8.6.2017 – Österreichs längst dienender Bürgermeister heißt Peter Nindl und steht seiner Gemeinde Neukirchen am Großvenediger (Sbg) seit unglaublichen 38 Jahren vor. An zweiter Stelle dieses Rankings liegt Georg Bantel aus der Gemeinde Möggers (Vorarlberg) mit 37 Dienstjahren an der Spitze der Gemeinde. Platz drei belegt Johann Giefing aus Schwarzenbach in NÖ mit 33 Amtsjahren. Die derzeit am längsten dienende Bürgermeisterin Österreich stammt ebenfalls aus Niederösterreich, heißt Lisbeth Kern, und führt die Gemeinde Petzenkirchen seit 1996, also seit 21 Jahren.
„Der Gemeindebund erstellt dieses Ranking fast jedes Jahr“, erzählt Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, der mit 27 Dienstjahren als Bürgermeister von Grafenwörth (NÖ) selbst unter den Top-Ten des Rankings liegt. „Gerade in Zeiten, in denen die Halbwertszeiten von (Bundes)Politiker/innen immer geringer werden ist das auch ein Beleg dafür, dass die Menschen die Kontinuität auf der kommunalen Ebene zu schätzen wissen. Als Bürgermeister/in ist man jeden Tag sehr unmittelbar mit den Bedürfnissen der eigenen Bevölkerung konfrontiert. Das schafft wahrscheinlich eine andere Basis und ein anderes Vertrauensverhältnis als auf anderen Ebenen“, so Riedl.
Peter Nindl: „Nicht nur reden, sondern umsetzen“
Es war das Jahr 1979 als Peter Nindl mit 29 Jahren aus den Gemeinderatswahlen als jüngster Bürgermeister im ganzen Bundesland Salzburg hervorging. „Völlig überraschend war das“, sagt er heute. Zuvor war er nicht einmal in der Gemeindevertretung. Während der Wahlvorbereitungen kristallisierte er sich im Juni 1979 als der beste Kandidat für die ÖVP heraus. Bei den Wahlen im Oktober erhielt er im Gemeinderat acht Stimmen, ebenso der Kandidat der SPÖ, eine Stimme entfiel auf den Kandidaten der Unabhängigen Heimatliste. Die Bürgermeister-Direktwahl gab es damals noch nicht. Am Ende wurde Nindl überraschend Ortschef, der Gemeinde mit 2.500 Einwohnern.
„Ich war ein Newcomer, wie man heute so schön sagt, und hatte vorher mit der Gemeindepolitik nichts am Hut. Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen und musste schwimmen lernen. Leicht war die Zeit nicht, denn damals war ich noch Bankangestellter und musste parallel die letzten Kurse auf der Raiffeisenakademie absolvieren“, erinnert sich der heute 67-Jährige. Er lernte schwimmen. Bei den darauffolgenden Gemeinderatswahlen honorierten die Bürger seine Arbeit mit einem Stimmenplus.
Was war in all den Jahren sein Antrieb? „Ich wollte für die Bevölkerung da sein und das Beste für meine Gemeinde erreichen. Warum es so viele Jahre geworden sind, hat einen ganz einfachen Grund: Es war immer eine Herausforderung, neue Projekte umzusetzen. Ich wollte nicht nur drüber reden, sondern auch etwas realisieren“, so Nindl. Höhere politische Ämter waren für ihn nie ein Thema: „Die wurden mir zwar vorgeschlagen, aber ich war immer gerne in Neukirchen.“ Fest steht für ihn, dass dies nun seine letzte Amtszeit sein soll. Damit bleibt der Rekord des inzwischen verstorbenen Bürgermeisters von Grafenstein in Kärnten, Valentin Deutschmann, weiterhin aufrecht: Deutschmann war mehr als 50 Jahre im Amt, ehe er seine Funktion 2008 zurücklegte.
Georg Bantel: In 37 Amtsjahren kein freies Wochenende
An zweiter Stelle des Rankings liegt Georg Bantel, der in seiner Gemeinde 37 Jahre lang Bürgermeister ist und bei der nächsten Wahl auch nicht mehr antreten will. 1980 wurde er mit 24 Jahren zum jüngsten Bürgermeister Österreichs. „Eine besondere Situation war das damals“, erinnert sich Bantel. Mit 19 Jahren, als sein Vater starb, übernahm er als Geschäftsführer die Käserei. „Ich war sehr mit der Firma beschäftigt, als ich mit den meisten Stimmen aus der Mehrheitswahl hervorging.“ In Vorarlberg ist es in vielen Gemeinden die gute Tradition, dass eine Mehrheitswahl stattfindet. Dann darf jeder jeden wahlberechtigten Bürger nominieren, der aus seiner Sicht am besten als Bürgermeisterkandidat geeignet ist. „Mir wurde damals nahegelegt, dass ich das Amt auch annehmen sollte. Das war für mich schon eine komische Situation, denn ich war vorher nie in einer Gemeinderatssitzung.“
Was hat den Vater von vier Kindern immer wieder motiviert zu kandidieren? „Die Arbeit ist nicht ausgegangen und ich hätte auch sofort aufgehört, wenn ich den Rückhalt in der Bevölkerung nicht mehr gehabt hätte. Ich war bei jeder Gemeinderatswahl auf dem ersten Platz und bei der letzten Wahl wurde ich mit Vorzugsstimmen überhäuft. Außerdem hatte ich immer noch Ziele.“ Dass er so viel für die Gemeinde erreichen konnte, kommt nicht von ungefähr. „Ich starte um vier Uhr morgens und habe noch keinen freien Sonn- oder Feiertag gehabt. So bringt man die Firma und das Amt unter einen Hut. Außerdem ist das auch nur zu schaffen, wenn man eine Familie hat, die volles Verständnis aufbringt und voll hinter mir steht. Auch wenn ich mit meinen Kindern vier Tage Urlaub gemacht habe, habe ich spätestens am Sonntag wieder alles nachgearbeitet.“ Der einzig längere Urlaub, verrät er, waren die sieben Tage Hochzeitsreise nach Griechenland im Jahr 1988. „Fragen Sie mich nicht, wie hoch die Telefongebühren waren“, erzählt er lachend.
