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Was will die Bevölkerung von den Gemeinden?

29.6.2017 – Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung sind sehr zufrieden mit der Lebensqualität in ihrer Gemeinde. „Um die Lebensqualität weiter aufrecht erhalten zu können, wollen wir als lokale Einheiten schon im Entstehungsprozess von Gesetzen mehr eingebunden werden“, fordert Gemeindebund-Chef Alfred Riedl im Rahmen des Österreichischen Gemeindetages.

„Wir sind die Umsetzer und die Ausfallshafter für alles, was Bund und Länder beschließen. Daher wollen wir bei Gesetzen, die Bund und Länder beschließen, auch mehr Mitspracherechte haben“, forderten der neue Präsident des Österreichischen Gemeindebundes Bgm. Alfred Riedl und Salzburgs Gemeindeverbands-Präsident Bgm. Günther Mitterer bei der Pressekonferenz im Rahmen des Österreichischen Gemeindetages am 29. Juni 2017. Auch heuer ließ der Gemeindebund die Zufriedenheit in den Gemeinden und unter den kommunalen Funktionär/innen erfragen. Vom IFES-Institut wurden 500 Bürger/innen in Gemeinden unter 100.000 Einwohner/innen und 391 Bürgermeister/innen, Gemeinderät/innen und Amtsleiter/innen aus ganz Österreich befragt.

Große Zufriedenheit mit der Lebensqualität

Dass die 2.100 Bürgermeister/innen gute Arbeit leisten, sieht man auch an der an der Zufriedenheit mit der Lebensqualität in den Gemeinden. 93 Prozent bewerten diese als sehr bzw. eher hoch (45% sehr, 47% eher hoch).

Sicherheit ist für 78 Prozent der Einwohner ein ausschlaggebender Faktor für Lebensqualität, gefolgt von kommunalen Dienstleistungen (75%), Arbeitsplätzen (64%) und Wohnen (62%).

Über 90 Prozent stellen der Qualität der kommunalen Dienstleistungen ein sehr bzw. gutes Zeugnis aus. Auch mit der Sicherheit sind über 80 Prozent der Bürger sehr bzw. eher zufrieden.

Bürgermeister sorgen sich um finanzielle Ausstattung und Bürokratie

„Die Aufgaben werden mehr, die finanzielle Ausstattung aber nicht. Dazu kommt, dass sich im ersten Halbjahr aufgrund der Steuerreform die Ertragsanteile, durch die sich die Gemeinden zu einem großen Teil finanzieren, schlecht entwickeln. Daher ist die große Sorge um die finanzielle Ausstattung der Gemeinden sehr begründet. Es muss einfach aufhören, dass Bund und Länder ständig neue Maßnahmen beschließen und deren Finanzierung nicht bis zum Ende durchdenken“, erklärt Riedl.

59 Prozent der Bürgermeister, Gemeinderäte und Amtsleiter kritisieren auch die überbordende Bürokratie und 33 Prozent die zu geringe Unterstützung durch Bund und Land. 77 Prozent finden, dass die Gemeinden derzeit nicht genügend in die Gesetzgebungsprozesse auf Landes- und Bundesebene einbezogen werden. „Das ist ein ernster Warnruf an Bund und Länder. Redet mit uns, bezieht uns ein, hört auf uns. Daher: Vertragsfähigkeit der Kommunen schaffen, damit sind wir automatisch eingebunden“, fordert Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.

Mehr Unterstützung bei Kinderbetreuung und Schulen gewünscht

Die befragten Gemeindevertreter wünschen sich dabei vor allem mehr Unterstützung in den Bereichen Kinderbetreuung (60%), Straßen und Wegenetz (53%), bei Sozialem wie Altenbetreuung und Pflege sowie bei den Öffentlichen Verkehrsmitteln (beides 45%). Mehr als 20 Prozent nannten aber auch das Thema Infrastruktur, mehr als zehn Prozent die Sicherheit.

