18.08.2015 – 36 Bürgermeisterinnen folgten der Einladung von Bernsteins Ortschefin Renate Habetler zum Bürgermeisterinnentreffen. Das ist rund ein Drittel aller Bürgermeisterinnen in Österreich. Die drei Tage dienten nicht nur der Motivation, sondern auch dem Austausch abseits der eigenen Gemeinde.
„Ich bekomme diese Woche 100 Asylwerber und kann meine Gemeinde in dieser Zeit nicht alleine lassen. Ich bedaure es sehr, denn das sind meine einzigen drei Tage, in denen ich mir für mich Zeit nehme.“ Mit diesen Worten sagte eine Bürgermeisterin ihr Kommen beim Bürgermeisterinnentreffen, das dieses Jahr im Burgenland von 17. bis 19. August stattfand, ab.
Das zeigt, welch hohen Stellenwert dieses Treffen mittlerweile hat. „Im Zentrum stehen für uns der Austausch und das Kennenlernen abseits der eigenen Gemeinde. Das ist wichtig, um mit ausreichend Abstand auf die Probleme in der eigenen Gemeinde blicken zu können“, weiß die Organisatorin des heurigen Treffens, die Bernsteiner Bürgermeisterin Renate Habetler. Wie schwierig es ist, sich auch nur für diese drei Tage „freizuschaufeln“, zeigt nicht nur das oben genannte Beispiel. Auch für Elisabeth Rechberger aus der Gemeinde St. Veit im Mühlkreis ist die heurige Teilnahme etwas Besonderes: „Ich bin Geschäftsführerin in einem Betrieb mit elf Mitarbeitern, habe eine große Familie und bin Bürgermeisterin. Für mich war es eine große Herausforderung, diese drei Tage so zu organisieren, dass ich weg kann. Zum Glück hat es heuer geklappt und ich genieße diese kleine Auszeit.“
Kein Weg zu weit
Frauen nehmen ihre Verantwortung in diesem Job sehr ernst. Umso höher anzurechnen ist der heurige Besucherrekord: Rund ein Drittel – 35 Bürgermeisterinnen aus Österreich und eine aus Slowenien – reisten zum Bürgermeisterinnentreffen an. Die seit zwei Monaten amtierende Anifer Bürgermeisterin Gabriella Gehmacher-Leitner nahm den 350 Kilometer langen Anreiseweg ins gemeinsame Hotel in Bad Tatzmannsdorf ebenso auf sich, wie die bereits seit elf Jahren tätige Bürgermeisterin Maria Zwölfer aus Lermoos (580 Kilometer Strecke). Ein Novum beim heurigen Treffen war, dass auch die Vizebürgermeisterinnen eingeladen wurden. Für Renate Habetler eine Selbstverständlichkeit: „Die Vizebürgermeisterinnen von heute sind die Bürgermeisterinnen von morgen. Für mich war es wichtig, auch sie einzubinden.“ Besonderes mediales Augenmerk verursachte die Tatsache, dass alle sieben burgenländischen Bürgermeisterinnen beim Treffen präsent waren. Das lockte auch Frauenlandesrätin Verena Dunst und die frisch gebackene Landesrätin Astrid Eisenkopf, zuständig u.a. für Gemeinden.
Die Mischung macht's
„Das Bürgermeisterinnentreffen ist kein Kurzurlaub, ganz im Gegenteil. Aber es ist eine Auszeit aus dem politischen Trott, um sich auszutauschen und sich einmal mit Sachen zu beschäftigen, für die man sonst, aufgrund des Alltagsstresses keine Zeit hat“, erklärt Ulrike Böker, Ortschefin in der Baukultur-Gemeinde Ottensheim. So stand ein ganzer Tag für Workshops zur Verfügung. Petra Gajar vom Fonds Gesundes Österreich zeigte auf, worauf es ankommt, um Politik, Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren und lange gesund zu bleiben. Um dieses Wissen zu vertiefen, nahmen sich viele vor, die Bürgermeister-Gesundheitsseminare, die der Österreichische Gemeindebund mit dem Fonds Gesundes Österreich veranstaltet, zu besuchen. Der Nachmittag mit einem Führungs- und Konfliktmanagement-Coaching von Nicole Mayr-König (dieesche) brachte zwei Themen aufs Tableau, die für viele keine leichte Kost waren. „Es geht dabei nicht darum, zu erlernen, wie man Konflikte verdrängt, sondern sich so mit ihnen auseinanderzusetzen, sodass sie einen selbst nicht mehr emotional belasten. Ändert man seine eigene Einstellung zu einem Konflikt, ändert dies meist auch die Reaktionen der anderen zu einem konfliktreichen Thema“, erklärt Mayr-König.
