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Regierung plant neues Wahlrecht

17.2.2017 – Mit neuen Vorschlägen für eine Wahlrechtsreform sind die Klubobleute der Regierungsparteien an die Öffentlichkeit gegangen. Kommunalnet macht einen ersten Check.

Die Pannen während der Präsidentschaftswahl haben für ungewohnte Betriebsamkeit bei den Regierungsparteien gesorgt. Nur wenige Monate nach der Wahl haben ÖVP und SPÖ Vorschläge zur Reform auf den Tisch gelegt. „Wir waren in diese Vorbereitungen bislang nicht eingebunden“, stellt Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer klar. „Wir haben schon im Herbst sowohl dem Innenminister, als auch den Parlamentsparteien, einen umfangreichen Katalog zur Reform des Wahlrechts und der Wahlabwicklung vorgelegt. Einen vorgezogenen Wahltag haben wir dabei immer abgelehnt.“

Vorgezogener Wahltag: Mittelfristig keine Erhöhung der Wahlbeteiligung

Was ist nun konkret vorgesehen? Zum einen soll dieser vorgezogene Wahltag auch auf Bundesebene eingeführt werden. Dies soll einerseits die Wahlbeteiligung erhöhen und andererseits die Bedeutung der Briefwahl einschränken. „Die bisherigen Erfahrungen lassen nicht erkennen, dass sich mittelfristig die Wahlbeteiligung erhöht“, ist Mödlhammer skeptisch. Im Burgenland, der Steiermark und Kärnten gibt es diesen vorgezogenen Wahltag auf Landesebene schon. „In allen drei Bundesländern ist die Beteiligung beim ersten Mal geringfügig gestiegen, dann aber sofort wieder deutlich gesunken, um bis zu sieben Prozent“, weiß Mödlhammer. „Auch die Anzahl der Briefwähler ist dadurch nicht signifikant gesunken.“ Bei der jüngsten Wahl in Graz hat sich der Briefwähleranteil sogar auf 13.000 Wähler verdoppelt, die Inanspruchnahme des vorgezogenen Wahltages ist beim gleichen Wahlgang von 8.700 oder 9.700 Stimmen gestiegen. „Ich bin also skeptisch, dass man mit dieser Maßnahme das gewünschte Ziel erreicht“, so Mödlhammer. „Für die Landesebene soll das natürlich jedes Land selbst entscheiden können, da soll man sich nicht einmischen. Für die Bundesebene sehe ich hier keine Notwendigkeit.“

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©Christian Schwier Fotolia.com
Schon jetzt ist es für viele Gemeinden schwierig, ausreichend Wahlbeisitzer zu finden. Dieses Problem würde sich durch den vorgezogenen Wahltag noch verschärfen.

Wahlkarten im Sprengel am selben Tag auszählen

Auch die Auszählung der Briefwahlkarten will man künftig anders – idealerweise noch am Wahltag – durchführen. „Wir wissen, dass es hervorragend funktioniert, wenn die Wahlkarten gleich in der Gemeinde, ja sogar in den Sprengeln ausgezählt werden“, so Mödlhammer. „Damit hat man noch am gleichen Abend ein vollständiges Ergebnis, das bis in die Sprengel hinein nachvollziehbar ist. Derzeit werden die Wahlkarten ja im Bezirk gezählt, das dauert lange und ist sehr unsicher, wie der letzte Wahlgang bei der Präsidentschaftswahl gezeigt hat“, so Mödlhammer.

Barrierefreiheit in den meisten Gemeinden bereits Realität

Überraschend viel Raum gibt man der angestrebten Barrierefreiheit der Wahllokale. „Das ist insofern interessant, als dass ich kaum Gemeinden kenne, in denen die Wahllokale nicht barrierefrei zugänglich sind. Unsere Schulen, Kindergärten und Rathäuser sind weitgehend barrierefrei, ich verstehe nicht ganz, warum man das so vehement einfordert.“ Zudem sei ja das jetzt schon Teil der Nationalratswahlordnung. „Wir bemühen uns sehr, dass wir behinderten Menschen uneingeschränkten Zugang anbieten können. Das ist aber sicher nicht zentrale Themenstellung in einer Wahlrechtsreform, weil das in den meisten Gemeinden schon Realität ist“, so Mödlhammer.

Verbesserungsvorschläge des Gemeindebundes nicht beachtet

„Es ist schade, dass man praktisch keinem unserer Verbesserungsvorschläge Beachtung geschenkt hat“, so Mödlhammer. Der Gemeindebund habe deutliche Verbesserungen bei der Briefwahl verlangt, genauso wie eine Verpflichtung der wahlwerbenden Parteien und Bereitstellung von Beisitzern angeregt haben. Auch Erleichterungen bei der Auflage von Wählerverzeichnissen wären ebenso wichtig wie eine Neuregelung der Eintragungszeiträume bei Volksbegehren. „Stattdessen diskutieren wir nun über einen vorgezogenen Wahltag“, ärgert sich Mödlhammer.

Die aktuellen Vorschläge würden kaum eines der wirklichen Probleme, die bei den letzten Wahlgängen aufgetreten seien, tatsächlich lösen. „Faktum ist, dass die Auszählungsfehler bei den Bezirkswahlbehörden geschehen sind, nicht in den Gemeinden. Faktum ist, dass wir jetzt schon Schwierigkeiten haben, ausreichend Beisitzer zu finden und sich dieses Problem mit einem weiteren Wahltag (unter der Woche) verschärfen würde.“ Diese Probleme, sowie die Gemeindebund-Vorschläge für die operative Verbesserung der Abläufe, müsse man prioritär angehen.

Mödlhammer: „Besser Briefkartenwahl stärken“

Die Gemeinden sind – sagt ihr Präsident – für Neuerungen offen. „Aber man muss mit uns reden, vor allem auch über die Entschädigungen. Wir werden nicht weiterhin die Hauptlast in der Finanzierung und der Organisation tragen. Künftig verlangen wir vom Bund rund drei Euro pro Wahlberechtigtem, dann können wir auch über Zusatzwünsche reden. Ich fände es gescheiter, wenn wir die Brief- bzw. Wahlkartenwahl so stärken, dass jeder Bürger in den Wochen vor der Wahl auch direkt am Gemeindeamt mittels Briefwahl bzw. Wahlkarte wählen kann.“ Damit erübrige sich ein vorgezogener Wahltag.

Nun müsse man mit den Gemeinden verhandeln. „Wir werden Gespräche mit der Regierung suchen, bislang ist substantiell nicht mit uns gesprochen worden.“

Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer kritisiert, dass keine der Vorschläge der Gemeinden beim neuen Wahlrecht umgesetzt wurden.