In Salzburg sind nicht gemeldete Zweitwohnsitze seit 1. Jänner 2020 strafbar. In vielen Gemeinden sind Zweitwohnsitzer – auch wenn sie „legal“ sind – außerdem sehr unbeliebt, weil sie die Grundstückspreise in die Höhe treiben. Im Kampf gegen illegale Zweitwohnsitzer setzt die Gemeinde Bad Hofgastein nun einen Detektiv ein, der nicht gemeldete Fälle ausforschen soll.
Die sogenannten Zweitwohnsitzer sind für Gemeinden ein immer wiederkehrendes Thema. Oder Nebenwohnsitzer, Freizeitwohnsitzer, Ferienwohnungsbesitzer – nicht nur die Bezeichnungen, sondern auch die damit verbundenen Abgaben unterscheiden sich in den Bundesländern teils gewaltig. Darin liegt schon die erste große Herausforderung für Gemeinden. Dazu kommt, dass die Definitionen auseinandergehen: Wenn von Zweitwohnsitze(r)n die Rede ist, meint man damit die Anzahl der gemeldeten Fälle, oder aber die Wohnungen bzw. Häuser?
Doch zunächst einmal zum Rechtlichen: Im österreichischen Meldegesetz wird ein „Nebenwohnsitz“ als solcher bezeichnet, wenn jemand im Gegensatz zum „Hauptwohnsitz“ dort einen „Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen“ hat – etwa um dort zu studieren, zu arbeiten oder regelmäßig Freizeit zu verbringen. Eine Person kann mehrere Nebenwohnsitze haben, aber nur einen Hauptwohnsitz. Die amtliche Meldepflicht gilt für alle Wohnsitze.
Detektiv sucht nach illegalen Zweitwohnsitzen
In Salzburg sorgen Zweitwohnsitzer seit Jahren für Diskussionen: In den touristischen Gemeinden passiert es häufig, dass über sogenannte Apartmenthotels Wohnungen über die Hintertür vergeben werden. Sie werden erst als Hotelbetrieb eingereicht und kurzzeitig auch als solche betrieben. Wenn die Zweckwidmung ausläuft, werden daraus Zweitwohnsitze. Die Gemeinden sehen machtlos zu, bzw. wissen nichts davon.
Das Gasteinertal im Salzburger Pinzgau war schon zu k.u.k. Zeiten als Urlaubsort beliebt, mittlerweile sorgen die vielen Zweitwohnsitze aber dafür, dass Wohnungen für Einheimische kaum noch erschwinglich sind. Nun beschäftigt Bad Hofgastein einen Detektiv, um illegale Zweitwohnsitze zu finden.
„Wir haben immer schon für Gästemeldungen einen Kontrolleur beschäftigt. Als das mit den illlegalen Zweitwohnsitzen immer virulenter wurde, hatten wir keine anderen Möglichkeit“, erzählt Amtsleiter Wolfgang Schnöll. „Der Kontrolleur schaut in Verdachtsfällen zum Beispiel, wann jemand zu Hause ist, ob das Auto dasteht, oder ob der Briefkasten ausgeleert wurde.“
Gemeinden sind verpflichtet, gegen illegale Wohnsitze vorzugehen
Im Salzburger Raumordnungsgesetz ist festgelegt, dass maximal 16 Prozent der Wohnungen in einer Gemeinde Nicht-Hauptwohnsitze sein dürfen. Liegt der Anteil darüber, sind Gemeinden dazu verpflichtet, dagegen vorzugehen. Das betont auch Amtsleiter Schnöll: „Wir können uns keinen Vorwurf machen, dass wir nichts dagegen unternehmen.“ Er schätzt, dass es in Bad Hofgastein bei 7.000 Einwohnern etwa 2.300 Nicht-Hauptwohnsitze gibt.
Nicht gemeldete Zweitwohnsitze sind sehr schwierig nachzuweisen – in der Legitimierungsphase hatten sich etwa 380 Personen nachträglich eintragen lassen. Schnöll vermutet, dass es noch weitere gibt. „Ich glaube aber, dass es nicht mehr so viele sind. Wir waren schließlich sehr dahinter, dass sich die meisten anmelden.“
Städter als typische Zweitwohnsitzer
Bad Hofgastein ist nicht die erste Gemeinde, die verschärfte Maßnahmen ergreift. Auch in Zell am See und in Zell am Arlberg waren zeitweise Detektive beschäftigt. Bischofshofen im Pongau beschränkt sich bei der Obergrenze von Zweitwohnsitzen selbst. „Solange es im Gleichgewicht bleibt, ist ja alles in Ordnung. Aber sobald es zu viele werden, ist man als Gemeinde verantwortlich“, so der Bad Hofgasteiner Amtsleiter Schnöll.