Die restlichen zwei Tage, den 17. und den 19. August nutzten Bürgermeisterin Renate Habetler, Klaudia Friedl, Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin von Steinberg-Dörfl, sowie Michaela Raber, Ortschefin der 400-Einwohner-Gemeinde Rauchwart um ihre Gemeinde von ihrer besten Seite zu präsentieren. Sie zeigten dabei nicht nur, wie sie das kulturelle Leben erweitern, seltene Handwerksbetriebe in ihren Gemeinden halten, sondern auch, wie sich eine Verwaltungsgemeinschaft in der Praxis gestaltet. Unterstützt wurden sie vom Österreichischen Gemeindebund, sowie dem GVV Burgenland und dem Burgenländischen Gemeindebund.
„Wir gehen gestärkt aus diesen drei Tagen wieder in unsere Gemeinden zurück. Wir wissen, dass die Probleme überall ähnlich sind. Durch den Austausch haben wir neue Ansätze, wie man an die Probleme herangehen kann“, resümiert Maria Skazel, Bürgermeisterin der steirischen Gemeinde St. Peter im Sulmtal.
Immer noch eine seltene Spezies
Es braucht eine große Portion Mut und das Quäntchen Idealismus, um dieses Amt trotz der immer enger werdenden rechtlichen Schranken anzustreben. „Wir wollen mit unserer Zusammenkunft auch darauf aufmerksam machen, dass es mit 141 Bürgermeisterinnen derzeit zwar österreichweit so viele Frauen an der Gemeindespitze gibt, wie noch nie, aber es immer noch zu wenige sind“, betont Bürgermeisterin Michaela Walla aus Warth (NÖ), die bereits seit vielen Jahren zum Treffen kommt. In Niederösterreich gibt es derzeit mit fast zehn Prozent die meisten Ortschefinnen, Salzburg ist Schlusslicht mit nur drei Bürgermeisterinnen.
In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Bürgermeisterinnen dennoch mehr als verdreifacht, verdeutlichte Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer bei seinem Besuch: „1999, das Jahr, in dem ich Gemeindebund-Präsident wurde, hatten wir zum Vergleich nur 41 Bürgermeisterinnen. Trotzdem sind die 141 Bürgermeisterinnen, die wir heute haben, immer noch nur 6,7 Prozent aller Bürgermeister in Österreich. Das muss sich weiter verbessern.“ Neben den sozialrechtlichen Aspekten wie Arbeitslosengeld als Überbrückung für den beruflichen Wiedereinstieg nach einer Abwahl, brauche es aber immer noch den Gestaltungswillen für dieses Amt. „Ohne den geht es nicht“, so Mödlhammer, „die Anforderungen an unsere Bürgermeister werden nicht weniger, wie sich in diesen Tagen zeigt.“
So viele Bürgermeisterinnen gibt es in Österreich
Bundesland | Zahl der Gde | Anzahl Bgminnen März 2014 | Anzahl Bgminnen März 2015 | Frauen-anteil |
Burgenland | 171 | 7 | 7 | 4,1% |
Kärnten | 132 | 3 | 7 | 5,3% |
Niederösterreich | 573 | 44 | 56 | 9,8% |
Oberösterreich | 442 | 29 | 34 | 7,7% |
Salzburg | 119 | 3 | 3 | 2,5% |
Steiermark | 287 | 29 | 16 | 5,6% |
Tirol | 279 | 11 | 11 | 3,9% |
Vorarlberg | 96 | 6 | 7 | 7,3% |
Wien | 1 | 0 | 0 | 0,0% |
SUMME | 2.100 (2014: 2.354) | 132 | 141 | 6,7% |