Die Eisenbahnkreuzungsverordnung hat unter Österreichs Gemeinden für großen Aufruhr gesorgt. Österreichs Eisenbahnübergänge sollen sicherer werden. Die Kosten für die technische Aufrüstung trägt allerdings nicht der, der anschafft, sondern diese werden auf andere Ebenen abgewälzt. Blickt man in die unterschiedlichen Verordnungsentwürfe entsteht der Eindruck, dass die wirklichen Kosten nicht ausreichend eingeschätzt wurden.
Worum geht es bei der Eisenbahnkreuzungsverordnung?
Die Verordnung, die 2012 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass binnen zwölf Jahren ab Inkrafttreten der Verordnung ausnahmslos alle Eisenbahnkreuzungen behördlich überprüft sein müssen und binnen 17 Jahren ab Inkrafttreten den erhöhten Sicherheitsbestimmungen und Standards entsprechen müssen. Bei Bahnübergängen für Fußgänger und Radfahrer ist die Verordnung noch strenger: Für die Überprüfung bleibt nur ein Jahr Zeit – die Frist ist bereits im September 2013 abgelaufen – für die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen sind drei Jahre ab Inkrafttreten vorgesehen.
Der erste Entwurf im Jahr 2009 beinhaltet nur den Hinweis, dass beträchtliche Kostenfolgen für Bahnbetreiber entstehen würden. Konkrete Zahlen oder ein Hinweis, dass hier im Zweifelsfall auch die Straßenerhalter (Länder und Gemeinden) zu 50 Prozent beteiligt sind, fehlen hier.
Zwei Jahre später folgte der nächste Entwurf mit einer Gesamtkostenschätzung von 300 Millionen Euro, der im Zuge einer Nachreichung auf 250 Millionen Euro heruntergeschraubt wurde. Einen Hinweis oder zumindest eine Schätzung, wie hoch die Kosten auf Länderebene oder Gemeindeebene sind, blieb auch der neue Entwurf gänzlich schuldig.
Die wesentlichsten Kritikpunkte:
Es fehlt eine realistische Kosteneinschätzung der einmaligen Investitionskosten ebenso, wie die der laufenden Überprüfungs-, Instandhaltungs- und Betriebskosten.
Die Privatbahnen rechneten mit Investitionskosten von rund 500 Millionen Euro. Damit übersteigt alleine diese Schätzung schon jene Angaben im Entwurf für die Verordnung von 250 Millionen Euro. Dabei sind der Anteil der Straßenerhalter, sowie die Kosten für die Instandhaltung noch gar nicht mitberücksichtigt.
Die Gemeinden, so die Eisenbahnkreuzung in ihren Bereich fällt, sind laut Paragraph 48 Abs. 2 Eisenbahngesetz dazu verpflichtet, im Zweifel die Hälfte der Kosten für die bauliche Umgestaltung zur Gänze zu übernehmen. Eine entsprechende Förderlandschaft fehlt bis dato. Jene Gemeinden, die mehrere ungesicherte Bahnübergänge zu sichern haben, sehen sich mit hohen Kosten konfrontiert, die sie mangels Mitspracherecht weder beeinflussen noch steuern können.
Zahlen rund um die Eisenbahnkreuzungen
Derzeit gibt es rund 5.700 Eisenbahnkreuzungen in Österreich – 3.700 davon sind technisch nicht gesichert.
Die Unfälle, so tragisch sie im Einzelfall auch sind, sind in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen: Gab es 2007 noch 191 Unfälle, so waren es 2012 nur mehr 140 – 56 davon passierten auf Eisenbahnkreuzungen, die bereits gesichert waren. Bei 1.974 technisch gesicherten und 3.712 technisch nicht gesicherten Eisenbahnkreuzungen passierten damit im Verhältnis sogar mehr Unfälle auf technisch gesicherten Eisenbahnkreuzungen. 2012 kamen 15 Menschen bei diesen Unfällen ums Leben, 32 wurden schwer und 50 leicht verletzt.
Zum Vergleich: Insgesamt geschehen in Österreich jährlich rund 35.000 Verkehrsunfälle mit insgesamt 520 Toten.
Der Österreichische Gemeindebund setzt sich dafür ein, dass jene Eisenbahnkreuzungen, an denen gehäuft Unfälle passieren, technisch besser gesichert werden. Alle Eisenbahnkreuzungen, ohne Mitspracherecht der Straßenerhalter allerdings technisch aufzurüsten, übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen bei weitem. Die Kosten für die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung bewegen sich je nach Ergebnis des Gutachtens zwischen 150.000 und 450.000 Euro. In vielen Gemeinden stehen mehrere technisch nicht gesicherte Eisenbahnkreuzungen, die oft erst durch Zuschicken der Rechnung von der Höhe ihrer Beteiligung erfahren.
Wieso reichte der Gemeidebund einen Feststellungsantrag vor dem VfGh ein?
Bereits in der Entstehungsphase haben die Gemeindevertreterverbände ihre schärfsten Bedenken gegen diese Verordnung geäußert. Sogar der Konsultationsmechanismus, den der Österreichische Gemeindebund in letzter Reaktion auslöste, wurde sowohl von Verkehrsministerin Doris Bures als auch von Bundeskanzler Werner Faymann gänzlich ignoriert.
Gemäß der Vereinbarung aus dem Jahre 1998, die die Informationspflichten, Verhandlungs-, sowie Kostentragungspflichten regelt, hat der Bund seine Verordnungsentwürfe samt einer Darstellung der finanziellen Auswirkung auf die Gebietskörperschaften allen Partnern dieser Vereinbarung mit mindestens vierwöchiger Frist zur Stellungnahme zu übermitteln. Für den Fall, dass ein Rechtsetzungsvorhaben des Bundes finanzielle Belastungen anderer Gebietskörperschaften nach sich zieht, können diese verlangen, dass in einem sogenannten Konsultationsgremium Verhandlungen über die durch dieses Vorhaben verursachten finanziellen Ausgaben aufgenommen werden.
Obwohl der Österreichische Gemeindebund nicht weniger als vier Mal Verhandlungen über die Kostenfolgen im Konsultationsgremium eingefordert hatte, hat der Bundeskanzler diese als Vorsitzender des Gremiums nicht aufgenommen. Die Verordnung ist nun seit einem Jahr in Kraft, zusammengetreten ist das Gremium bis heute nicht.
Nachdem der Bund mit dieser Vorgehensweise aus Sicht des Gemeindebundes wesentliche Pflichten aus dieser Vereinbarung verletzt hatte, sah er sich gezwungen erstmals Neuland zu betreten und den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzurufen. Der Verfassungsgerichtshof soll ab 5. März 2014 klären, ob Bestimmungen der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus verletzt wurden.
Beispiele aus den Gemeinden:
- Steirische Gemeinden: Kommunalnet-Artikel vom 17.7.2013
- Zusammenstellung von Beispielen aus ganz Österreich: Kommunal-Schwerpunkt, 1. Ausgabe 2014