Nach dem Stand von 2017 gibt es in Österreich insgesamt 1.199.318 gemeldete Nebenwohnsitze. Ein großer Teil der Personen, die irgendwo in Österreich einen Nebenwohnsitz haben, haben ihren Hauptwohnsitz im Ausland. Meistens haben jene, die in einem bestimmten Bundesland einen Nebenwohnsitz haben, auch im selben Bundesland den Hauptwohnsitz – mit Ausnahme von Wien: So stammt fast die Hälfte aller burgenländischen Nebenwohnsitzmeldungen von Wiener Hauptwohnsitzern. Auch in anderen Bundesländern ist der Anteil der Wiener hoch. Die größte Anzahl an gemeldeten Zweitwohnsitzen hat übrigens Niederösterreich, die wenigsten gibt es in Vorarlberg.
Zurück aufs Land
Die absoluten Zahlen mögen zwar der jeweiligen Größe des Bundeslands geschuldet sein, dennoch zeichnet sich ein gewisser Trend ab: Von 2.095 Gemeinden in Österreich haben nur 59 keine Nebenwohnsitze von Wienern. Der typische Zweitwohnsitzer ist jung, Akademiker, kommt aus der Stadt und betreibt einen Nebenwohnsitz am Land.
Dennoch muss man zwischen den traditionellen „Sommerfrischlern“ mit Ferienwohnsitz im Salzkammergut und den klassischen Zweitwohnsitzern unterscheiden. Besonders das Wiener Umland ist beliebt, der sogenannte „Speckgürtel“ wächst seit Jahren rasant. Das hat Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur der betroffenen Gemeinden.
Ein interessantes Detail am Rande: Es besteht ein Geschlechterunterschied zwischen den Nebenwohnsitzern. In allen Bundesländern sind insgesamt jeweils etwas mehr Frauen als Zweitwohnsitzer gemeldet als Männer – mit Ausnahme von Tirol.
Unterschiedliche Regelungen bei Zweitwohnsitzabgabe
Die Entscheidung, welche Unterkunft als Haupt- und welche als Zweitwohnsitz geführt wird, hat sowohl für die Meldepflichtigen, als auch für die betroffene Gemeinde Auswirkungen: Wer darf wo wählen, welche Schule bzw. Kindergarten besuchen die Kinder, wer räumt die Straße vom Schnee, wer ist bei Förderungen anspruchsberechtigt.
Ein großes Thema ist auch die Wohnsitzabgabe. Diese bundesweit zu vergleichen ist kaum möglich, weil sie sich regional stark unterscheidet. In Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg gibt es etwa eine „Zweitwohnsitzabgabe“. Sie zählt zu den Tourismusabgaben, die unter anderem auch die Ortstaxe und die Gästetaxe umfassen. In touristisch eher ungenutzten Regionen gibt es hingegen keine Zweitwohnsitzerabgaben im eigentlichen Sinn: Dort sind Zweitwohnsitzer vielfach sogar erwünscht. Sie erhalten etwa leerstehende Gebäude in Abwanderungsgebieten.
Illegale Zweitwohnsitze und unterschiedliche Wählerrechte
Probleme gibt es weiterhin dort, wo bestehende Nebenwohnsitze, wie in Bad Hofgastein, nicht gemeldet werden. Diese „illegalen“ Zweitwohnsitzer sorgen vor allem in Salzburg für Unmut, weil sie Wohnungspreise in die Höhe treiben und Leerstände blockieren.
Auch bei den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich stellten Nebenwohnsitze einen Streitpunkt dar: So konnten Bürgermeister im Zweifelsfall eigenhändig entscheiden, ob ein Nebenwohnsitzer in der Gemeinde wahlberechtigt ist. Das sorgte für Kritik. Nur in Niederösterreich und im Burgenland können Zweitwohnsitzer auf kommunaler Ebene mitbestimmen. Laut Bundesverfassung widerspricht die differenzierte Regelung aber keinem Gesetz.
Zweitwohnsitzer sind in vielen Gemeinden aus mehreren Gründen nicht immer gern gesehen: Die zusätzlichen Kosten, die für die kommunale Verwaltung entstehen, können nicht durch die Tourismusabgaben gedeckt werden. Außerdem treiben Zweitwohnsitzer Immobilienpreise in die Höhe und wirken sich negativ auf zur Verfügung stehendes Bauland aus. Das Phänomen der Kalten Betten verursacht ebenso Einbußen wie die schrumpfenden Kommunalabgaben. Auch auf demografischer Ebene stellt der Trend zum Zweitwohnsitz eine Gefahr dar, weil es besonders junge Gemeindebürger zur Arbeit in Ballungsräume zieht. Die Anzahl der in der Gemeinde Beschäftigten nimmt ab und der Wirtschaftsstandort wird geschwächt.
Einheitliche Definition gefordert
Dass Nebenwohnsitze in Gemeinden aber nicht immer auf Ablehnung stoßen, wurde bereits anhand der Abwanderungsgemeinden gezeigt. Insgesamt muss berücksichtigt werden, dass Gemeinden in ländlichen Regionen vor anderen Herausforderungen stehen als jene in Siedlungsräumen. Weil die Grundvoraussetzungen so verschieden sind, würde es den Gemeinden umso mehr bringen, selbstständig über Zweitwohnsitzabgaben und deren Höhe bestimmen zu können. Schließlich wäre eine einheitliche, bundesweite Definition von Nebenwohnsitzen im Melde-, Abgaben-, Raumordnungs- und Baurecht nur wünschenswert.