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NÖ lockert Regeln für Flüchtlingsquartiere

5.10.2015 – Vorübergehende, mit dem Land abgestimmte Flüchtlingsquartiere können seit 1. Oktober 2015 in den Genuss der verminderten baurechtlichen Vorschriften kommen. In der Praxis sollen damit vor allem Containerlösungen schneller abgewickelt werden können.

Nach Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg lockert nun auch Niederösterreich seine baurechtlichen Bestimmungen. Damit sollen die bürokratischen Hürden für Flüchtlingsunterkünfte gesenkt werden, um schneller Quartiere bereitstellen zu können.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Das Land Niederösterreich kann in Gemeinden unter folgenden Rahmenbedingungen Quartiere errichten (lassen).

  • das Quartier darf nur einem vorübergehenden, höchstens auf fünf Jahre befristeten Bedarf dienen
  • es muss einen schriftlicher Vertrag zwischen dem Land und einer Betreuungseinrichtung bzw. einer Privatperson geben
  • Die Gemeinde als Baubehörde wird vom Land NÖ nur noch informiert, ein Bewilligungs- und Anzeigeverfahren ist nicht mehr vorgesehen.
  • Die Gemeinde als Baubehörde verliert während des Bestandes der vorübergehenden Betreuungseinrichtung ihre Zuständigkeit.
  • Bestimmungen aus dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Bausperren, Hindernisse für eine Bauplatzerklärung etc. sind für vorübergehende Betreuungseinrichtungen nicht relevant
  • Auch in bautechnischer Hinsicht sind Erleichterungen möglich
  • Brandschutz und Nachbarschaftsrechte (Lichteinfall für nebenstehende Gebäude, etc.) müssen ebenso gewährleistet sein wie bisher geltende hygienische Vorschriften.
  • Aufgrund des vorübergehenden Bestandes dieser Einrichtungen ist für diese keine Kanaleinmündungsabgabe und keine Wasseranschlussabgabe zu entrichten.

Die detaillierten Ausführungen für Juristen und Spezialisten

In seiner Sitzung am 24. September 2015 hat der Niederösterreichische Landtag die Änderung der NÖ Bauordnung 2014 beschlossen, die bereits am 1. Oktober 2015 in Kraft getreten ist. Am selben Tag in Kraft getreten sind ebenfalls Erleichterungen bei den Anschlussgebühren für Kanal und Wasser bei vorübergehenden Flüchtlingsquartieren. Der Niederösterreichische Gemeindevertreterverband der VP hat die wichtigsten Infos für Sie zusammengestellt:

Vorübergehende Betreuungseinrichtungen für Zwecke der Grundversorgung (§ 16a NÖ Bauordnung)

Diese Sonderregelungen gelten nur für vorübergehende Betreuungseinrichtungen (organisierte Unterkünfte) für Zwecke der Grundversorgung. Die für sonstige Bauwerke vorübergehenden Bestandes bzw. für Katastrophenfälle vorgesehenen Notstandsbauten nach § 23 Abs. 7 NÖ Bauordnung bleiben unberührt. Ebenfalls nicht umfasst sind auf Dauer ausgelegte Betreuungseinrichtungen, die – bei Vorliegen den entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen – nach § 14 NÖ Bauordnung bewilligt bzw. nach § 15 angezeigt werden.

Die Baubehörde wird über eine dem Land NÖ zuordenbare Betreuungseinrichtung in ihrem Gemeindegebiet informiert. Ihr kommt keine – über die Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen – hinausgehende Prüfungsverpflichtung zu. Insbesondere ist auch kein Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren durchzuführen.

Bereits durch die Ausgestaltung des Vertrages sowie die erforderlichen Beilagen (unter anderem die Beurteilung eines bautechnischen Amtssachverständigen des Landes) soll die Einhaltung der entsprechenden baurechtlichen bzw. bautechnischen Rahmenbedingungen sichergestellt werden (§ 16a Abs. 3 und 4 NÖ Bauordnung). Aus diesem Grund sind Festlegungen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Bausperren, Hindernisse für eine Bauplatzerklärung etc. für vorübergehende Betreuungseinrichtungen nicht relevant. Es gibt auch in bautechnischer Hinsicht Erleichterungen. Die Sicherheit von Personen, die Hygiene, die Standsicherheit, die Trockenheit und der Brandschutz der baubehördlich bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn und die Neu- und Zubauten die ausreichende Belichtung der Hauptfenster zulässiger Gebäude der Nachbarn müssen allerdings gewährleistet sein.

Die Baubehörde verliert während des Bestandes der vorübergehenden Betreuungseinrichtung ihre Zuständigkeit. Insbesondere sind keine baupolizeilichen Maßnahmen möglich, sodass allfällige Baugebrechen im Zivilrechtsweg zwischen den Vertragspartnern geltend gemacht werden müssen.

Diese Sonderregelungen sind mit dem Benützungsvertrag des Landes verknüpft. Nach dem Ablauf der gemeldeten Dauer des Bedarfes, nach dem Ablauf der Vertragsdauer oder nach der vorzeitigen Auflösung oder Kündigung des Vertrages ist die Betreuungseinrichtung aufzulassen und der letzte rechtmäßige Zustand wiederherzustellen (§ 16a Abs. 5 NÖ Bauordnung).

Meldungen von vorübergehenden Betreuungseinrichtungen können bis spätestens 30.6.2017 erfolgen, sodass die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Berechtigungen spätestens am 30.6.2022 auslaufen (§ 16a Abs. 7 NÖ Bauordnung). Mit 1.1.2023 treten die Sonderregelungen für vorübergehende Betreuungseinrichtungen außer Kraft.

Änderung des NÖ Kanalgesetzes und des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes

Parallel dazu wurden für Betreuungseinrichtungen nach § 16a NÖ Bauordnung sowie Notstandsbauten nach § 23 Abs. 7 NÖ Bauordnung Ausnahmetatbestände im NÖ Kanalgesetz sowie im NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz geschaffen.

Aufgrund des vorübergehenden Bestandes dieser Einrichtungen ist für diese keine Kanaleinmündungsabgabe und keine Wasseranschlussabgabe zu entrichten. Kanalbenützungsgebühren und Wasserbezugsgebühren sind von dieser Erleichterung nicht umfasst. Damit ist gewährleistet, dass die für die Wasserversorgung sowie für die Beseitigung der Schmutzwässer anfallenden Kosten der betroffenen Gemeinde zum überwiegenden Teil gedeckt werden und es zu keiner Mehrbelastung der übrigen Abgabenpflichtigen kommt.