Gottfried Haber betonte die Bedeutung der Gemeinden als regionale Wirtschaftsmotoren und lobte die Anstrengungen zur Einhaltung des Stabilitätspakts: „Gerade wenn es um Investitionen in den ländlichen Regionen geht, sind die Gemeinden wichtige Innovationsmotoren. Sie bauen die erforderliche Infrastruktur aus, um die Standorte attraktiv zu halten und damit auch die Wirtschaft in diesen Regionen zu stärken.“ Die Gemeinden machen in Summe auch eine nachhaltige Finanzpolitik, denn „die Kommunen verantworten 12 Prozent des Budgets und zeichnen für 3 Prozent der öffentlichen Schulden verantwortlich. Die Finanzschuld der Gemeinden pro Kopf (ohne Wien) ist von 1.751 Euro im Jahr 2010 auf 1.587 Euro im Jahr 2017 zurückgegangen. In absoluten Zahlen ist die Finanzschuld der Gemeinden ohne Wien in diesem Zeitraum um 650 Millionen Euro gesunken. Damit leisten die Gemeinden auch einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung des Stabilitätspaktes.“
Die Diskussionen um eine neue Steuerreform sind bereits in vollem Gange – das birgt gewisse Unsicherheiten für die Gemeinden. „Schon zum Familienbonus müssen Gemeinden ab nächstem Jahr 140 Millionen Euro durch Mindereinnahmen bei den Ertragsanteilen beisteuern. Wenn nun wieder Steuern gesenkt werden, müssen die Gemeinden mit am Verhandlungstisch sitzen. Eine Entlastung zulasten Dritter können wir nicht zulassen, vor allem weil in allen Bereichen, wo andere uns immer mehr Aufgaben übertragen, die Ausgaben steigen“, so Alfred Riedl.
Viele Herausforderungen im Jahr 2019
Das Jahr 2019 wird auch für die Gemeinden organisatorisch herausfordernd. Die Umstellung auf die neuen Haushaltsregeln der Voranschlags- und Rechnungsabschluss- verordnung (VRV 2015) bringt große Umstellungen und noch viel Arbeit in den Gemeindestuben. Die Budgets 2020 müssen bereits mit den neuen Regeln erstellt werden.
Aus Sicht der Gemeinden sind in den nächsten Monaten weitere wichtige Fragen zu klären. „Neben der Zukunft der Pflege beschäftigt uns vor allem der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Hier müssen seitens des Bundes rasch die richtigen Maßnahmen gesetzt werden, damit alle Gemeinden Österreichs mehr Chancen für die Zukunft haben“, erklärte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl abschließend.
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