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Gemeinden fordern Solidarität bei Asylfrage

20.4.2016 – Die begrenzte Aufnahmekapazität und Integrationsfähigkeit von Flüchtlingen in den Städten und Gemeinden anzuerkennen ist eine zentrale Forderung, die aus einem Treffen der deutschen und österreichischen Interessensverbände hervorgeht. In einer gemeinsamen Erklärung zeigen die Kommunen einen Weg für die weitere Vorgehensweise auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene auf.

Dass die europäische Zusammenarbeit trotz der Flüchtlingskrise enorm wichtig ist, wurde beim neunten Treffen der Europaausschüsse des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Österreichischen Gemeindebundes, das am 13. und 14. April 2016 in Stuttgart stattfand, unterstrichen. Die Gemeinden haben in den letzten zwei Jahren in der unmittelbaren Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge Gewaltiges geleistet. Nun liegen die großen Herausforderungen in der Integration. In einer gemeinsamen Erklärung fordern deutsche und österreichische Städte und Gemeinden akkordiertes Vorgehen auf allen Ebenen und europäische Solidarität.

Europäische Strategien

  • Verbindliche Quotenregelung
    Die Verteilung der Flüchtlinge mit einem Asylanspruch muss europaweit nach festen Quoten erfolgen, und diese sind fair und solidarisch auf alle EU-Mitgliedsstaaten zu verteilen. Um diese Verteilung durchsetzen zu können, müssen die anerkannten Flüchtlinge darauf verpflichtet werden, ihr Asylrecht alleine in diesem zugewiesenen Staat in Anspruch zu nehmen.
     
  • Schutz der Außengrenzen
    Der Schutz der EU-Außengrenzen muss deutlich verbessert werden. Die Grenzschutzorganisation FRONTEX muss mehr Ressourcen erhalten und nötigenfalls auch durch Grenzschützer aus den EU-Staaten unterstützt werden. Von EU-Seite müssen verbindliche Vereinbarungen unter anderem mit der Türkei im Hinblick auf den Schutz der Grenzen geschlossen werden.
     
  • Große europäische Erstaufnahmeeinrichtungen („Hotspots“) entlang der Außengrenze
    Entlang der EU-Außengrenze sind eine größere Zahl europäischer Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen – europäisch organisiert und finanziert. Es ist sicherzustellen, dass eine menschenwürdige Unterbringung erfolgt, ordnungsgemäße Registrierungsverfahren durchgeführt und Asyl-Entscheidungen anhand europäischer Standards gefällt werden.
     
  • Europäisierung der Asylverfahren und Standards
    Das Asylrecht muss überall in Europa anhand gleicher Anforderungen, Verfahren und Standards umgesetzt werden.

Nationale Strategien

  • Rahmenbedingungen schaffen
    Sowohl in Österreich wie auch in Deutschland müssen Bund und Länder durch Bekenntnis zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe die Rahmenbedingungen zur Aufnahme und zur Integration von Schutzsuchenden schaffen. Das gilt insbesondere auch für die vollständige Übernahme der migrationsbedingten Mehrkosten.
     
  • Abschiebungen konsequent umsetzen
    Rechtswirksam abgelehnte Personen müssen konsequent abgeschoben werden. Nur wenn jene, die keinen Schutzanspruch haben, auch tatsächlich wieder rückgeführt werden, können Aufnahme und Integration von tatsächlich Schutzbedürftigen langfristig sichergestellt werden.
     
  • Sichere Herkunftsländer
    Auch die Staaten in Nordafrika (Tunesien, Algerien und Marokko) sollten als sichere Herkunftsländer definiert werden. Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern sollten nicht auf die Kommunen verteilt werden, sondern bis zum Abschluss ihrer Verfahren in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben.
     
  • Zugang zu Bildung
    Asylwerber mit hoher Aussicht auf Anerkennung und anerkannte Flüchtlinge sollten so rasch wie möglich Zugang zu Bildung, Ausbildung und Anerkennung von Qualifikationen erhalten. Nur so sind langfristige Integration und Selbsterhaltungsfähigkeit sicher zu stellen.

Kommunale Strategien

  • Massenquartiere vermeidbar machen
    Bei dezentraler Unterbringung von Schutzsuchenden in den Kommunen lässt sich die Unterbringung und erste Integration besser bewältigen. Großquartiere überfordern nicht nur die kommunale Infrastruktur, sondern auch die lokale Bevölkerung und sind tunlichst zu vermeiden.
     
  • Langfristige Integration ermöglichen
    Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge sind vor Ort so schnell wie möglich zu integrieren. Dazu bedarf es geeigneten Wohnraums, ausreichend vorhandener Bildungs- und Ausbildungsangebote (vorschulische Bildung und Erziehung, Schulbildung, Spracherwerb, Berufsausbildung) sowie der Bereitschaft der angestammten Bevölkerung zur Mitarbeit.
    Kontakte und Bekanntschaften zwischen Bevölkerung und Flüchtlingen sind es-sentiell für Verständnis und Akzeptanz. Diese Herkulesaufgabe ist aber nur leistbar, wenn Bund und Länder die jeweils entstehenden migrationsbedingten Mehrkosten vollständig übernehmen.
     
  • Fördern und Fordern zulassen
    Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge sind in ihren Integrationsbemühungen zu unterstützen. Die Vermittlung europäischer Werte muss Bestandteil aller Bildungsangebote sein, die aktive Teilhabe von Mädchen und Frauen am gesellschaftlichen Leben ist besonders zu fördern. Dazu sind Sanktionsmöglichkeiten zu schaffen.

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(Bild: ZVG)
Sie kämpfen für eine gemeinsame Vorgehensweise in der Asylpolitik und für mehr Solidarität unter den europäischen Gemeinden: (vlnr) Uwe Zimmermann, stv. Hauptgeschäftsführer DStGB; Rupert Dworak, Vpräs. des Ö. Gemeindebundes, Roland Schäfer, DStGB Präsident; Harry Brunnet, Vpräs. Baden-Württembergischer Gemeindetag, Roger Kehle, Präsident Baden-Württembergischer Gemeindetag, Helmut Mödlhammer, Präsident Ö. Gemeindebund und Walter Leiss, Generalsekretär Ö. Gemeindebund.
Die Zusammenarbeit zwischen den kommunalen Interessenvertretungen wird auch auf europäischer Ebene groß geschrieben. Bereits Tradition hat der gemeinsame Europatag zwischen Deutschem Städte- und Gemeindebund und dem Österreichischen Gemeindebund. (Bild: ZVG)