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Gemeinden als Lobbyisten – die Länder nicht?

Egal ob es die Allergiekennzeichnung ist oder eine neue Wasserrichtlinie: Die Gemeinden sind in fast allen Fällen jene Ebene, die in der Umsetzung der europäischen Vorschriften in vorderster Front dabei sind. Während man bisher das Gefühl hatte, dass diese Position innerhalb der Europäischen Institutionen beispielsweise durch die Einbindung im Ausschuss der Regionen, durchaus anerkannt wird, kommt nun ein komplett entgegengesetztes Signal: Beim EU-Transparenzregister sollen sich auch die Gemeinden und ihre Vertreter registrieren, wenn sie mit Kommission oder Parlament in Kontakt kommen wollen.

„Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass die EU mehr Transparenz in den Gesetzgebungsprozess bringen will, aber dann darf es keine Ausnahmen geben“, so Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Derzeit ist es so, dass Gemeinden und deren Vertretungen sich zwar registrieren lassen müssen, Regionen und ihre Vertretungen in Brüssel aber ausgenommen sind.

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©Gemeindebund
Gemeindebund-Chef Mödlhammer ärgert sich über die Ungleichbehandlung, denn Regionen müssen sich nicht registrieren lassen: „Eigentlich müsste es fixer Bestandteil eines jeden Vorhabens in Brüssel sein, die Auswirkungen der Umsetzung auf kommunaler Ebene zu kennen. Das hat nichts mit Lobbismus zu tun.“

EU-Kommission: Nur Vertretungen betroffen

Auf Anfrage von Kommunalnet bei der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich weist Pressesprecher Heinz Rudolf Miko auf den Vereinsstatus der Vertretungsorganisationen hin: „Die Erfordernis sich im Transparenzregister zu registrieren findet auf individuelle Gemeinden oder Städte keine Anwendung, sondern nur auf Vereinigungen, die diese in ihren Beziehungen mit EU-Institutionen kollektiv vertreten.“

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Bild: ZVG
Heinz Rudolf Miko ist Pressesprecher der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich und meint, dass die strengen Regeln nur für die Gemeindeverbände, aber nicht für Gemeinden selbst gelten. Dem widersprechen aber die Leitlinien zum Transparenzregister.

Leitlinien widersprechen: Auch Gemeinden sollen sich registrieren

Dem widerspricht die Leiterin der Zweigstelle des Österreichischen Gemeindebundes in Brüssel, Mag. Daniela Fraiß: „Sowohl in der interinstitutionellen Vereinbarung als auch in den Leitlinien zum Transparenzregister steht: 'Von allen anderen Behörden auf subnationaler Ebene wie beispielsweise Städten, lokalen und kommunalen Behörden, ihren Vertretungen, nationalen Zusammenschlüssen oder Netzwerken wird erwartet, dass sie sich registrieren lassen.' Das ist mehr als eindeutig, dass die Kommission nun auf interne Beschlüsse über Treffen mit Kommissaren und Generaldirektoren verweist, ist eigentlich nur ein Ausweichmanöver. Ein wenig transparentes übrigens.“ Zumindest auf Verbandsebene zeigt das Register schon Auswirkungen: Einem Schwesternverband des Gemeindebundes wurde bereits ein Gesprächstermin mit hochrangigen Kommissionsbeamten verweigert, weil besagter Verband nicht im Transparenzregister zu finden ist.“

Neben der ungleichen Behandlung von Gemeinden und Regionen, die zur geringeren Berücksichtigung der Anliegen der lokalen Ebene führen könnte, gibt es auch noch weitere Gründe, die gegen eine Eintragung in das Register sprechen. Daniela Fraiß weist beispielsweise auf die Offenlegung der Finanzen hin: „Gegen die Eintragung spricht eindeutig, dass das Jahresbudget und Finanzierungsquellen offenzulegen sind – sowohl von Gemeinden als auch von Verbänden. Dieses Erfordernis steht in keiner Relation zum gewünschten Ziel, dass die Gemeinden, die ja letztendlich die Umsetzer sind, sich bei gesetzgeberischen Initiativen der EU auch mit den entsprechenden Mandataren und Kommissionsbeamten treffen können.“

Auszug

Quelle: Leitlinien zum Transparenzregister
Die kommunale Ebene ist die einzige Gebietskörperschaft, die sich im Transparenzregister registrieren lassen muss.

„EU sollte Interesse an Expertise der Gemeinden haben“

Gemeindebund-Präsident Mödlhammer geht hier noch einen Schritt weiter: „EU-Beamte, parlamentarische Assistenten, EU-Abgeordnete und Kommissare sollten eigentlich ein Eigeninteresse an der Expertise der kommunalen Ebene haben und sich auch dessen bewusst sein, dass etwa die Offenlegung von Budgets sehr sensibel sein kann.“

Die einzige Möglichkeit zur Korrektur dieses Fehlers ist die Überarbeitung des Transparenzregisters, die für alle drei Institutionen (Europäisches Parlament, Rat und Kommission) im Frühjahr 2015 geplant ist. Bis dahn müssen die Gemeinden auf allen Ebenen auf dieses Problem aufmerksam machen.

Sind Gemeinden und ihre Verbände einfache Lobbyisten, die sich im Tranparenzregister ausweisen müssen? © Rawpixel – Fotolia.com