14.1.2015 – Die Kinderbetreuung ist immer wieder im Zentrum der Kritik. Bei einer Umfrage wurden nun die Eltern mit Kindern unter 14 Jahren befragt und stellen der Arbeit der Gemeinden grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus. „Für uns als größte Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen ist es wichtig, von Zeit zu Zeit zu erheben, ob wir aus Sicht der Menschen auch die richtigen Angebote machen“, so Mödlhammer. „Jede/r Bürgermeister/in kennt zwar die Bedürfnisse in der eigenen Gemeinde sehr genau, ein gesamtösterreichischer Überblick hat bislang aber gefehlt.“ Die Zahlen wurden nun im Zuge einer Pressekonferenz am 14. Jänner 2015 in Wien präsentiert.
Zahlen, Fakten zur Kinderbetreuung in Österreich
In Österreich gibt es 4.999 öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen. Davon stehen 4.934 in Trägerschaft der Gemeinden, 32 erhält der Bund, 33 die Bundesländer. Diese kommunalen Betreuungseinrichtungen teilen sich in 606 Kinderkrippen, 3.375 Kindergärten, 620 Horteinrichtungen und 333 altersgemischte Betreuungseinrichtungen auf. Dazu kommen noch 3.336 privat geführte Einrichtungen, die von Vereinen, Glaubensgemeinschaften oder Privatpersonen betrieben werden.
Die Betreuungsquote bei 0 bis 2jährigen Kindern lag 2013 im österreichischen Durchschnitt bei 23 Prozent, bei 3 bis 5jährigen Kindern bei 90,9 Prozent. Rund 333.000 Kinder besuchen eine Betreuungseinrichtung, davon rund 211.000 einen Kindergarten, ca. 28.000 eine Kinderkrippe, 55.000 eine Hortgruppe und 39.000 Kinder eine altersgemischte Einrichtung. Insgesamt bestehen 17.899 Gruppen, der Personalstand liegt bei 53.000 Personen, wenn man private und öffentliche Einrichtungen zusammenzählt. 176.000 Kinder werden von den Gemeinden in Kindergärten oder Krippen betreut (ohne Wien).
Gemeinden lassen sich Kinderbetreuung was kosten
Für diesen Bereich (vorschulische Erziehung) wendet eine Gemeinde durchschnittlich 5.682 Euro pro Kind und Jahr auf, in Summe also mehr als eine Milliarde Euro (ohne Wien).
Große Umfrage im Auftrag des Gemeindebundes
„Der Gemeindebund wollte über diese Zahlengrundlagen hinaus wissen, wie gut oder schlecht die Kinderbetreuungseinrichtungen in der Wahrnehmung der betroffenen Eltern sind“, erklärt Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. „Wir haben daher gemeinsam mit Gallup eine repräsentative Befragung durchgeführt und 1.000 Menschen mit Kindern unter 14 Jahren zu verschiedenen Aspekten der Kinderbetreuung befragt.“
„Für uns als größte Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen ist es wichtig, von Zeit zu Zeit zu erheben, ob wir aus Sicht der Menschen auch die richtigen Angebote machen“, so Mödlhammer. „Jede/r Bürgermeister/in kennt zwar die Bedürfnisse in der eigenen Gemeinde sehr genau, ein gesamtösterreichischer Überblick hat bislang aber gefehlt.“
Zufriedenheit bei Kindergärten am höchsten
„Auf Basis dieser Befragung lässt sich die Debatte darüber, welche Notwendigkeiten im Ausbau bestehen, auch sachlicher führen“, so Mödlhammer. „Wir waren zuletzt ja auch immer wieder mit Forderungen diverser Lobbies nach höheren Ausbildungsgraden konfrontiert, jetzt haben wir eine empirische Grundlage, die diesen Forderungen eine Meinungslage der betroffenen Eltern gegenüber stellt.“
Insgesamt, so Mödlhammer, seien die Ergebnisse durchwegs sehr erfreulich. „Die Zufriedenheit mit unseren Leistungen ist durchwegs hoch. Dort, wo die öffentliche Diskussion am lautesten ist – nämlich bei den Kindergärten – ist die Zufriedenheit am höchsten. Im Bereich der Kleinkind-Betreuung haben wir aber einen Ausbaubedarf, ebenso wie in der schulischen Nachmittagsbetreuung.“
Die Ergebnisse der Gallup-Befragung im Detail
Wenn man jeweils die Werte für „sehr zufrieden“ und „zufrieden“ zusammenzählt, dann liegt die Zufriedenheit mit den Betreuungseinrichtungen für 0 bis 2,5 jährige Kinder bei 52 Prozent. Mit der Betreuung in Kindergärten (2,5 bis 6 Jahre) sind 69 Prozent zufrieden, bei der schulischen Nachmittagsbetreuung geben 63 Prozent ihre Zufriedenheit zu Protokoll.
