23.11.2015 – In der 1.000-Einwohner-Gemeinde Lans in Tirol im Bezirk Innsbruck Land fand am 16. November 2015 die Wahl des neuen Bürgermeisters durch den Lanser Gemeinderat statt. Die Neuwahl war deshalb nötig, da der ehemalige Bürgermeister Christian Meischl aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten ist. Vizebürgermeister Benedikt Erhard trat als einziger Kandidat zur Wahl an und wurde mit neun Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen gewählt.
„Ich galt einige Zeit lang als Kommunist“
Benedikt Erhard wurde 1953 in Hannover geboren. Da sein Vater Mitte der 1950er Jahre eine Druckerei und einen Verlag in Innsbruck erbte, übersiedelten sie nach Igls, zwei Jahre später dann nach Lans. Im Studium in Innsbruck, wo er Theologie, Pädagogik und Geschichte studierte, lernte der Bürgermeister einige Südtiroler kennen, mit denen er in den 1970er Jahren unter anderem ein kritisches Pädagogik-Magazin mit dem Titel „Erziehung heute“ und die Michael-Gaismair-Gesellschaft gründete. Die Michael-Gaismair-Gesellschaft versteht sich als kritische Gegenstimme in der Tiroler Öffentlichkeit und greift wenig beachtete oder weitgehend tabuisierte Themen auf, um eine Politisierung möglichst vieler Menschen in Tirol voranzutreiben. Erhards Vorbild und Lehrer war Claus Gatterer, ein legendärer Südtiroler Publizist. Förderer seiner Initiativen war der Gründervater der italienischen Grünen, Alexander Langer.
Seine Dissertation verfasste der Bürgermeister über den Tiroler Bauernbund, da dies die „größte, komplexeste und faszinierendste politische Organisation Tirols“ und nahezu unerforscht war. „Da galt ich dann einige Zeit lang als Kommunist, was ich jedoch nie war“, erzählt er.
Geschichtlich und kulturell sehr engagiert
Im Vorfeld von 1989, 50 Jahre nach der Option in Südtirol war für Erhard klar: „Wir müssen uns dieser Geschichte konzentriert widmen.“ Durch sein gutes Teamwork und Organisationstalent wurde er Leiter des entsprechenden Ausstellungs- und Vermittlungsprojekts und konnte damit das „Tiroler Landesinstitut“ in Bozen und Innsbruck etablieren.
Erhard war außerdem Kurator zahlreicher historischer und kulturgeschichtlicher Ausstellungen in Tirol und Südtirol und leitete die Landesausstellungen Tirols, Südtirols und des Trentino in den Jahren 1995, 2000 und 2005, sowie des Pavillons der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino auf der Weltausstellung 2000 in Hannover. Er schrieb einige Aufsätze und Bücher zur Regional- und Sozialgeschichte von Südtirol.
Großes Interesse an Menschen und ihren Geschichten
Seit 2007 ist der Bürgermeister im Dienst des Landes Tirol als stellvertretender Vorstand der Abteilung Kultur und Leiter des Sachgebiets Museen, Denkmalpflege, Wissenschaft und bildende Kunst tätig. Zusätzlich war er von 2008 bis 2011 Projektleiter beim Neubau des Museums am Bergisel „Das Tirol Panorama“.
Aus dieser Entwicklung nimmt Erhard ein großes Interesse an den Menschen und ihren Geschichten, an den Hintergründen und oft verborgenen Zusammenhängen mit. „Es hat mich immer interessiert, wie sich Menschen in verschiedenen Epochen ein gutes Leben vorstellten und welche Irrwege sie dabei gingen. Jetzt bin ich selbst gefordert, Vorstellungen für ein gutes Leben in Lans zu entwickeln und auch konkret werden zu lassen.“
Viel Arbeit vor sich
Auf die Frage, worauf sich Erhard in seinem Amt denn am meisten freuen würde, antwortet er: „Ich freue mich auf ganz viel Arbeit.“ Neben den üblichen kommunalen Arbeiten, werde in der Gemeinde Lans besonders viel Wert auf die richtige Betreuung von Kindern und Schülern durch die Lehrpersonen und Pädagoginnen gelegt, so Erhard. „Das Verkehrsthema ist auch ein wichtiger Punkt – dies plagt alle in der Gemeinde“, erzählt der neue Bürgermeister. Besonderes Augenmerk liegt darauf, den Durchfahrtsverkehr zu mildern sowie fehlende Gehsteige zu bauen. Im Rahmen des Projekts „Schule 2020“ sollen Geh- und Feldwege wieder aktiviert werden.
„Für die Gemeinde Lans konnte ein gutes Budget bereitgestellt werden. Somit können wir uns auch um die lokalen Betriebe kümmern und diese unterstützen, welche durch die wunderbare Lage von Lans entstanden sind“, sagt der 62-Jährige. „Ein weiteres wichtiges Thema ist der verdichtete Wohnbau“, so der Bürgermeister. Diesem Punkt soll in Zukunft hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden.
„Ich komme aus einer politischen Familie“
Seit 1998 ist Erhard Mitglied des Gemeinderats von Lans. Von 2010 bis 2015 übte er das Amt des Vizebürgermeisters aus. Benedikt Erhard hat, seit er denken kann, regelmäßigen Kontakt zur Politik: „Ich komme aus einer politisch sehr engagierten Familie und bin somit in das Thema hineingewachsen.“
Von seiner Familie bekommt er volle Unterstützung in jeglicher Hinsicht. Zuguterletzt bemerkt Erhard schmunzelnd: „Meine zwei Kinder finden es sehr interessant, dass der Papa in seinen alten Tagen noch Bürgermeister wird.“