Vertrauen in kommunale Ebene am größten

„Erfreulich ist, dass das Vertrauen in die kommunale Ebene seit 2012 sogar noch gestiegen ist“, bemerkt Riedl. Derzeit würden 43 Prozent der befragten Bürger/innen sagen, dass sie der kommunalen Ebene am meisten vertrauen (+4%). 27 Prozent vertrauen dem Bundesland am meisten (2012: 23%), acht Prozent dem Bund (2012: 9%) und fünf Prozent der EU (2012: 6%).

Auch hinsichtlich Effizienz sehen die Bürger die Gemeinden ganz vorne: 46 Prozent würden sagen, dass die Gemeinden von allen Ebenen am effizientesten sind. 24 Prozent würden das vom Bundesland, sechs Prozent vom Bund und fünf Prozent von der EU behaupten. „Das sind zwar um vier Prozent weniger als 2012, aber damals wurde die europäische Ebene auch noch nicht berücksichtigt“, erklärt Günther Mitterer.

Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen erwartet

Etwas pessimistischer wird das Urteil bei der Frage nach der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben. 64 Prozent Bürgermeister, Gemeinderäte und Amtsleiter erwarten deutlich mehr Ausgaben. Demgegenüber stehen aber Erwartungen von 41 Prozent der kommunalen Funktionäre, dass die Einnahmen in etwa gleich bleiben werden. Nur 28 Prozent erwarten sich mehr Einnahmen, 29 Prozent denken, dass die Einnahmen weniger werden.

Probleme bei der Besetzung der Wahlkommissionen

Deutlich ist der Effekt bei der Frage nach Problemen bei der Besetzung der Wahlkommissionen. Klagten 2008 noch elf Prozent über große Probleme, sind es heute schon 16 Prozent. 57 Prozent berichten über geringfügige Probleme – auch hier eine Zunahme gegenüber 2008 um fünf Prozent. 26 Prozent berichten hingegen über keinerlei Probleme. Das entspricht einer Abnahme um 36 Prozent.

Etwas positiver der Ausblick bei der Personalsuche. Auf die Frage „Wird es in Zukunft schwieriger, geeignete Personen für die kommunale Politik zu finden?“ antworteten 2008 noch 71 Prozent mit „trifft voll und ganz zu“, 2017 sind es nur mehr 47 Prozent. 45 Prozent würden sagen, dass dies eher zutrifft (2008: 23%). Sechs Prozent sehen in Zukunft eher keine und nur ein Prozent überhaupt keine Schwierigkeiten (2008: 3%/1%). Das kann an einigen Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage liegen, weiß Riedl: „Es gab in fast allen Bundesländern eine Verbesserung der Gehaltsstruktur und auch andere soziale Anliegen konnten umgesetzt werden.“

Zahlreiche Forderungen an die Bundes- und Landespolitik

Die beiden Interessensvertreter ziehen aus dieser Umfrage zahlreiche Schlüsse. „In erster Linie braucht es einen umfassenden Reformkongress bzw. Staatsreformkonvent. Wir brauchen endlich einen neuen Anlauf, um gemeinsam die Aufgaben des Staates und der Ebenen neu zu ordnen. Der Wirr-Warr an Zuständigkeiten hemmt jede Veränderung. Ähnlich wie der damalige Österreich-Konvent soll ein Reformkongress in mehreren Schritten und Themenfeldern die Grundlagen dafür schaffen. Dazu brauchen wir auch einen Grundkonsens, dass jeder Mensch, egal ob er in der Stadt oder am Land lebt, gleich viel wert ist“, so die beiden unisono.

Und Riedl fügt an: „Für die Gemeinden im Alltag am wichtigsten wäre ein Bürokratieabbau. Auf nationaler Ebene würde es uns die Arbeit wesentlich erleichtern, wenn wir Verträge direkt mit dem Bund schließen könnten. Dazu braucht es auf Bundesebene aber auch ein stärkeres Bewusstsein für die kommunale Ebene, wo am Ende eine Stärkung der Subsidiarität stehen muss. Sprich: Jede Ebene soll das machen, was sie am besten kann.“

Präsident Günther Mitterer, Dr. Eva Zeglovits, Präsident Alfred Riedl ©Schuller