Das Höchstgericht stellte klar, dass auch bei Forderungen für stationäre Pflegeleistungen vor dem 1. Jänner 2018 kein Vermögenszugriff mehr erfolgen darf. Dennoch sind noch viele Fragen offen.
Ein „Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben […]“ ist gemäß § 330a seit 1. Jänner 2018 „unzulässig“, stellte der Oberste Gerichtshof in seiner Sitzung am 8. Juni 2018 fest. Diese am 29. Juni 2017 – wenige Wochen vor der Nationalratswahl – mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Team Stronach beschlossene Verfassungsbestimmung, zu der der Gesetzgeber keine ausreichenden Übergangsbestimmungen bzw. Konkretisierungen getroffen hat, wurde nun vom Obersten Gerichtshof (OGH) teilweise konkretisiert.
Kein Pflegeregress auch für ältere Verfahren
In Urteil 1 Ob 62/18a stellte der OGH klar, dass das Verbot des Vermögensregresses im Bereich der stationären Pflege auch Sachverhalte umfasst, die vor dem 1. Jänner 2018 verwirklicht wurden (Anlassfall waren Forderungen des Fonds Soziales Wien an einen Erben aus stationären Pflegeleistungen für dessen Mutter aus dem Jahr 2013). Im Sinne der Übergangsregel des § 707a ASVG (wonach ab Inkrafttreten des Vermögensregressverbots keine Ersatzansprüche mehr geltend zu machen und laufende Verfahren amtswegig einzustellen sind) argumentierte der OGH, dass der Vermögenszugriff auf den beklagten Erben (zur Abdeckung der Kosten für die Pflege seiner verstorbenen Mutter) unzulässig sei, da noch keine Entscheidung über die Ersatzpflicht des Beklagten ergangen und rechtskräftig geworden sei (noch ein laufendes Gerichtsverfahren vorliege).
Weitere höchstgerichtliche Urteile erwartet
Dieses Urteil bringt nun etwas mehr Klarheit, ist jedoch von vielen in dieser Form erwartet worden. Gänzlich geklärt ist die Regressfrage jedoch noch nicht und zwar vor allem dahingehend, ob Ansprüche, für die bereits rechtskräftige Zahlungsbefehle vorliegen oder die grundbücherlich gesichert sind, ebenfalls unter das Regressverbot fallen oder doch noch vollstreckbar sind. Hierzu sind weitere OGH-Entscheidungen zu erwarten.