Der Österreichische Gemeindebund fordert einen Kinder- und Jugendgesundheitsgipfel. Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl will, dass die geplante Schulärzte-Verordnung zurückgezogen wird.
„Das Gesundheitsministerium plant eine Verordnung, die vermeintlich Schulärzte stärken will, aber in Wahrheit mehr Fragen als Antworten aufwirft. Bei näherer Betrachtung wird damit ein bisher – in Pflichtschulen – nicht funktionierendes System einzementiert. Als Österreichischer Gemeindebund wollen wir die Kinder- und Jugendgesundheit ausbauen und stärken, aber nicht mit einem System, das in der Praxis kaum funktioniert. Wir fordern die Gesundheitsministerin auf, die Verordnung nicht umzusetzen und stattdessen einen Kinder- und Jugendgesundheitsgipfel einzuberufen“, erklärt Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl.
Stärkung der Kinder- und Jugendgesundheit
Das Thema Schulärzte beschäftigt die Interessensvertretung der Gemeinden Österreichs seit geraumer Zeit. Erst im Frühjahr 2019 hat der Bundesvorstand des Gemeindebundes einstimmig einen Vorschlag zur Stärkung der Kinder- und Jugendgesundheit beschlossen, wo es vor allem um die Erweiterung des Mutter-Kind-Passes ging, da aus Erfahrungswerten der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister das Schularztwesen in den Pflichtschulen nicht effizient im Sinne eines Mehrwerts für die Gesundheit und Prävention bei Kindern und Jugendlichen ist. Darüber hinaus wurde vor zwei Jahren mit einer Evaluierung des Schularztsystems begonnen und erste Ergebnisse zeigen ein ernüchterndes Bild. „Obwohl der Abschlussbericht noch nicht vorliegt, soll nun mit einer Verordnung das System weiter einzementiert werden? Da frage ich mich schon, warum eigentlich eine Evaluierung in Auftrag gegeben wurde, wenn die Ergebnisse scheinbar niemanden interessieren“, ärgert sich Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl über die unverständliche Vorgangsweise des Gesundheitsministeriums.
Vorsorgeuntersuchung soll selbstverständlich sein
„Mir kann auch niemand erklären, warum es nicht möglich sein soll, dass Eltern im Laufe eines Jahres einmal mit ihrem Kind zum Hausarzt oder Kinderarzt gehen, um den Gesundheitszustand des Kindes in aller Breite zu ermitteln. Wir könnten damit schon Kindern die Selbstverständlichkeit der jährlichen Vorsorgeuntersuchung näherbringen“, betont Riedl.
Verordnung wirft rechtliche Bedenken auf
Der Österreichische Gemeindebund hat gemeinsam mit seinen Landesverbänden den Entwurf der Verordnung begutachtet und dabei zahlreiche gravierende inhaltliche, verfassungsrechtliche und datenschutzrechtliche Bedenken herausgearbeitet. Die Stellungnahme des Gemeindebundes finden Sie auf www.gemeindebund.at
Hier einige Auszüge aus der Stellungnahme des Gemeindebundes:
- Schutzimpfungen: Entgegen anders lautender Meldungen in den Medien ändert die Verordnung an der haftungsrechtlichen Situation nichts. Eine den heutigen Anforderungen entsprechende Impfberatung und Aufklärung über die Risiken ist im Schularztsystem de facto nicht möglich.
- Verordnung ist mehrfach rechts- und datenschutzwidrig: Beispielsweise sollen Schulärzte personenbezogene Daten, die sie im Schulwesen erheben, dem Gesundheitswesen übermitteln.
- Dateneinmeldung nach „technischer Verfügbarkeit“: Wenngleich eine bundesweit einheitliche elektronische Erfassung und Einmeldung von Daten zu begrüßen wäre, zeigt sich, dass dies technisch und infrastrukturell nicht machbar ist. Denn, zahlreiche Schulärzte haben bis dato weder Internet noch verwenden sie einen PC im Rahmen der Untersuchungen. Teils wird auch noch handschriftlich auf Papier dokumentiert. Dennoch will man sogar ELGA-Anschlüsse in den Schulen vorsehen.
- 2.095 individuelle Vereinbarungen: Gesundheitsbehörden müssen mit den 2.095 Gemeinden (ohne Wien) Vereinbarungen hinsichtlich der Mitbenutzung der Schularzträumlichkeiten und der Heranziehung von Schulärzten treffen.
Andreas Steiner – 03.09.2019