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„Gemeinden sind Herz, Hirn und politisches Rückgrat Österreichs“

7.10.2016 – Mödlhammer: „Haben genug von Sonntagsreden und Lippenbekenntnissen“

Die Forderungen der Gemeinden für den Finanzausgleich standen im Mittelpunkt der Rede von Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer vor mehr als 2.000 Bürgermeister/innen und Gemeindevertreter/innen am Gemeindetag in Klagenfurt. „Wir haben berechtigte Forderungen und Erwartungen an den neuen Finanzausgleich“, so Mödlhammer. „Jedes Jahr bürdet man uns mehr Aufgaben auf, wir haben ein Anrecht darauf, dass wir dafür auch die nötige finanzielle Ausstattung bekommen“, so Mödlhammer.

Zu Beginn seiner Rede würdigte Mödlhammer allerdings die Leistungen der Gemeinden während der Flüchtlingskrise. „Es waren die Gemeinden, die unaufgeregt und konsequent die Schaffung von Quartieren ermöglicht und vorangetrieben haben. Derzeit sind in 70 Prozent der Kommunen Flüchtlinge untergebracht. Das ist eine gewaltige Leistung gewesen, wir haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass es heute keine Quartierkrise mehr gibt“, so der Gemeindebund-Chef. „Inzwischen stellt niemand mehr die unterstützende Rolle der Gemeinden in dieser Hinsicht in Frage.“

Zu einem wesentlichen Thema für die Gemeinden sei in den letzten Jahren die ausufernde Bürokratie geworden. „Wir kämpfen jeden Tag mit Vorschriften und Gesetzen, die von Bund und Ländern kommen und die wir umsetzen sollen. Wir schaffen das bald nicht mehr, weil der Regelungswahn völlig überhand nimmt. Das behindert nicht nur unsere Verwaltungen, sondern auch Wirtschaft, Vereine und Zivilgesellschaft. Überbordende Bürokratie schränkt die Freiheit der Menschen inzwischen massiv ein. Dieses Land braucht nicht ständig neue Verwaltungsgesetze, wir brauchen Hausverstand und Eigenverantwortung, dann werden viele, viele Dinge wieder besser funktionieren“, so Mödlhammer.

Sehr eindringlich wandte sich Mödlhammer auch an die Bundespolitik und an Finanzminister Hans Jörg Schelling, der nach Mödlhammer die Festrede hielt. „Wir haben genug von den Sonntagsreden, in denen die Wichtigkeit des ländlichen Raums beschworen wird. Worte haben wir genug gehört, was uns fehlt ist, der tatsächliche Wille, den ländlichen Raum auch mit Taten zu unterstützen.“

Im Finanzausgleich würden die Gemeinden keine unmöglichen und auch keine unberechtigten Forderungen stellen, so Mödlhammer. „Wir sind die einzige Ebene, die seit Jahren ihre Maastricht-Ziele erfüllt, ganz im Gegensatz zu Bund und Ländern. Wir haben bewiesen, dass wir ordentlich und sparsam wirtschaften können. Das liegt daran, dass wir jeden Euro in den Gemeinden drei Mal umdrehen, bevor er ausgegeben wird.“

„Wenn ich mir anschaue, welche Aufgaben aber Jahr für Jahr dazu kommen, dann verlange ich auch, dass die Ausgaben, die aufgrund dieser Aufgaben entstehen, abgegolten werden“, so Mödlhammer. „Der Ausbau der Kinderbetreuung, die schulische Nachmittagsbetreuung, die Pflegekosten, die Integration, das sind alles Dinge, die wir in den Kommunen leisten und finanzieren müssen.“ Der Gemeindebund strebe eine weitere Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels an, „dieser Mechanismus ist überholt und einfach nicht mehr gerecht.“ Als wichtig sieht Mödlhammer auch konkrete Schritte zur Aufgabenorientierung an. „Mir ist schon bewusst, dass das wahrscheinlich nur schrittweise geht, aber wir müssen diesen Weg endlich beginnen. Ich kann nicht akzeptieren, dass allein für die Kinderbetreuung fünf Ministerien und neun Länder zuständig sind. Das ist nicht effizient und führt zu undurchschaubaren Transferströmen. Man soll Aufgaben einer Ebene klar zuordnen und auch finanzieren, das wäre einfacher und auch billiger.“ Dazu zähle auch, dass der Bund sich gelegentlich den Finanzierungsumweg über die Länder ersparen könne. „Warum sollen wir das nicht im direkten Verhältnis zwischen Gemeinden und dem Bund lösen können?“

Im Hinblick auf die Grundsteuer mahnte Mödlhammer ebenfalls Reformen ein. „Wir haben hier viele Vorschläge und ein sehr konkretes Konzept auf den Tisch gelegt. Wir wollen und werden dieses Problem lösen, auch hier geht es um Gerechtigkeit und Rechtssicherheit für die Gemeinden. Ich hoffe, dass wir dieses Themenfeld nun bald mit dem Finanzminister lösen können.“

Für die strukturschwachen Gemeinden forderte Mödlhammer einen Strukturfonds mit einem Volumen von 500 Mio. Euro ein. „Es gibt einfach Gemeinden, die strukturell und topographisch gravierend benachteiligt sein. Auch diese Kommunen haben ein Existenzrecht, sie brauchen unsere Hilfe und Solidarität.“

Die Gemeinden, so Mödlhammer am Ende seiner Rede, seien das politische Rückgrat des Landes. „Wir arbeiten mit Herz und Hirn an pragmatischen Lösungen, die den Alltag der Menschen jeden Tag betreffen. Wir können uns nicht auf Schlagworte oder Worthülsen zurückziehen, die Menschen verlangen rasche und konkrete Lösungen auf der kommunalen Ebene.“ Diese Haltung und Herangehensweise wünsche er sich von allen politischen Ebenen. „Der Finanzausgleich muss dafür Grundlage sein, aber auch die Möglichkeiten schaffen.“

Der 63. Österreichische Gemeindetag geht heute Mittag in Klagenfurt zu Ende. Mehr als 2.000 Gemeindevertreter/innen nehmen daran teil.

Präsident Helmut Mödlhammer hielt wie jedes Jahr die beeindruckende Rede ©Jacqueline Godany/Gemeindebund