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Monika Wechselberger: “Die Kirche ist mein Kraftort”

29.3.2016 – Die erste Bürgermeisterin des Zillertals, Monika Wechselberger, hat viele Facetten. Bei der Wahl in Mayrhofen musste sie sich gegen drei Männer durchsetzen. Wie sie Gegenwind aushält und warum sie keine höheren Ämter anstrebt, erzählt sie im Kommunalnet-Interview.

Bürgermeisterin, gelernte Drogistin, Religionslehrerin, Ehefrau, Mutter zweier Töchter, Oma, Lehrerin, Kleinvermieterin. Die neue Bürgermeisterin von Mayrhofen (Zillertal), Monika Wechselberger, hatte keinen einfachen Start ins Amt: Drei Kandidaten ritterten mit der 46-Jährigen um die Nachfolge von Langzeitbürgermeister Günter Fankhauser. Sie schaffte es als Zweitplatzierte in die Stichwahl und setzte sich schließlich mit 62 Stimmen Vorsprung gegen ihren Konkurrenten Franz Eberharter durch. Gleich bei der ersten Gemeinderatssitzung bekam sie die Enttäuschung ihres Gegners über die Wahlniederlage zu spüren. Im voll besetzten Gemeinderatssitzungssaal ließ die mit Mandatsmehrheit ausgestattete Opposition die neue Mayrhofner Bürgermeisterin bei der Besetzung der Ausschüsse auflaufen. Die Ortschefin vertagte das Thema.

Über diese und andere Startschwierigkeiten spricht Wechselberger im Interview mit Gemeindebund:

Kommunalnet: Sind Sie stolz, sich am Ende gegen drei Männer durchgesetzt zu haben?

Wechselberger: Das hab ich mir noch gar nicht so überlegt. Ob Mann oder Frau war mir immer egal. Das ist mir erst jetzt bei der Angelobung bewusst geworden, dass es in Tirol wirklich nur so wenige Bürgermeisterinnen gibt.

Warum, glauben Sie, haben die Bürger Sie gewählt?

Die Bürger haben auch erkannt, dass immer die Mächtigen am Steuer gesessen sind. Mein Anliegen war immer, dass sich jeder an gesetzliche Grundlagen hält. Der nochmalige Wahlkampf in der Stichwahl war gar nicht so einfach, weil ich ja noch voll im Job war. Ich habe ein paar Hausbesuche gemacht, aber ich denke am besten angekommen ist die Aussendung, die ich vor der Stichwahl gemacht habe. Die war sehr einfach. Ich habe dabei niemanden schlecht gemacht. Dafür habe ich viele gute Reaktionen bekommen. Ich möchte vor allem bürgernah sein. Ich habe auch schon vor der Wahl gesagt, dass ich zweimal in der Woche ab 6 Uhr und einmal bis 20 Uhr im Amt bin. Dafür müssen wir auch nicht die Öffnungszeiten im Gemeindeamt ändern, sondern dann bin nur ich für die Bürger da. Das hat sicher den Vorteil, dass sich die Leute auch bei heiklen Themen zu mir trauen, weil sie nicht vorher an allen Gemeindemitarbeitern vorbei müssen.

Ist es schwierig, dass Ihr Vorgänger Günter Fankhauser als Gemeindebediensteter noch im Gemeindeamt arbeitet?

Es ist leichter als ich gedacht habe. Er hilft mir wirklich immer, wenn ich Fragen habe. Ich habe hier im ganzen Haus ein sehr positives Klima. Von den Mitarbeitern wird mir so viel Respekt, Freundlichkeit und Hilfestellung entgegengebracht. Das brauche ich jetzt auch, wenn ich im Gemeinderat so viel Gegenwind habe. Hier hilft mir vielleicht auch meine Erfahrung aus der Schule. Dort ist alles klar strukturiert. Ich habe hier im Gemeindeamt auch gleich von Beginn an gesagt, wie ich mir die Zusammenarbeit vorstelle und die Leute haben das akzeptiert.

Wollen Sie auch 24 Jahre im Amt bleiben, wie Ihr Vorgänger?

Das habe ich nicht vor. (lacht) Jetzt mache ich mal diese Periode.

Streben Sie noch höhere Ämter an?

Nein, ich strebe keine höheren Ämter an. Ich fahre auch nicht so gerne raus. Ich will nicht Tage im Auto verbringen. Ich möchte auch noch Zeit für meine Familie haben. Das habe ich auch von Anfang an gesagt, dass ich für die Gemeinde nicht öfter als zwei Mal in der Woche am Abend Termine wahrnehmen werde. Alle weiteren Termine muss mein Gemeindevorstand wahrnehmen.

Glauben Sie nicht, dass Ihnen das negativ angerechnet wird, wenn Sie nicht auf jedem Fest persönlich erscheinen?

