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Crowdfunding: Neues Gesetz für Gemeinden

12.5.2015 – Spätestens seit Heini Staudinger‘s alternativem Finanzierungsmodell für seine Waldviertler Schuhe – er ließ sich 2012 mangels Kreditwürdigkeit bei seiner Hausbank stattdessen Kleinkredite von Freunden und Bekannten geben, was ihm aufgrund seiner naturgemäß fehlenden Bankkonzession diverse Probleme mit der Finanzmarktaufsicht brachte – ist Crowdfunding auch in Österreich in Begriff. Mit dem Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) öffnet die Regierung die gesetzlichen Schranken für Unternehmen, ebenso wie für Gemeinden. Am 11. Mai 2015 endete die Begutachtung des Ministerialentwurfs von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, die Gemeindebund-Finanzexperte Konrad Gschwandtner genauer unter die Lupe genommen hat.

Bereits vor zwei Jahren war Crowdfunding Thema im Finanzausschuss des Nationalrates. Im Rahmen eines Sechs-Parteien-Gesprächs im Juli 2013 hat sich auch der Österreichische Gemeindebund für die Möglichkeit von Crowdfunding-Projekten von Gemeinden eingesetzt. Der Bundesgesetzgeber beschränkte sich damals jedoch einmal darauf, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz (AlFMG) u.a. zur Regelung der Beschaffung von Privat Equity Kapital von nicht börsennotierten Unternehmen zu erlassen und beließ es betreffend Crowdfunding bei einem Entschließungsantrag, wonach die Bundesregierung einen nationalen wie auch europäischen Rechtsrahmen ausloten bzw. anstreben sollte. Trotz Zustimmung und Vorschusslorbeeren von allen Seiten sowie diverser Initiativen vor allem von den Grünen und später auch den Neos sollte es bis zum 13. April 2015 dauern, bis der nun vorliegende Gesetzesentwurf für das AltFG in Begutachtung ging.

Wozu Crowdfunding?

Obwohl seit Mitte 2014 wieder ein leichter Aufwärtstrend sowohl bei den Kreditanträgen als auch beim Volumen der vergebenen Bankdarlehen zu verzeichnen ist, ist eines der Hauptargumente für Crowdfunding die seit der Finanzkrise vorherrschende Kreditklemme besonders für Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU’s). Weiters soll diese alternative Finanzierungsform (über Internet-Plattformen sollen die für ein Projekt oder eine Unternehmensgründung notwendigen Mittel über eine große Zahl an kleinen Investments lukriert werden)  Impulse für Unternehmensgründungen und damit auch Arbeitsplätze, für kreative und umweltbezogene Projekte oder Projekte von NGO’s etc. setzen. Auf Anleger-Seite bietet sich durch Crowdfunding die Möglichkeit, Geld über sogenannte Crowdfunding-Plattformen im Internet relativ unkompliziert und mit einer Verzinsung oberhalb der Inflationsrate zu veranlagen. Und zwar mit Risikokapital als Nachranggläubiger. Betreffend Crowdfunding für Gemeinden ist in den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf etwa von Bürgerbeteiligungsmodellen die Rede, die in der Praxis bisher häufig in Form von Photovoltaikanlagen auftreten. Durch das geplante Alternativfinanzierungsgesetz werden sich aber auch auf der kommunalen Ebene neue Anwendungsbereiche für Crowdfunding entwickeln. Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer schätzte das heimische Potenzial für Crowdfunding zuletzt auf 65 Millionen Euro pro Jahr, weltweit sollen es bereits drei bis vier Milliarden Euro – Tendenz steigend – sein.

Zwischen Anlegerschutz und Finanzierungschance

Gegenüber dem Kapitalmarktgesetz und seiner sowohl kosten- als auch haftungsintensiven Prospektpflicht sowie dem angesprochenen Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz sollen durch das Alternativfinanzierungsgesetz nun Erleichterungen und auch Klarheit für Emittenten wie auch Anleger von Crowdfunding-Projekten geschaffen werden, die vor 2012 kaum und zwischenzeitlich nur durch einzelne Informationsschreiben der Finanzmarktaufsicht etwa zu Bürgerbeteiligungsmodellen gegeben war. Da nicht zuletzt aufgrund der Stellungnahmen u.a. von Seiten des Finanzministeriums, des Justizministeriums wie auch der Finanzmarktaufsicht noch umfangreiche Änderungen und Präzisierungen in der Regierungsvorlage gegenüber dem dem vorliegenden Ministerialentwurf zu erwarten sind, nachstehend nur die groben Eckpunkte des geplanten Crowdfunding-Gesetzes:

  • Anwendbar ist das AltFG für Finanzinstrumente (z.B. Nachrangdarlehen, Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, Aktien, Anleihen oder stille Beteiligungen), die zumindest einem Adressatenkreis von 150 Personen angeboten werden. Mit Ausnahme von Anleihen ist das AltFG nur auf Finanzierungsinstrumente ohne unbedingten Rückzahlungsanspruch für den Anleger anzuwenden (Risikokapital). Der Entwurf trifft diverse Regelungen zum Betreiben von Internetplattformen zur Vermittlung von Crowdfunding-Projekten, etwa dass der Betreiber (Vermittler) nicht über eine Bankkonzession verfügen darf und zur Vermeidung von Interessenskonflikten nur in beschränktem Maße selbst als Emittent auf seiner eigenen Plattform auftreten darf sowie dass er gewissen Informations- und Sorgfaltspflichten unterliegt. Eine Verpflichtung für Emittenten, sich solcher Plattformen zu bedienen ist im Entwurf jedoch nicht vorgesehen, womit etwa eine Gemeinde ihr Crowdfunding-Projekt wohl auch über ihre Homepage öffentlich anbieten könnte.
  • Der Entwurf umfasst weiters umfangreiche Regelungen zum Anlegerschutz. Zum einen eine Anlagebeschränkung, womit je Projekt von einem einzelnen Anleger innerhalb von zwölf Monaten höchsten 5.000 Euro veranlagt werden können. Dieser Maximalbetrag kann sich jedoch auf das doppelte durchschnittliche Monats-Nettoeinkommen erhöhen, so dieses dem Emittenten vom Anleger nachgewiesen wird oder ebenfalls über Nachweis auf maximal zehn Prozent des Finanzanlagevermögens des Anlegers. Zum anderen diverse Informationspflichten und auch das Verbot von Nachschusspflichten des Anlegers.
  • Der Entwurf sieht für Crowdfunding-Projekte erst ab 100.000 Euro die in der zugehörigen Verordnung enthaltenen, moderaten Informationspflichten über den Emittenten und dessen Finanzinstrument vor. Im Bereich von Emissionen, deren Volumen zumindest 1,5 Millionen Euro jedoch weniger als fünf Millionen Euro beträgt, sollen durch die Einführung eines vereinfachten Prospekts der Aufwand und die Kosten im Zusammenhang mit der Erstellung und Kontrolle bzw. Billigung von Prospekten durch die FMA reduziert werden. Bei Ausgabe von Aktien oder Anleihen wird die Prospektpflicht insofern erleichtert, als im Bereich von zumindest 250.000 Euro und weniger als fünf Millionen Euro ein vereinfachter Prospekt zu erstellen ist. Zum Schutz der Anleger und der Integrität des Kapitalmarktes unterliegt jedoch ein vereinfachter Wertpapierprospekt jedenfalls der Prospektbilligung gemäß Kapitalmarktgesetz. Ganz generell ist dem Anleger klar zu kommunizieren, dass es sich bei Crowdfunding um eine Hochrisikofinanzierung handelt und eine Verletzung dieser Verpflichtung geht beispielsweise mit besonderen Kündigungsfristen einer Verwaltungsstrafe von bis zu 30.000 Euro einher.

Länder sind am Zug

Wie und in welchem Umfang dieses Rahmengesetz zum Crowfunding betreffend die Gemeinden in der legistischen Umsetzung der Länder konkretisiert wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Bei einer Ende April im Rahmen einer Sitzung erfolgten Rundfrage bei Vertretern der Gemeindeaufsichtsbehörden hat sich gezeigt, dass eine tiefergehende Auseinandersetzung der Länder mit dem neuen Thema Crowdfunding noch aussteht. Nachstehende und weitere Fragen gilt es zu klären:

  • Fällt Crowdfunding unter die aufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht (analog von Darlehensaufnahmen)?
  • Ist diese Finanzierungsform ebenso wie Darlehen nur für außerordentliche Vorhaben einzusetzen?
  • Soll Crowdfunding nur für gewisse Verwendungszwecke möglich sein?
  • Soll es einen Höchstzinssatz (einen marktkonformen Zinssatz) geben, den Gemeinden den Anlegern bezahlen dürfen?
  • Sollte das Begebungsvolumen (z.B. nach Gemeindegröße) gestaffelt werden?
  • Kann Crowdfunding auch bei Gemeindekooperation (etwa von niederösterreichischen oder burgenländischen Verwaltungsgemeinschaften, die über eigene Rechtspersönlichkeit verfügen) eingesetzt werden?
  • Wie hoch ist die Mindest- (z.B. sechs bis acht Jahre) und wie hoch die Höchstlaufzeit (bei Investitionsprojekten maximal die Nutzungsdauer)?

Aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes wäre bezüglich der Rückzahlung auch eine Ansparungsverpflichtung aus laufenden Budgetmitteln anzuregen und ebenso eine klare Ausweisung von Crowdfunding im Schuldennachweis gemäß Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung.

Gemeinden sollten Crowdfunding gezielt einsetzen

Für Gemeinden bleiben daher vorerst noch viele Fragen offen. Aus Gemeindebund-Sicht sollte dieses Instrument aber mit größter Verantwortung gegenüber dem Bürger und zur besseren Bindung der Bevölkerung an Projekte wie einen Nahversorger oder den Bau einer Photovoltaikanlage eingesetzt werden und nicht als Ersatz für ein Bankdarlehen.

 

Autor: Konrad Gschwandtner, Bakk. BA ist Fachreferent in der Abteilung Recht und Internationales im Österreichischen Gemeindebund.

Mit dem neuen Gesetz bekommt auch das Crowdfunding für kommunale Projekte eine neue Basis. © abdrahimmahfar – Fotolia.com