„Für die Kindergärten verzeichnen wir also sehr, sehr gute Werte“, sagt Mödlhammer. „Auch die Qualität der schulischen Nachmittagsbetreuung ist im Grunde in Ordnung, wenn man bedenkt, dass hier noch viel zu tun ist und diese Betreuungsform noch nicht in jeder Schule verfügbar ist.“ Handlungsbedarf sieht Mödlhammer beim Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder. „Hier haben wir sicherlich noch Aufholbedarf.“ Interessant ist hier auch ein Blick auf die Bundesländer, in denen es zum Teil durchaus merkbare Abweichungen gibt. Insgesamt habe sich – wie eine weitere Frage zeigt – das Angebot in der Kinderbetreuung in den letzten Jahren merkbar verbessert, 62 Prozent der befragten Eltern sehen das so.
Wer finanziert Kinderbetreuung?
Eine nur zum Teil realistische Einschätzung besteht bei den Befragten auch darüber, wer denn die Kinderbetreuung in der Hauptsache finanziert. 47 Prozent geben die Gemeinden als Hauptfinanzierer an, 26 Prozent glauben, dass die Bundesländer den größten Anteil tragen, immerhin zehn Prozent sind der Meinung, dass der Bund die Kinderbetreuung finanziert.
Größter Reformbedarf nicht bei Kinderbetreuung, sondern im Schulwesen
„Sehr interessante, wenn auch für mich nicht überraschende, Ergebnisse bringt die Frage, wo die Menschen den größten Reformbedarf sehen“, berichtet Mödlhammer. „55 Prozent sagen: Im Schulwesen muss endlich etwas geschehen. Das bestätigt unsere Einschätzung, dass die Kinderbetreuung in Österreich in wesentlichen Teil gut funktioniert und auch geschätzt wird. Die Großbaustelle ist eindeutig der Schulbereich. Auch hier sind wir in den Gemeinden als Schulerhalter aller Pflichtschulen sehr an Reformen interessiert. Das Bildungswesen braucht diesen Reformschub ganz dringend, in vielerlei Hinsicht“, so Mödlhammer.
Mit der Ausbildung der Mitarbeiter/innen in den Kindergärten sind die Menschen mit sehr großer Mehrheit zufrieden. 79 Prozent geben hier an, dass sie mit dem Ausbildungsstand sehr zufrieden sind. Nur zehn Prozent halten eine verpflichtende Akademisierung der Kindergärtner/innen für unbedingt notwendig, weitere 29 Prozent können sich das vorstellen. „Das ist für uns ein wichtiges Ergebnis, weil die Lobby jener, die auf diese Akademisierung drängen, zwar nicht besonders groß, aber in der Öffentlichkeit dafür umso lauter ist. Tatsache ist, dass unsere Ausbildungsstandards in weiten Teilen jenen entsprechen, die international als akademisch gelten“, so Mödlhammer. „Ich glaube daher nicht, dass wir hier den größten Handlungsbedarf haben.“
Was ist in der Kinderbetreuung nun zu tun?
Auf Basis der Befragungsergebnisse sieht Mödlhammer mehrere Aufgaben, die im Bereich der Kinderbetreuung auf die Gemeinden, aber auch auf Bund und Länder zukommen.
