14.10.2014 – Keine andere Ebene hat so schnell auf die geänderten Anforderungen der Wirtschafts- und Finanzkrise reagiert, wie die Gemeinden. „Seit 2011 sind wir die einzige Gebietskörperschaft in Österreich, die die Schulden reduziert hat“, betont Gemeindebund-Präsident LAbg. Bgm. Hans Hingsamer beim Oberösterreichischen Gemeindetag, der 2014 in Thalheim bei Wels veranstaltet wurde. Die Schulden der oberösterreichischen Gemeinden (ohne Statutarstädte) reduzierten sich um rund 201 Millionen Euro auf 1,865 Milliarden Euro. Die Zahl der Abgangsgemeinden hat sich seit 2010 halbiert und steht nun bei 148 Kommunen. Der Abgang reduzierte sich von 90,8 Millionen im Jahr 2010 auf 26,77 Millionen im Jahr 2013.
Gemeinsamer Kraftakt
Die Trendwende konnte allerdings nur durch einen gemeinsamen Kraftakt vieler Ebenen geschafft werden. Die Gemeinden haben nicht nur die Ausgaben, über die sie selbst verfügen können, zurückgefahren, es wurden auch die Transferausgaben an Bund und Land gedrosselt. Viele Begehrlichkeiten wie das Wasserversorgungsgesetz oder höhere Tarife für mobile Dienste konnten abgewendet werden. Erstmals wurden die Steigerungen im Sozial- und Gesundheitsbereich nach oben begrenzt und für die Gemeinden kalkulierbar für die nächsten Jahre gestaltet. Eine dieser Maßnahmen war beispielsweise die Einführung des Pflegefonds und dessen Verlängerung bis 2016. Während die Gemeinden in anderen Bundesländern nur 35 bis 50 Prozent der Mittel daraus erhalten, sind dies in Oberösterreich 88 Prozent.
Anders als in anderen Bundesländern tragen die oberösterreichischen Kommunen den Abgang in den Pflegeheimen alleine. Im Gegenzug leisten sie aber keinen Beitrag für das Musikschulwesen, wodurch sie sich 34 Euro pro Einwohner ersparen. Auch für den öffentlichen Verkehr leisten die oberösterreichischen Gemeinden neben der Steiermark die geringsten Beiträge. „Eine sehr spürbare Kostenentlastung brachte die Spitalsreform. Diese ist Grundlage für eine vernünftige Entwicklung“, so Hingsamer.
Gerechte Mittelaufteilung beim nächsten Finanzausgleich gefordert
Auch Hingsamer spricht sich für mehr Gerechtigkeit beim Finanzausgleich aus: „In Wien wohnen 20,3 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher. Für diese 20,3 Prozent erhält Wien aber 30,89 Prozent der Mittel aller Gemeinden und 25,4 Prozent der Mittel aller Bundesländer. Zusätzlich wird Wien bei den Mitteln für den öffentlichen Verkehr, der Verpackungsverordnung und vielem mehr bevorzugt bedient. Im künftigen Finanzausgleich sollten alle Bürgerinnen und Bürger gleich viel wert sein.“ Auch unter den restlichen Bundesländern könnte es eine gerechtere Verteilung geben, fordert Hingsamer: „Hätten wir in Oberösterreich die Mittel, die Salzburg beispielsweise hat, wären das 140 Euro je Einwohner und Jahr mehr. Damit hätten wir überhaupt keine Abgangsgemeinden mehr.“
Zwei Szenarien in Arbeit
Für die Verhandlungen zum Finanzausgleich (FAG), die 2015 beginnen sollen, rüstet sich der Oberösterreichische Gemeindebund für zwei Szenarien: Den aufgabenorientierten FAG und einmal für ein Mischsystem bzw. den Beibehalt des bisherigen Systems. Bei letzterem müssten viele Ungerechtigkeiten beseitigt werden, so der OÖ-Gemeindebund-Chef und er betont: „Ein aufgabenorientierter Finanzausgleich wird eine Staatsreform brauchen, mit der eine Aufgabenreform einher geht. Gerade im Hinblick auf die Abwanderung, mit der in Oberösterreich jede dritte Gemeinde zu kämpfen hat, sollte hier dringend gehandelt werden.“ 385 Haushaltspositionen müssten dann bewertet und zugeordnet werden. Offen ist dabei derzeit noch die Bewertung von gemeindeeigenen Steuern.
Zweitniedrigste Gebühren im Österreichvergleich
„Der Staat ist kein „Wunderwuzzi“: Eine niedrige Abgabenquote verlangt nach mehr Eigenverantwortung der Menschen. Wer vom Staat alles verlangt, muss zur Kenntnis nehmen, dass ihm der Staat tiefer in die Taschen greift“, so Hingsamer. Während beispielsweise die Salzburger Bürger durchschnittlich 301 Euro an Gemeindegebühren für Wasser, Kanal und Müll zahlen, sind es in Oberösterreich nur 228 Euro pro Kopf. Niedriger sind die Gebühren nur im Burgenland mit 161 Euro pro Einwohner.
Endlich Förderung sichern
Gerade im Bereich Wasser und Kanal müssen die Gemeinden in nächsten Jahren kräftig investieren, da viele Rohrsysteme ein Alter erreicht haben, in dem sie nicht mehr effizient sind. In diesem Zusammenhang sieht Hingsamer auch den Bund in der Pflicht: „Es ist unverantwortlich, dass der Bund in der Frage der Förderung der Siedlungswasserwirtschaft noch immer nicht Klarheit schafft. Ein Abschaffen dieser Maßnahmen würde nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Bauwirtschaft massiv treffen.“