23.9.2014 – Die Zahl der asylsuchenden Menschen in Österreich steigt in den letzten Monaten aufgrund der vielfältigen Brennpunkte im Nahen Osten, aber auch anderswo, deutlich an. Die Probleme, die daraus entstehen sind durchaus relevant und führen zu einer sehr intensiv geführten Debatte.
Ohne mich in die (partei)politisch motivierten Ebenen dieser Debatte einlassen zu wollen: Ich glaube, dass es Gründe gibt, warum die Situation so ist, wie sie ist.
Erstens: Die Bürgermeister/innen vertreten in der Regel nicht ihre eigenen Interessen, sondern jene der Menschen, die in ihrer Gemeinde leben. Hier gibt es vielfach Ängste bei den Menschen, die oft schwer zu entkräften sind. Dass die Unterbringung von 250 Asylwerber/innen für eine 1.500 Einwohner-Gemeinde nicht zumutbar ist, liegt auf der Hand.
Zweitens: Kleinere Quartiere sind wesentlich besser und auch für die Bevölkerung ein geringeres Problem als solche, in denen dutzende oder hunderte Menschen untergebracht werden sollen. Darauf habe ich immer wieder hingewiesen. In den vergangenen Jahren ist viel zu wenig geschehen, um mehr kleine Quartiere zu finden, anstatt große Flüchtlingszentren zu schaffen.
Drittens: Eine menschenwürdige Unterbringung und Verpflegung ist um rund 20 Euro pro Person und Tag schwer zu bewerkstelligen. Das ist mit ein Grund dafür, warum Unterbringungen oft nur in großer Zahl an einem Standort möglich sind. In kleinen Einheiten ist es sehr schwer, das zu diesen Tarifen zu organisieren. (Anm.: die aktuellen Tarife finden Sie hier in § 9)
Viertens: Die durchschnittliche Verfahrensdauer ist viel zu lang. Ich verstehe nicht, warum es immer noch oft jahrelang dauert, bis Asylbescheide ausgestellt werden. Die Menschen haben ein Recht auf Klarheit, was ihren Status betrifft.
Fünftens: Die Hürden, damit Asylwerber zumindest teilweise einer Tätigkeit nachgehen können, sind immer noch zu hoch. Die Erfahrungen zeigen, wie schwierig es ist, diesen Menschen die Möglichkeiten zu einer sinnvollen Beschäftigung zu geben. Die Probleme, die aus dieser erzwungenen Untätigkeit entstehen, sind klar ersichtlich. Die Betreuung der Menschen in ihren Quartieren ist mangelhaft, weil die damit betrauten Stellen aufgrund der Anzahl der zu betreuenden Menschen und fehlender finanzieller Mittel damit überfordert sind.
Sechstens: Die Informationspolitik gegenüber den Gemeinden war in den letzten Jahren äußerst mangelhaft. Ich habe jede Menge Rückmeldungen aus Gemeinden, die fragen, wie denn die Rahmenbedingungen für die Unterbringung sind. Wie die Betreuung genau ausschaut? Wie hoch die Tarife sind? Welche Verpflichtungen das beinhaltet, welche Minimalausstattung erforderlich ist, usw.. Nachdem diese Informationen bislang weder vom Bund, noch von den Ländern offensiv an die Gemeinden herangetragen wurden, nehmen wir das nun selbst in die Hand und stellen diese Informationen bereit. (siehe Artikel: Asylquartiere: Was kommt auf eine Gemeinde zu?)
Siebentens: Die Gemeinden vor vollendete Tatsachen zu stellen und ihnen Flüchtlinge in großer Zahl zuzuweisen, wird Ängste und Widerstand nicht abbauen, sondern verstärken. Zielführend und notwendig sind viele persönliche Gespräche und gute Information, ich glaube auch nicht, dass medialer Druck uns hier weiterbringt.
Achtens: Es gibt viele Beispiele, in denen Gemeinden die Unterbringung von Flüchtlingen ausgezeichnet und menschenwürdig organisieren. Ich schlage vor, dass wir diese Fälle als positive Vorbilder hervorheben und zur Nachahmung empfehlen, anstatt Ängste zu schüren und gegenseitige Schuldzuweisungen zu treffen.
Wir alle, Bund, Länder und Gemeinden haben die Verpflichtung Asylwerber/innen und menschenwürdigen Umständen Unterkunft zu geben, bis über ihren Status entschieden ist. Das ist eine gemeinsame organisatorische und finanzielle Verantwortung.
Helmut Mödlhammer
helmut.moedlhammer@gemeindebund.gv.at