1. Ausbau der Kleinkindbetreuung
Das muss ein Schwerpunkt in den kommenden Jahren sein. Die Arbeitsverhältnisse der Menschen verlangen, dass wir in den Gemeinden ein Angebot an Betreuung für 0 bis 2,5jährige Kinder bereitstellen. Der Ausbau von Kinderkrippen ist notwendig, daran führt sicherlich kein Weg vorbei. Da geht es einerseits um die Schaffung von Räumlichkeiten, andererseits natürlich auch ums Personal. Beide Aufgaben werden wir allein finanziell nicht stemmen können, hier brauchen wird eine Offensive, die von Bund und Bundesländern mitgetragen wird und sie auch an der Finanzierung beteiligt.“
2. Neuordnung der Zuständigkeiten
Derzeit sind vier Ministerien, neun Bundesländer und mehr als 2.000 Gemeinden für die Organisation der Kinderbetreuung zuständig. Im Zuge einer Aufgabenreform sollte man diesen Wirrwarr entflechten und die Zuständigkeit den Gemeinden übertragen. Der Bund soll Rahmenrichtlinien über Minimalstandards erarbeiten, die den Gemeinden die nötige Flexibilität lassen, um für die beste Kinderbetreuung zu sorgen. Dabei muss auch darauf Rücksicht genommen werden, dass es große regionale Unterschiede geben kann. Die Kinderbetreuung in einer Gegend mit hohem Migrantenanteil ist sicherlich anders zu organisieren, als in einem Bergdorf.
3. Verkleinerung der Gruppen
„Die Gruppen sind sicherlich zum Teil immer noch zu groß“, glaubt Mödlhammer. „Hier werden wir uns mit Experten zusammensetzen und diskutieren, ob Verkleinerungen sinnvoll sind und in welchem Ausmaß.“
4. Ausbau der schulischen Nachmittagsbetreuung
„In diesem Bereich ist in den letzten Jahren am meisten passiert. Der Bedarf steigt aber immer weiter an. Hier stehen wir einerseits vor einem räumlichen Problem, das wir lösen müssen. Ein nicht adaptierter Klassenraum ist für Nachmittagsbetreuung oft nicht geeignet. Zum anderen brauchen wir hier eine durchdachte Lösung, wie wir diese Aufgabe personell lösen. Derzeit wird das zum Teil von den Lehrer/innen gemacht, zum Teil von Personal, das die Gemeinde anstellt. Das ist schwer zu administrieren, ich würde mir hier eine einfachere Lösung wünschen.“
5. Aus- und Weiterbildung
„Ich bin sehr dafür, dass wir die Aus- und Weiterbildung beim Personal in der Kinderbetreuung weiter forcieren. Ich fände die akademische Ausbildung für Führungsfunktionen in Kindergartenpädagogik auch sinnvoll, ich halte nur nichts davon, dass jede Pädagogin einen Hochschulabschluss haben muss. Die Befragungsergebnisse zeigen sehr deutlich, dass die Menschen mit der Ausbildungsqualität höchst zufrieden sind. Unsere Ausbildungsstätten haben in jeder Hinsicht das Niveau, das in anderen Ländern als akademische Ausbildung gilt. Die weiterführenden Kollegs, die es jetzt schon gibt, oder die ergänzende akademische Ausbildung für Führungskräfte sind sicherlich ein guter Weg.“
6. Besoldungsreform
„Wir sind auch bereit über eine Reform der Besoldung zu sprechen“, so Mödlhammer. „Und dabei geht es nicht nur um die Kindergartenpädagog/innen, sondern natürlich auch um die Helfer/innen in den Betreuungseinrichtungen. Wir brauchen ein zeitgemäßes und faires Besoldungsschema, das den heutigen Arbeitsanforderungen entspricht“, so Mödlhammer.
Dennoch sieht Mödlhammer klar auf der Hand liegende Notwendigkeiten in der Kinderbetreuung. „Wir haben zum einen die Kleinkind-Betreuung weiter auszubauen“, so der Gemeindebund-Chef. „Die Arbeitsverhältnisse der Menschen verlangen das, daher werden wir das weiterhin forcieren.“
Entflechtung der Zuständigkeiten unverzichtbar
Zum anderen wünscht sich der Gemeindebund-Chef eine Entflechtung der Zuständigkeiten. „Die Gemeinden können die Kinderbetreuung ausgezeichnet selbst organisieren. Der Bund soll einige Rahmenrichtlinien vorgeben, die den Gemeinden Flexibilität ermöglichen. Den Rest machen wir alleine. Dann würde auch das Hin- und Herschieben der Geldmittel ein Ende haben. Die Gemeinden sollen das machen und dafür auch direkt das Geld bekommen.“