„Wenn jede Gemeinde zehn bis 20 Flüchtlinge aufnimmt, dann haben wir kein Problem mit der Unterbringung von Asylwerbern in Österreich.“ Diesen Ausspruch von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nahm der Bürgermeister von St. Gilgen am Wolfgangsee Otto Kloiber wörtlich. Nach einiger Vorbereitungsarbeit wird die rund 4.000 Einwohner zählende Kommune im Salzkammergut ab Mitte Dezember schrittweise bis zu 20 Asylwerber aufnehmen. Die Besonderheit hier ist, dass die Gemeinde selbst Quartiergeber ist.
Herbergsuche ging positiv zu Ende
Auf einen möglichen Gegensatz zwischen idyllischem Nobeltourismusziel und der Unterbringung von Flüchtlingen mitten im Zentrum angesprochen, weist Kloiber auf die lange Tradition in der Gemeinde hin: „Bei uns ist es normal, dass Flüchtlinge aufgenommen werden. Schon in den 50ern wurden ungarische Flüchtlinge untergebracht, in meiner Hauptschulzeit Ende der 70er waren es die Polen. Seit den 80ern haben wir eigentlich immer um die hundert Asylanten in der Gemeinde.“ Aufgestachelt durch viele negative Berichte in der Kronen Zeitung sei auch in St. Gilgen mehr diskutiert worden sein, berichtet der Bürgermeister.
Als er sich dann wirklich auf Quartiersuche machte, hat er aber nie negative Reaktionen erhalten: „Zuerst habe ich einige Bekannte angerufen und gefragt, ob sie nicht Zimmer für Flüchtlinge hergeben wollen. Es hat keiner abgesagt. Auch als ich es bei einer Gemeinderatssitzung angesprochen hab, gab es fast ausschließliche Zustimmung zu meinen Plänen. Beim Erntedankfest, bei dem alle Vereine zusammenkommen, hab ich das Thema ganz direkt auch bei unserer Bevölkerung angesprochen. Bis auf zwei, die aus der Menge herausgerufen haben, gab es großen Applaus.“ Nach einigem Suchen fand sich dann in der ehemaligen Post ein geeignetes Gebäude für die Unterbringung. Die Gemeinde ist dort bereits Mieter einiger Räume, in denen das Jugendzentrum untergebracht ist. Weitere fünf Wohnungen standen kurz vor der Sanierung.
„Wir konnten uns mit der Post einigen, dass wir uns die Räume selbst herrichten. Überwältigend ist wirklich, dass sich immer mehr Menschen melden, die bei der Renovierung mithelfen wollen. Damit können wir die für die Renovierung vorgesehenen 6.000 Euro wahrscheinlich unterschreiten“, erzählt der Ortschef stolz. Um auch den Asylwerbern eine sinnvolle Beschäftigung zu geben, sollen sie in die Sanierung ihrer Unterbringung einbezogen werden.
Heft selbst in der Hand haben
Der große Vorteil, wenn die Gemeinde als Asylheimbetreiber auftritt, liegt aus Sicht Kloibers ganz klar darin, dass die Gemeinde damit auch das Heft in der Hand behält: „Bei der Begehung mit dem Zuständigen des Landes habe ich ganz klar gesagt, dass wir Platz für 20 Flüchtlinge bieten wollen und nicht mehr. Und auch wenn es Probleme mit einzelnen gibt, die sich nicht lösen lassen, kann die Gemeinde beim Land um eine neue Unterbringung des- oder derjenigen ansuchen.“ Ob der Wunsch des Bürgermeisters nach der Aufnahme von zumindest einer Familie in Erfüllung geht, ist noch nicht sicher: „Familien will jede Gemeinde, ist klar, aber eigentlich ist es mir nicht so wichtig. Wir wollen ja helfen.“
Eine angestellte Betreuerin wird künftig jedem Asylwerber eine Stunde in der Woche widmen. Zusätzliche Unterstützung soll von einem Caritas-Verein kommen. „Wir haben in dem alten Postgebäude sogar genügend Raum für den Deutschunterricht.“ Auch die Schulen sind für die eventuelle Aufnahme von Kindern gerüstet. „In St. Gilgen haben wir eine internationale Schule für Kinder zwischen neun und 18 Jahren, auch in der Volksschule im Ort haben wir noch Aufnahmekapazitäten“, berichtet der Bürgermeister.
Der Vertrag mit der Post läuft für zwei Jahre. Die Mietkosten sind aufgrund des Entgegenkommens der Post „fair“, womit sich auch die Deckung durch die Grundversorgung ausgeht.