Sogenannte Anschubfinanzierungen finden vor allem dann statt, wenn der Bund ein gewünschtes Verhalten der Länder und Gemeinden in Politikfeldern, in denen er kompetenzrechtlich nicht bzw. nur als Grundsatzgesetzgeber zuständig ist, erreichen und vertiefen will, indem er mit (Förder)Mitteln aus dem Bundesbudget Anreize setzt. Zumeist haben diese Förderungen bzw. 15a-Vereinbarungen jedoch den Nachteil, dass sie zum einen keine vollständige und auch keine langfristig gesicherte Abgeltung der Mehrausgaben für die betreffenden Gebietskörperschaften bieten und zum anderen letztlich alle Gemeinden unter Druck bringen, entsprechende Maßnahmen durchzuführen, obwohl vielleicht lokal gar kein Bedarf dafür besteht.
Finanzierungslücke bei Ganztagsschulen schließen
Im Vertrauen auf eine tragfähige Finanzierungslösung auf Basis der 2013 geschaffenen und später in das Bildungsinvestitionsgesetz übergeführten 15a-Vereinbarung haben viele Gemeinden in den letzten Jahren mithilfe der Fördermittel des Bundes in den Ausbau ganztägiger Schulformen investiert. Gerade auch der Betrieb (v.a. die Personalkosten) stellt sie aber vor enorme Herausforderungen. Im Rahmen der 2019 als Übergangslösung bis zu einem neuen Finanzausgleich ab 2022 erfolgten Novelle wurde den Gemeinden seitens des Bundes in Aussicht gestellt, dass mit dem FAG 2022 eine nachhaltige Finanzierungslösung kommt. Da das FAG 2017 nun bis Ende 2023 verlängert wird, braucht es aber eine Übergangslösung für die Schuljahre 2022/23 und 2023/24 (die Finanzierungslücke beträgt fast 100 Millionen Euro) und anschließend – mit dem künftigen FAG 2024 – eine tragfähige Finanzierung samt kompetenzrechtlichen Klarstellungen, in welchem Ausmaß die Gemeinden als Schulerhalter bei den ganztätigen Schulformen tatsächlich zuständig sind.
Gerade im Zukunftsbereich Bildung ist es nicht zu rechtfertigen, dass bereits vom Bund zugesagte Mittel verfallen (Restmittel aus der alten 15a-Vereinbarung) und laufende Mittel des Bildungsinvestitionsgesetzes wegen starrer Verteilungsschlüssel nicht abgerufen werden können. Das beschädigt nicht nur das Vertrauen der Gemeinden in die Finanzierbarkeit ganztägiger Schulformen, sondern würde letztlich auch zu einer Erhöhung der Elternbeiträge und einem Rückbau des Angebots an Ganztagsschulen führen. Unterstützung kam im Mai auch in Form von einschlägigen Beschlüssen der Landesfinanzreferenten und der Landeshauptleute. Weitere politische Gespräche sollen folgen.
Community Nurses – Bitte keinen Schnellschuss!
Noch bevor eine hinreichende inhaltlich-organisatorische Diskussion zu „Community Nurses“ geführt wurde, hat das Sozialministerium diese in einem Vorentwurf bereits auf der Gemeindeebene verortet (warum nicht auf Landesebene oder bei den Trägerorganisationen?) und des Weiteren soll die Anschubfinanzierung (bis 2024) diesmal nicht einmal mehr aus dem Bundesbudget stammen, sondern aus den EU-Zuschüssen der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF). Aber der Reihe nach.
Gemäß dem Regierungsprogramm sollen (vorerst) in 500 Gemeinden sogenannte Comunity Nurses (CN) in der Qualifikation diplomierter Gesundheits- und Krankenpflegekräfte als zentrale Ansprechpersonen für Angehörige und Pflegebedürftige etabliert werden. Das Leistungsportfolio soll von Beratung und Koordination mobiler Pflege- und Betreuungsdienste sowie medizinischer und sozialer Leistungen, über Präventionsarbeit (u.a. durch Hausbesuche bei Personen ab dem 75. Lebensjahr) bis hin zur gesundheitlichen Basisversorgung reichen. In den bisherigen Gesprächen der „Taskforce Pflege“ gingen die Wünsche und Anforderungsprofile an Community Nurses teilweise noch weiter.
Gute Planung erforderlich
Bis 2024 sollen dafür rund 54,2 Millionen Euro aus ARF-Zuschüssen der EU. Abhängig von Qualifikation und Dienstalter könnten damit jährlich rund 250 bis 300 diplomierte Kräfte finanziert werden, jedoch ohne jegliche Infrastruktur (Büro, Dienstwagen etc.). Ob diese Zahl für 500 Pilotgemeinden reicht und ob Community Nurses in weiterer Folge über den künftigen Finanzausgleich vom Bund abgegolten werden, steht auf einem anderen Blatt. Klar ist jedoch, dass der Druck auch auf Nicht-Pilotgemeinden steigen würde, ebenfalls Community Nurse-Leistungen anzubieten.
Bevor nun durch eine solche Anschubfinanzierung im Schnellschuss-Verfahren ohnehin schon knappes Gesundheits- und Pflegepersonal in die Gemeindestuben Einzug hält, sollte im Detail besprochen werden, wie, welche gewünschten und auch finanzierbaren Leistungen regional und wohnortnahe und unter Einbindung der bestehenden Träger (Doppelgleisigkeiten vermeiden und Synergien nutzen) effektiv und effizient angeboten werden können und wer dieses Personal beschäftigt und finanziert. Hier ist etwa denkbar, dass teils die Länder, teils die Träger der Hauskrankenpflege regionale Personalpools vorhalten und gefördert bekommen und daraus die Angehörigen/Pflegebedürftigen Leistungen abrufen können (z.B. Beratung und Hausbesuche) oder auch die Gemeinden – z.B. in Form eines Vortragsabends oder eines Pflege-Sprechtags.
Zum Autor: Konrad Gschwandtner ist Fachreferent der Abteilung Recht und Internationales beim Österreichischen Gemeindebund.