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Österreichs Gemeinden profitieren von der EU

12.12.2016 – Mehr Gemeinden finden, dass sie von der EU-Mitgliedschaft profitieren, als noch vor vier Jahren. Bei einer aktuellen Erhebung der EU-Kommission wird auch deutlich, dass es klare Unterschiede zwischen Stadt und Land bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und den Herausforderungen gibt.

Ein zwiegespaltenes Bild zeigt eine aktuelle Erhebung der EU-Kommission. Während vorwiegend ländliche Regionen die Einwanderung als Problem sehen, ist es in den größeren Städten die Arbeitslosigkeit. Städte stehen dem Thema Zuwanderung generell positiver gegenüber, obwohl dort die meisten Menschen zuziehen. Auch bei der Frage, ob Österreich den Flüchtlingen helfen soll, geben 70 Prozent der kommunalen Entscheidungsträger in Städten, aber nur 55 Prozent der Entscheidungsträger in ländlichen Regionen ihre Zustimmung.

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Vertreter der städtischen Bereiche stehen Zuwanderung grundsätzlich positiver gegenüber als Menschen am Land.

Stadt-Land-Gefälle auch bei Zukunftseinschätzung

Deutlich positiver sehen städtische Entscheidungsträger die Zukunft. 65 Prozent der Vertreter (vor-)städtischer Regionen der bzw. 68 Prozent der großstädtischen Vertreter gaben an, dass sie „zuversichtlich in die Zukunft“ blicken. Das ist nur bei 47 Prozent der Befragten in ländlichen Regionen der Fall. Ein ähnlicher Unterschied zeigt sich bei der Einschätzung der EU-Zukunft: Während 62 Prozent der befragten Großstädter hier optimistisch sind, trifft dies nur für 39 Prozent der Menschen auf dem Land zu.

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Dringlichstes Thema für ländliche Entscheidungsträger: Zuwanderung, bei städtischen ist es die Arbeitslosigkeit.

Einigkeit bei Nutzen der EU

Es gibt aber auch Einigkeit. So gaben drei Viertel (76%) der befragten Entscheidungsträger in österreichischen Gemeinden an, dass ihre Gemeinde von der EU-Mitgliedschaft profitiert. 2012 waren es nur 57 Prozent. Besonders deutlich fällt diese Einschätzung bei Gemeinden aus, die ihre finanzielle Situation als „gut“ einstufen (82%).

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Eine unterdurchschnittliche Verbundenheit gibt es in Österreich mit der europäischen Ebene.

Zustimmung zu Gemeindeebene bei 94 Prozent

Besonders erfreulich auch die Verbundenheit mit der eigenen Gemeinde/Stadt: Sie liegt bei 94 Prozent und damit sogar noch über dem EU-Durchschnitt von 89 Prozent. Gleich hoch die Verbundenheit mit dem eigenen Land (Österreich: 95%, EU-Durchschnitt: 92%). Stark abfallend hingegen die Verbundenheit mit der Europäischen Union: Hier fühlen sich nur 38 Prozent der österreichischen Entscheidungsträger und 49 Prozent im europäischen Durchschnitt zugehörig.

Ein leichtes Stadt-Land-Gefälle zeigt sich wieder beim Vertrauen in die unterschiedlichen Ebenen. Während 67 Prozent der ländlichen Entscheidungsträger sagen, dass sie der lokalen Behörde vertrauen, sind dies in Städten nur mehr 56 Prozent. Umso höher die Ebene, umso stärker nimmt das Vertrauen der ländlichen Entscheidungsträger ab: Nur mehr 30 Prozent vertrauen der österreichischen Regierung, 35 Prozent dem österreichischen Parlament und nur mehr 23 Prozent der EU. Im städtischen Bereich scheint auch den höheren Ebenen gegenüber mehr Vertrauen zu herrschen: 40 Prozent der Vertreter von (vor-)städtischen Regionen bzw. von Großstädten vertrauen der Bundesregierung, 50 Prozent bzw. 47 Prozent dem Parlament und immerhin noch 36 bzw. 44 Prozent der EU.

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Auch beim Vertrauen in die unterschiedlichen Ebenen gibt es starke Unterschiede zwischen Stadt und Land.

Wojahn: „EU noch stärker sichtbar machen“

Die Ergebnisse der Erhebung sind für Jörg Wojahn, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, ein deutliches Zeichen, die Möglichkeiten der EU noch stärker sichtbar zu machen: „In Förderprogrammen von Bund und Land stecken oft erhebliche EU-Mittel. Das ist nicht allen klar. Vom Tourismus, Arbeitsmarkt, Infrastruktur oder Umwelt – überall in Österreich profitieren Wirtschaft und Gemeinden von EU-geförderten Projekten. Wir müssen aber über diese Erfolge auch sprechen. Denn die EU findet nicht nur in Brüssel statt, sondern auch in Wien, den Landeshauptstädten, aber vor allem in den Gemeinden Österreichs.“

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Einigkeit über alle Ebenen gibt es bei der Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft.

Mödlhammer: „EU hat gerade in Krisen eine wichtige Rolle“

„Es war ja nicht zuletzt auch im abgelaufenen Wahlkampf gut ersichtlich, welche Ängste und Sorgen es in den ländlichen Gebieten gibt“, sagt Gemeindebund-Chef Mödlhammer bei der Präsentation der Ergebnisse. „Die Angst um den Arbeitsplatz, die Sorge eines sozialen Abstiegs, verbunden mit den Herausforderungen, die die Einwanderung mit sich bringt, all das sind Themen, die die Menschen stark beschäftigen. Die Europäische Union hat hier eine wichtige Rolle, denn in krisenhaften Situationen – wie das etwa auch mit Griechenland der Fall war – wissen die Menschen, dass die Lösung nur in gemeinsamen europäischen Anstrengungen erreicht werden kann“, so Mödlhammer.

Bestätigt sieht sich der Gemeindebund-Chef, wenn man sich die „Vertrauensfrage“ ansieht. „Es ist evident, dass die Verbundenheit zur eigenen Gemeinde und das Vertrauen in die lokale Verwaltung in Österreich sehr, sehr groß ist. Ich würde mir wünschen, dass man dieses Asset sowohl auf EU-Ebene, als auch in der Bundespolitik mehr erkennt. Politische Tragfähigkeit wird auf dem Fundament der Lokalpolitik gebaut.“

Studienleiter Harald Pitters ergänzte: „Für die Gemeinden spielt die EU in vielen Bereichen eine zunehmend bedeutsame Rolle. Es gilt für beide Seiten die Trends zu erkennen und gemeinsam klug und zukunftsfähig zu investieren.“

Für die Präsentation wurden Daten aus den Standard-Eurobarometern 80 (2013) bis 85 (2016, jeweils rund 1.000 Befragte in ganz Österreich) sowie aus dem Pitters Kommunaltrend von 2012 und 2016 verwendet (jeweils rund 400 befrage Gemeindeentscheidungsträger in ganz Österreich).

Jörg Wojahn (Europäische Kommission), Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer und Harald Pitters (Pitters Trendforscher) präsentierten gemeinsam die Ergebnisse. ©Vertretung der EU-Kommission in Österreich/APA/FotoserviceJuhasz