Wolfgang SCHÜSSEL
ehemaliger Bundeskanzler der Republik Österreich
Der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ging in seinem Impulsvortrag am zweiten Tag der Kommunalen Sommergespräche auf das europäische Wertesystem ein. „Wir Europäer müssen uns ein wenig davon verabschieden, zu glauben, dass unser eurozentrisches Bild die Sichtweise der ganzen Welt ist“, so Schüssel. Die Welt sei heute eine andere, die Zeiten haben sich geändert. „Wir leben in sehr spannenden heraufordernden Zeiten in der wir mit einer gleichzeitigen Fülle an Durchbrüchen zu tun haben, die in uns fordern und uns teilweise auch überfordern – auch die Elite“, stellt Schüssel fest. In diesem Umbruch stelle sich immer mehr die Frage, „wo steht da eigentlich Europa“ und „wo wollen wir als Europa hin?“
Tatsache ist: Das alte Europa ist Geschichte und das neue Europa ist noch nicht richtig da. Und da stelle sich die Frage: Was wir eigentlich wollen? „Wir wissen nur was wir nicht wollen“, meint Schüssel. „Wir wollen kein Chaos, wir wollen auch keine Herrschaft von China und Amerika. Aber was wollen wir und was brauchen wir als Europa und als Europäer?“
Seiner Meinung nach brauche es für Europa und die Europäer fünf zentrale Kernthesen:
- Wir müssen lernen, dass Sicherheit nicht von anderen gewährleisten werden kann.
Die Europäer haben sich immer auf andere verlassen: auf die militärische Sicherheit der Nato, auf die Sicherheit durch andere Staaten, medizinische Produkte aus China und Amerika oder auch auf die soziale Sicherheit der anderen Staaten. „Die Coronapandemie habe all diese Lücken mehr als deutlich aufgezeigt, daher gelte es umso mehr künftig als Europa in die eigene Sicherheit zu investieren – auf allen Ebenen. - Wir sollten uns nicht kleinreden
Man dürfe nicht vergessen, dass wir als Europäer noch immer eine wirtschaftliche Großmacht. „Wir sind unter den top 3 weltweit – und darauf sollten wir uns zunehmend besinnen“, meint Schüssel. - Was sind unsere Werkzeuge, auf die wir uns stützen können?
„Es zeigt sich, dass wir zwar viele Potenziale in Europa haben, aber wir sind uns dieser Stärken zu wenig bewusst. Wir haben noch viel zu tun in Europa“, egal ob es um eine einheitliche Binnenpolitik, einheitliche Berufsqualifikationen oder eine gemeinsame Erweiterungspolitik geht“, sagt Schüssel. Die Stärken und Gemeinsamkeiten gelte es besser fördern. - Wir können Vorbild sein
Europa sollte Motivator sein und Allianzen für unsere wichtigen Themen und Aufgaben bilden. „Wir haben ein enormes Potenzial in vielen Bereichen, wir nehmen es aber nicht war oder es ist uns gar nicht bewusst“, sagt Schüssel. Gerade die Rolle der Vorbildwirkung im Klimaschutz durch Europa und die Europäer sei enorm, würde aber viel zu wenig gewürdigt. „Dieser Stärken müssen wir uns zunehmend bewusst machen und dürfen und die Vorbildrolle leben – gemeinsam mit starken Partnern“, sagt Wolfgang Schüssel. - Unser europäischer Way of live
Die Europäer schätzen es ihren europäischen Weg zu gehen und zu leben. „Europäer wollen in Freiheit leben, in Sicherheit leben, aber auch in Wohlstand und in einem Rechtsstaat leben. Dazu gehört der Weg zur freien Meinung und der Zugang zur Bildung. Auch das sind Errungenschaften, die wir uns bewusster machen müssen.“
All das sei nur im Verbund aller politischen Ebenen von Bund, Land und Gemeinden zu erreichen“, meint Wolfgang Schüssel abschließend in seinem Impuls und er appellierte an alle Entscheidungsträger diese Aufgabe und Verantwortung gemeinsam anzupacken.“