In Sölden wird niemand alleingelassen: trotz den rigorosen Quarantäne-Maßnahmen läuft die Grundversorgung als auch die Nachbarschaftshilfe reibungslos. Bürgermeister Ernst Schöpf lobt seine Bürger, und auch seine Tiroler Amtskollegen, die diese schwierige Zeit krisensicher meistern.
Der idyllische Ferienort in den Alpen Sölden läuft im Ausnahmezustand: Seit dem 17. März 2020 steht die Gemeinde im Tiroler Bezirk Imst unter Quarantäne. Neben den Ausgangbeschränkungen, die in ganz Österreich den Alltag bestimmen, heißt das, dass niemand Sölden verlassen oder betreten darf – von der Sicherstellung der Grundversorgung abgesehen. Ernst Schöpf, der Bürgermeister des etwa 3.100 einwohnerstarken Schiortes, spricht über Herausforderungen, aber auch positive Aspekte der Krise.
Ausreise ist unglaublicher bürokratischer Aufwand
Bis Mitte April wird die Gemeinde-Quarantäne vorraussichtlich noch dauern, doch die Maßnahmen werden bereits diesen Freitag, dem 3. April, ein wenig gelockert. Mit gewissen formalen Hinterlegungen können nämlich jene 650 Menschen aus Sölden ausreisen, die in den lokalen Tourismusbetrieben tätig sind, und seit zwei Wochen dort ausharren müssen.
Bürgermeister Ernst Schöpf freut sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wieder zu ihren Liebsten nach Hause dürfen, ist aber auch erstaunt über den enormen bürokratischen Aufwand dahinter. Derzeit wird am Gemeindeamt auf Hochtouren mit Botschaften, dem Außen- und dem Gesundheitsministerium zusammengearbeitet, um die Ausreise für diese 650 Menschen aus insgesamt 23 Nationen zu ermöglichen.
Großes Lob an Söldnerinnen und Söldner
Unter den Söldner Bürgerinnen und Bürger sei die Lage aber ruhig, freut sich der Bürgermeister: „Die Stimmung ist Gott sei Dank noch sehr gut, die meisten halten sich vorbildlich an die Maßnahmen – hier muss ich ein großes Lob aussprechen-, auch die Polizei bestätigt das. Wir in diesen Talschaften sind ja durchaus geübt im von-der-Außenwelt-abgeschnitten-sein, bedingt durch Lawinen und Hochwasser. Die Quarantäne hat uns auch nicht am schlimmsten Fuß erwischt, da die Wintersaison schon geschlossen wurde und die Gäste bereits am Vortag ausgereist sind“, berichtet Ernst Schöpf.
Bürgermeister als Kummerkasten und Krisenmanager
„Als Bürgermeister ist man gerade mehr denn je Kummerkasten der Leute, gleichzeitig muss man schauen, dass im Hintergrund alles läuft: Von der Sicherheit über die ärtzliche Versorgung bin hin zum Abwassermanagement. Die Grundversorgung stellt aber kein Problem dar, die Lager sind gut gefüllt – wir haben ja auch noch mit vielen Gästen gerechnet“, bericht der Bürgermeister.
Dass auch wirklich niemand ohne Lebensmittel oder Medikamente dasteht, dem ist der Zusammenhalt im Ort zu verdanken. Das Gemeindeamt bietet zwar Hilfsfahrten für Menschen in der Risikogruppe an, musste aber noch kein einziges Mal einspringen, da die Nachbarschaftshilfe so reibungslos funktioniert.
„Tiroler Ortschefs sind tolle Krisenmanager“
„Man schaut jetzt noch schärfer auf die Nachbarn, gerade was die Älteren betrifft. Niemand wird alleine gelassen“, freut sich Schöpf. „Es ist ein schönes Erlebnis, diese Solidarität zu sehen. In dieser Krise entdeckt man auch eine neue Genügsamkeit“, zeigt sich der Bürgermeister optimistisch. Als Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes will Schöpf auch die Tiroler Ortschefs loben: „Die Tiroler Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind ganz tolle Krisenmanager.“
Den heftigen Kritik-Hagel gegen die Tiroler Tourismusorte sieht Schöpf als unverhältnismäßig: „Das kann ich nicht mehr ganz nachvollziehen, das grenzt schon am Hysterischen. Die Frage, ob man früher Orte sperren hätte sollen, kann man im Nachhinein immer besser beantworten. Aber manche Bücher kann man nicht von hinten lesen“, so Schöpf.
Gemeinde-Alltag in Krisenzeiten
Journaldienste werden am Gemeindeamt gehalten, aber in heruntergefahrener Form, der Parteienverkehr wurde eingestellt. Wer ein dringendes Anliegen habe, möge das per Telefon vortragen, so der Bürgermeister. Nur das Meldeamt ist besetzt, da das Abmeldeprozedere für die Tourismusmitarbeiter abgewickelt werden muss, direkten Kundenkontakt gebe es dabei aber keinen. Die Söldner Kindergärten und Schulen konnten ganz geschlossen werden, da es kein Kind im Ort gibt, das Betreuung bedarf. Die ganze Gemeinde ist also auf Minimalleistung heruntergefahren.
„Meine Hoffnung ist, dass die Maßnahmen so weit wirken, um sie nach Ostern wirklich lockern zu können. Die Ausgangsbeschränkungen sind auch eine große psychische Belastung, und ich hoffe, dass wir bald wieder mehr Luft bekommen“, so Ernst Schöpf.