14.9.2016 – In der niederösterreichischen Bezirkshauptstadt Lilienfeld tritt mit Herbert Schrittwieser nach 22 Jahren am 15. September 2016 ein Bürgermeister zurück, der mit Leib und Seele für seine Gemeinde eintrat. Er tut dies mit einem weinenden und einem lachenden Auge, wie er im Brief gegenüber seinen Bürgern zugibt: „Nach meinen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und dem Gehirnschlag im November 2015 haben mir die Ärzte nahegelegt, mein Leben zu ändern und mich von meinen Funktionen zu trennen. Ich hatte natürlich auch die Überlegung und den Wunsch, das eine oder andere Projekt noch abschließen zu können, aber in einer Gemeinde gibt es kein Ende, man ist immer mitten drin. Aus dieser Sicht kann es nie einen passenden Termin für eine Amtsübergabe geben.“ Die erste Zeit will er für die Genesung nutzen, um anschließend wieder ein aktives Leben zu führen.
Der Bauernsohn, der die Bezirkshauptstadt eroberte
Der Einstieg in die Kommunalpolitik war für den 62-Jährigen dabei keineswegs vorprogrammiert. Der Bauernsohn wurde in Hohenberg nahe Lilienfeld 1954 als drittes von sechs Kindern geboren. Nach der Volks- und Hauptschule erlernte er den Beruf des Einzelhandelskaufmanns. Nach Abschluss seiner Lehre wechselte er 1973 als Sachbearbeiter in die Bezirkshauptmannschaft nach Lilienfeld. 1978 übersiedelte Schrittwieser nach Lilienfeld, drei Jahre später heiratete er die Gymnasiums-Professorin Elisabeth. 1986 stieg er zum Bürodirektor der Bezirkshauptmannschaft auf und übte diese Funktion 28 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2014 aus. Für seine herausragenden Leistungen wurde ihm vom Bundespräsidenten der Berufstitel Regierungsrat verliehen.
Als Quereinsteiger zum Bürgermeister gewählt
Im Jahr 1995 trat er als Quereinsteiger bei den Gemeinderatswahlen als Bürgermeisterkandidat der ÖVP an. Er hatte damals so großen Erfolg, dass er für die Volkspartei nach zehn Jahren SPÖ-Mehrheit den Bürgermeistersessel zurückerobern konnte. Seither steigerte sich die Zustimmung zu seiner Arbeit von Wahl zu Wahl: Bei der Wahl im Jahr 2000 hat die VP unter seiner Führung vier Mandate dazu gewonnen, seit der Wahl im Jahr 2005 hat seine Partei im Gemeinderat stets die Zweidrittelmehrheit.
In seinem Amt hatte es der begeisterte Fußballer, der auch in der Bürgermeister-Nationalmannschaft aktiv war, nicht immer leicht. Zwei Jahre nach seiner ersten Wahl war Lilienfeld von einer schlimmen Hochwasserkatastrophe betroffen, bei der praktisch das gesamte Gemeindegebiet unter Wasser stand. Seither ist viel passiert: Viele Millionen Euro wurden investiert um alle vier Ortsteile vor größeren Hochwässern zu schützen. Aber auch andere Themen wie die Wirtschafts- und Wohnungsentwicklung, Tourismus, Kultur, die Freizeit- und Bildungseinrichtungen sowie die Ortsgestaltung kamen nicht zu kurz. Seine letzten Projekte wie das Rathaus, die Wohnbauplanung oder die Erweiterung des Angebots an Gästebetten wird nun sein erfahrener Nachfolger, der bisherige Vizebürgermeister Wolfgang Labenbacher, fertigstellen.
Funktionen nach und nach abgeben
Seine zahlreichen Funktionen als Bezirksobmann und Landesvorstandsmitglied des NÖ Gemeindebundes, als Obmann der von ihm gegründeten Kleinregion Traisen-Gölsental, Obmann des Musikschulverbandes Lilienfeld, Landes-Obmann des Gemeindepensionsverbandes, des Gemeinde-Ärzteverbandes sowie Obmann-Stellvertreter der Leader-Region Mostviertel-Mitte und viele weitere wird er nun schrittweise abgeben.
Der erste Schritt zu mehr Zeit für die eigene Gesundheit wird Schrittwieser nun am 15. September 2016 setzen. Im Interview mit den Niederösterreichischen Nachrichten blickt er aber zuversichtlich in die Zukunft: „In der ersten Zeit brauche ich die Zeit für Ruhe und Stabilisierung meiner Gesundheit, wobei mir auch meine Erfahrung im Umgang mit dem Sport hilfreich sein wird. Die Natur, der Sport, die Familie mit Töchtern und Enkelkind, Haus und Garten werden für mich wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. Ich plane ein sehr aktives zukünftiges Leben und werde daher auch weiter auf Veranstaltungen oder Sportplätzen zu sehen sein.“