Ich habe keine Angst vor böser Nachrede. Ich mache meinen Job gut und strenge mich sehr an, aber ich mache keinen Hehl daraus, dass das nicht mein ganzer Lebensinhalt ist. Familie ist für mich das Wichtigste und ich möchte auch noch genug Freizeit haben, um sie mit meiner Familie zu verbringen. Ich bin auch vorsichtig, mich jetzt in zuviele Ausschüsse reinwählen zu lassen.

Haben Sie keine Angst, dass Sie dann wichtige Sachen verpassen?

Nein, ich vertraue da meinem Gemeinderat.

Was sind Ihre größten Vorhaben?

Zuerst, mich gut einzuarbeiten. Dann unbedingt Wohnräume schaffen. Wir wollen alte Plätze nutzen und keine neuen Grünflächen aufreißen.

Sie sind ja Gegenwind gewohnt. Waren Sie überrascht, als Sie gleich in der ersten Gemeinderatssitzung mit den Macht-Spielchen konfrontiert wurden?

Überrascht war ich nicht mehr. Ich hatte einen Gesprächstermin mit meinem Vizebürgermeister ausgemacht. Als der sich im Laufe des Vormittags bis kurz vor der Sitzung nicht bei mir gemeldet hat, habe ich mir schon gedacht, dass da was im Busch ist. Ich glaube, dass es sich legen wird, weil irgendwann werden sie dieses unprofessionelle Verhalten auch vor der Bevölkerung erklären müssen. Obwohl ich glaube, dass die anwesenden Bürger das bereits bei dieser Sitzung nicht gebilligt haben, denn ich habe mich am Ende der Sitzung bei den Leuten entschuldigt. Ich habe gesagt, dass ich mit dem Vorsatz in das Amt gegangen bin, etwas voran zu bringen, damit was weiter geht in der Gemeinde. Und die Leute haben applaudiert. Es bringt nichts, mir nun mit solchen Aktionen das Leben so schwer wie möglich zu machen, denn ich wurde ja von den Bürgern gewählt. Das war ja eine demokratische Abstimmung.

Als gelernte Drogistin haben Sie ja ein recht ungewöhnliches Studium absolviert. Mit welcher Intention haben Sie denn Theologie studiert?

Ich war immer schon in der Pfarrgemeinde tätig. Dann ist mir das gut gelungen mit den jungen Leuten. Die wollten alle beim Firmunterricht immer zu mir in die Gruppe. Irgendwann hat der Pfarrer gesagt, dass ich, weil ich so gut mit Kindern kann, das vielleicht auch beruflich machen soll. Also habe ich ein religionspädagogisches Fernstudium begonnen. Und dann wollte ich mehr über die Bibel wissen und habe Theologie an der Universität Innsbruck studiert.

Was bringt das Theologie-Studium für die neue politische Aufgabe?

Das bringt mir sehr viel, weil ich schon davon überzeugt bin, dass Theologie sich sehr viel am Menschen orientiert. Und das ist auch in der Politik so. In der Theologie hat man ja auch philosophische Themen. Da bekommt man ein bisschen das Gefühl wie wichtig es ist, alle Leute gleich zu behandeln. Alle Menschen haben die gleiche Würde und sind mit Respekt zu behandeln.

Gehen Sie jeden Sonntag in die Kirche?

Ja. Meistens sogar zwei bis drei Mal die Woche. Jeden Mittwoch ist Schülermesse. Da gehe ich natürlich auch hin. Mein Glaube ist mir auf jeden Fall Kraftverstärker. Bei der Messe kann ich abschalten, da kann ich mir was Gescheites denken und Kraft schöpfen. Deswegen können mir üble Sachen nicht so viel anhaben, weil ich mir denke, ich bin nicht alleine.

Welche christlichen Werte gehen Ihnen denn in der Lokal-, Landes- und Bundespolitik ab?

Ich vermisse eigentlich die Menschlichkeit. Weil wenn es einem Politiker einmal nicht gut geht, dann darf er das in der heutigen Zeit nicht zeigen. Was ich auch nicht gut finde ist, dass man es jedem recht machen muss. Ich finde, man kann zur Meinung stehen. Man muss sie halt gut begründen können. Leute mit Charisma gehen mir ab. Aalglattes Durchschwänzeln in der Politik finde ich nicht gut. Man kann auch sagen, dass einem etwas weh tut, wenn es so ist.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Puh, das ist schwer zu sagen. Ich wünsche mir zwei bis drei Enkelkinder mehr. Meinen Job möchte ich jetzt erstmal gut machen. Da denke ich noch nicht darüber nach, was in zehn Jahren sein wird.

Monika Wechselberger setzte sich bei der Bürgermeisterwahl gegen drei Männer durch. Die Durchsetzungsfähigkeit braucht sie nun auch im Gemeinderat, wo ihre Liste nur vier von 15 Mandaten erreicht hat. (Bild: ZVG)