Johann Giefing: „Gemeinde ist mein Leben“
Einen schwierigen Start hatte der Dritte in der Runde, denn Johann Giefing musste im niederösterreichischen Schwarzenbach für seinen plötzlich verstorbenen Vorgänger einspringen: „Das war damals katastrophal. Mein Vorgänger war erst ungefähr zwei Jahre im Amt und starb innerhalb von 15 Tagen im Alter von 44 Jahren. Die, die das übernehmen sollten, wollten das aber aus beruflichen Gründen nicht. Daher hat man einen Pensionisten, Lehrer oder Gemeindebediensteten gesucht. Und Gemeindebediensteter war ich.“ Giefings steile politische Karriere zeichnete sich aber nicht nur aus diesem Grund ab. Zwei Jahre davor wurde er schon bei seinem ersten Wahlantritt Vizebürgermeister. Seine kommunale Karriere begann er aber nicht bei der Gemeinderatswahl, sondern schon im Jahr 1974 als er Gemeindesekretär im niederösterreichischen 960-Einwohner-Ort wurde. „Meine Frau sagt immer: Du bist verheiratet mit der Gemeinde. Das stimmt wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grad auch. Schwarzenbach ist mein Leben“, erzählt er.
Was hat ihn immer wieder motiviert, sich der Wahl zu stellen? „Ich gehöre einer Generation an, in der hat man solche Funktionen aus Idealismus und Überzeugung und nicht wegen des Bezugs gemacht. Wer aus finanziellen Gründen Bürgermeister wird, soll lieber schon gestern aufgehört haben und nicht auf morgen warten.“ Mittlerweile wurde er acht Mal in ununterbrochener Reihenfolge zum Bürgermeister gewählt und konnte seine Wahlergebnisse von Mal zu Mal steigern. Zuletzt erhielt die SPÖ in Schwarzenbach 73,54 Prozent. Ob er bei der nächsten Gemeinderatswahl nochmal kandidieren wird, lässt er sich offen: „Ich habe es nicht vor, aber das hatte ich bei der letzten Wahl auch nicht. Ich will mich aber auch nicht mit der Bahre aus dem Amt hinaustragen lassen“, ergänzt er mit Augenzwinkern.
Lisbeth Kern geht immer den geraden Weg
Die dienstälteste Bürgermeisterin kommt auch aus Niederösterreich. Lisbeth Kern aus Petzenkirchen ist seit 1996 im Amt und damit schon 21 Jahre Ortschefin der 1.300 Einwohner. Im Alter von 40 wurde sie Bürgermeisterin der niederösterreichischen Gemeinde Petzenkirchen. In der Gemeinde war sie schon davor politisch aktiv: Zuerst als Gemeinderätin, später als Vizebürgermeisterin und als der damalige Ortschef aus beruflichen Gründen sein Amt nicht mehr ausüben konnte, stieg sie an die Spitze auf. Mit Unterstützung ihres damaligen Arbeitgebers der NÖ Gebietskrankenkasse konnte sie ohne Arbeitszeitreduktion das Amt mit dem Beruf verbinden. „Die Arbeit, die für das Amt als Bürgermeisterin angefallen ist, habe ich dann meist in den Abendstunden erledigt“, erzählt die heute 61-jährige Pensionistin.
Ihr Vater Fritz Potzmader, der 25 Jahre lang an der Spitze der Gemeinde stand, war ihr immer ein Vorbild, dennoch war das Amt als Bürgermeisterin für Sie nicht besonders erstrebenswert. „Ich bin da so hineingewachsen. Ich bin in den Gemeinderat gegangen, weil ich dem Vizebürgermeister einen Gefallen tun wollte“, erinnert sich Kern. Als frisch gewählte Bürgermeisterin stand sie damals dennoch vor einer großen Herausforderung: „Der Kanalbau war abgeschlossen, aber wir hatten entsprechend große Schulden. Gleichzeitig mussten die Straßen saniert werden.“ Dabei war es ihr besonders wichtig, die Gemeindefinanzen zu sanieren. „Das habe ich alles geschafft“, betont die Bürgermeisterin. Und zwar mit dem Credo: „Gehe immer den geraden Weg und mache keine Ausnahmen. Ich bin nicht der Typ, der jedem alles verspricht. Dafür muss man mehr erklären, aber die Bürger verstehen es am Ende.“