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Plastikfreie Gemeinden: Aus einem Tropfen wird eine Welle

Der Erfahrungstausch von Gemeinden, die auf dem Weg zur Plastikfreiheit sind, zeigte, mit wieviel Begeisterung und Kreativität hier Menschen am Werke sind. Neben tollen Best-practice-Beispielen stand aber vor allem auch der Austausch aller Teilnehmer im Mittelpunkt.

St. Valentin in Niederösterreich ist die derzeit bekannteste plastikfreie Gemeinde. Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr nutzte das mediale Interesse, um auch andere Gemeinden auf ihrem Weg zu konkreten Maßnahmen zu ermutigen. Aus ihren Bemühungen ist am 5. Juni 2019 der erste Erfahrungsaustausch der plastikfreien Gemeinden entstanden. Zum Pilotversuch gekommen sind rund 30 Gemeindevertreter/innen, der Bürgermeister der Gemeinde Marchtrenk, Paul Mahr, und die Mödlinger Stadträtin Franzsika Olischer haben neben Suchan-Mayr über ihre Erfahrungen gesprochen.

Bei einem Open Space konnten die Teilnehmer/innen sowohl ihre Fragestellungen als auch ihre Erfahrungen einbringen. (Bild: ZVG)
Bei einem Open Space konnten die Teilnehmer/innen sowohl ihre Fragestellungen als auch ihre Erfahrungen einbringen. (Bild: ZVG)

Mit kleinen Schritten beginnen

Obwohl alle drei Gemeinden mittlerweile bereits sehr umfassende Programme umgesetzt haben, betonten die Gemeindevertreter unisono, dass es am Beginn wichtig ist, eine Maßnahme nach der anderen anzugehen und sich nicht zu große Ziele zu stecken. „Oft wird man gefragt, warum man den Weg aus dem Plastikverbrauch wählen soll, wenn doch die wahren Verschmutzer an ganz anderen Orten zu finden sind. Da muss man sagen, dass man erst einmal nur bei sich ansetzen kann und sich durch lokale Maßnahmen nicht alle Probleme lösen kann. Hier sind auch Maßnahmen auf anderen Ebenen nötig. Durch Vereinbarungen auf internationaler Ebene sehe ich aber auch hier mehr Bewusstsein“, betonte Olischer etwa in ihrem Statement.

Speziell an den Bestrebungen in St. Valentin ist, dass am Beginn aller Pläne ein Gemeinderatsbeschluss stand. „Der Beschluss war mir damals wichtig, damit dieses Thema auf eine überparteiliche Ebene gehoben wird und sich möglichst viele damit identifizieren können“, erzählt Suchan-Mayr. Mittlerweile gibt es plastikfreie Feste, Betriebe und sogar in der Pfarre, Kindergärten und Schulen wird für das Thema sensibilisiert. Obwohl vom Gemeinderat die aktive Unterstützung etwas gesunken ist, ist Suchan-Mayr von der Tragweite des Projekts überzeugt: „Wir haben gesehen, dass man mit noch so einem kleinen Tropfen eine ganze Welle auslösen kann.“

Die Teilnehmer waren aus vielen unterschiedlichen Bundesländern angereist. In der Mitte ein Teilnehmer aus der Gemeinde Volders in Tirol. (Bild: ZVG)
Die Teilnehmer waren aus vielen unterschiedlichen Bundesländern angereist. In der Mitte ein Teilnehmer aus der Gemeinde Volders in Tirol. (Bild: ZVG)

Thema schafft bundesländer- übergreifende Kooperationen

Die achtgrößte oberösterreichische Stadt Marchtrenk hat nicht nur den Beschluss der Resolution im Gemeinderat von St. Valentin abgeschaut, sondern kooperiert mittlerweile auch in den Themen Plastikfreiheit, Jugend und Kultur mit der niederösterreichischen Stadtgemeinde. Die Bemühungen in der wirtschaftlich starken Stadt im Bezirk Wels reichen sogar soweit, dass beim Wochenmarkt Gemüsesackerl aus Buchenholzfaser verteilt werden und auch die „Sackerl fürs Gackerl“ kompostierbar sind.

Hervorzuheben ist auch die Initiative in Mödling, wo nachhaltige Essensverpackungen mittlerweile vom Sternenrestaurant bis zur Pizzeria verwendet werden. Die Initiative ist mittlerweile sogar so erfolgreich, dass die Nachbargemeinden ähnliche Projekte mit ähnlich großem Erfolg gestartet haben. Auch in St. Valentin kommen viele Ideen und Initiativen von der Bevölkerung selbst. So wurde beim Schulfest die Frage laut, ob man nicht auch dort die Mehrwegbecher verwenden solle. Mangels Helfern beim Abwaschen wollte man schon fast auf die Einwegvariante zurückgreifen. Durch eine Kooperation mit der Gemeinde, die ihre Mehrwegbecher für das Schulfest zur Verfügung stellt, und diese anschließend durch eine Sozialinitiative gewaschen werden, konnte aber schlussendlich auch das Schulfest nachhaltig über die Bühne gehen.

Langatmigkeit ist gefragt

Klar ist aber eines: Das Thema darf über die Zeit nicht wieder verschwinden. Nach einer anfänglichen Begeisterung, weil viele der Maßnahmen – wie beispielsweise die Einführung von Mehrwegbechern bei Vereinsfesten – sehr schnell ihre Wirkung zeigen, braucht es vor allem Durchhaltevermögen, um auch bei schwierigen Maßnahmen dran zu bleiben und weitere Menschen für das Thema zu gewinnen. In St. Valentin wird dies beispielsweise durch regelmäßige Plakatkampagnen auf den gemeindeeigenen Litfaßsäulen bewerkstelligt und für Betriebe ist eine eigene Auszeichnung der Stadt in Planung.

Bei einem anschließenden Open Space hatten alle Teilnehmer die Möglichkeit, bei ihren Fragestellungen von den Erfahrungen der anderen zu profitieren.

Abfallberaterin DI Daniela Jordan (Mödling), LAbg. Bgm Kerstin Suchan-Mayr (St. Valtentin), Stadträtin Franziska Olischer (Mödling) und Bgm. Paul Mahr (Marchtrenk) beim Erfahrungsaustausch der plastikfreien Gemeinden in St. Valentin. (Bild: ZVG)