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Plötzlich abgewählt, was nun?

Petra Weberhofer war vor gar nicht langer Zeit noch Bürgermeisterin von St. Lorenzen im Mürztal. Drei Jahre durfte die 49-Jährige an der Spitze der obersteirischen Gemeinde stehen. Am 28. September 2023 war plötzlich Schluss. Der Gemeinderat wählte die Bürgermeisterin von einem auf den anderen Tag ab. Der Grund Misstrauensantrag wegen „Personalproblemen“. Seitdem steht der ehemalige Bürgermeister Alois Doppelhofer als neuer alter Bürgermeister an der Spitze der knapp 3800 Einwohner starken Gemeinde. Was wie der Stoff für ein Sommer-Theaterstück am Land klingt, musste die abgewählte Bürgermeisterin und heutige Vizebürgermeisterin Petra Weberhofer live miterleben – und „aushalten“ lernen.

„Mir wurde die Arbeit genommen“

„Mir wurde von einen Tag auf den anderen meine Arbeit genommen“, sagt Petra Weberhofer. Am Abend wurde sie abgewählt, am nächsten Tag hatte sie eine halbe Stunde Zeit „unter Aufsicht“ ihr Büro zu Räumen. Dann war Schluss. „Ich konnte keine geordnete Übergabe machen, meine Arbeit nicht richtig abschließen, es war einfach aus“, erzählt sie.

Bürgermeisteramt weg, Hauptberuf weg

Das Problem bei der plötzlichen Bürgermeister-Abwahl war der unglückliche Umstand, dass Petra Weberhofer in ihrem Hauptberuf Vertragsbedienstete auf der Gemeinde war, jedoch in dieser Funktion seit zwei Jahren wegen des Bürgermeisterinnen-Jobs karenziert war. „Nach den Vorwürfen rund um meine Person – „Auffälliger Personalwechsel“ – und die Abwahl als Bürgermeisterin wollte ich klarerweise nicht zurück in den Gemeindedienst“, sagt die 49-Jährige.

Mangelnde soziale Absicherung

Aber das ist noch nicht alles: Da Petra Weberhofer als Bürgermeisterin abgewählt wurde, aber gleich danach das Amt der Vizebürgermeisterin im Gemeinderat übernahm, fiel sie um die sozialrechtliche Absicherung nach Amtsverlust um. Die bundes- und landesrechtlichen Regelungen sehen nämlich vor, dass Bürgermeister nach der Beendigung aller politischen Funktion Anspruch auf Bezugsfortzahlung haben (Details können hier nachgelesen werden https://gemeindebund.at/bezugsfortzahlung-wie-lange-greift-das-soziale-netz-fuer-buergermeisterinnen-und-buergermeister/), jedoch nicht, wenn man, wie im Fall von Petra Weberhofer – von der Bürgermeisterin zur Vizebürgermeisterin wechselt.

Und so stand Petra Weberhofer ohne Job und Absicherung da. Mit 31. Dezember 2023 hat Petra Weberhofer schließlich ihr Dienstverhältnis als Vertragsbedienstete mit der Gemeinde einvernehmlich gelöst. Seitdem ist die 49-Jährige auf Jobsuche. „Aktuell lebe ich von 1400 Euro Aufwandsentschädigung als Vizebürgermeisterin. Das ist nicht nichts, aber für ein Leben als alleinerziehende Frau mit zwei Kindern nicht schaffbar“, sagt Weberhofer. Daher rät sie auch allen Bürgermeisterinnen: „Man braucht unbedingt einen Job als Sicherheit neben dem Bürgermeisteramt. Denn der Job in der Politik ist nicht sicher, es kann immer etwas sein, oder man kann, so wie ich von einen Tag auf den anderen Tag abgewählt werden und dann steht man da“, erzählt Petra Weberhofer.

Der Grund für die Abwahl

Weil es anfangs einen Personalmangel und später Personalwechsel gegeben habe, wurde der 49-Jährigen „auffälliger Personalwechsel“ vorgeworfen. „Wir haben bei uns die Situation, dass wir von Firmen wie der Veost, der Norske Skog und Co umgeben sind, die einfach besser zahlen, als für einen Job im Gemeindeamt“, erklärt Weberhofer den Mangel sowie die Fluktuation des Personals in der Gemeinde. Dazu sei gekommen, dass ihr Amtsleiter ein Jahr im Krankenstand gewesen sei. „Ich selber war dann nicht mehr „nur“ Bürgermeisterin, sondern habe mich auch um die Bauagenden und das Standesamt gekümmert. Natürlich war das viel“, weiß sie.

60 Stunden hat Petra Weberhofer als Bürgermeisterin pro Woche gearbeitet. 30 Jahre war sie Vertragsbedienstete auf der Gemeinde, ein Jahr habe sie die beiden Jobs parallel ausgeübt. Danach habe sie sich als Vertragsbedienstete karenzieren lassen. „Beides war dann einfach zu viel“, erinnert sich Petra Weberhofer.

Menschenunwürdiger Umgang

Was der ehemaligen Bürgermeisterin aber am meisten zu schaffen machte, sei der persönliche, menschunwürdige Umgang gewesen. „Ich war und bin immer gerne für die Bürger:innen da, arbeite gerne für die Gemeinde und die Gemeinschaft. Nach meiner Auffassung, sollte man als Kommunalpolitiker das Wohl der Bürger:innen in den Vordergrund stellen und nicht die Parteipolitik oder männliches Ego an erste Stelle stellen“, ist Weberhofer enttäuscht.

„Abwahl war ein Angriff auf mich als Frau“

„Die Abwahl war in erster Linie ein Angriff auf mich als Frau. Und das tut schon weh“, sagt die ehemalige Bürgermeisterin. Dabei war und ist ihr die Motivation von Frauen in der Kommunalpolitik ein wichtiges Anliegen. Petra Weberhofer war auch bei den Netzwerktreffen für Bürgermeisterinnen des Österreichischen Gemeindebundes immer dabei.

Ohne Mehrheit im Gemeinderat – schwierige Arbeit

Ohne Mehrheit im Gemeinderat (7 SPÖ, 4 Liste WIR, 10 ÖVP) sei es zudem nicht leicht gewesen, Beschlüsse durchzubringen. „Du bist immer gefordert, dir Mehrheiten zu suchen“, erzählt sie. Mit der Liste WIR habe das anfangs ganz gut funktioniert. „Bis ein Teil umgefallen ist und sich gemeinsam mit dem ehemaligen Bürgermeister Alois Doppelhofer heimlich verbündet haben und mich abgewählt haben“, sagt Petra Weberhofer.

Auch wenn sie die Kommunalpolitik noch nicht abgeschrieben hat – als Vizebürgermeisterin bleibt sie weiterhin im Amt – will sich die Steirerin nun primär um eine Arbeit und die finanzielle Sicherheit kümmern.

Dankbar ist die ehemalige Bürgermeisterin für ihr gutes Netzwerk an Freunden, Familie und Menschen, die ihr guttun und zur ihr stehen. „Wenn du das nicht hast, fällst du in ein tiefes Loch“, warnt Petra Weberhofer vor den Begleiterscheinungen bei plötzlichem Jobverlust. Trotz der unerwarteten Abwahl von einem Tag auf den anderen, ist Petra Weberhofer wieder positiv gestimmt: „Ich bin wieder zuversichtlich und lass mich auch nicht so schnell unterkriegen.“

Sotiria Peischl, MA

Sotiria Peischl, MA

Pressereferentin, Chefredakteurin Kommunalnet.at | sotiria.peischl@gemeindebund.gv.at
(Bild: ZVG)