31.5.2016 – Europaweit ist Österreichs Landbevölkerung am wenigsten armutsgefährdet. Ganz anders die Lage in Österreichs Städten. Hier sind 28 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Auch die Beschäftigungsquote unterscheidet sich deutlich zwischen Stadt und Land.
Nicht nur Wien, sondern Österreich ist anders. Während in den meisten europäischen Ländern die Menschen in den Städten weniger armutsgefährdet sind als am Land, ist es in Österreich genau umgekehrt. In den ländlichen Gebieten sind in Österreich 14,1 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Das ist europaweit der geringste Wert. Ähnlich gering ist die Armut am Land nur in Dänemark (14,8%) und in den Niederlanden (15,5%). Gut dabei ist Österreich auch bei kleineren Städten und Vororten. Hier liegt die Armutsgefährdung bei 16,9 Prozent. Noch geringer ist sie in den mittelbesiedelten Gebieten in den Niederlanden und Dänemark (14,5%), in der Tschechischen Republik und Schweden (15,4%).
Ganz anders die Lage in Österreichs Städten (dazu zählen bei Eurostat nur Wien, Linz, Graz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck). Hier gelten 28,3 Prozent der Bürger als von Armut bedroht. Österreich liegt hier deutlich über dem EU-Schnitt von 24,4%. Rühmlich ist das nicht, denn wir liegen gleichauf mit Rumänien und etwas besser als Belgien (28,6%), Bulgarien (30%) oder Griechenland (34,1%). Damit ist Österreich einer von sieben Mitgliedstaaten, in denen die Gefährdung durch Armut oder soziale Ausgrenzung in Städten höher ist als in ländlichen Gebieten.
Beschäftigung am Land höher
Ein Faktor, um Armut zu vermeiden, ist Arbeit. Im Schnitt waren im Jahr 2015 in der EU 70 Prozent der Stadtbewohner im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig, wobei die Beschäftigungsquoten von 79,8 Prozent in Schweden bis zu 53 Prozent in Griechenland reichen. In der Mehrzahl der Mitgliedstaaten waren in den Städten höhere Beschäftigungsquoten zu verzeichnen als am Land. Im Gegensatz dazu waren in elf Mitgliedstaaten die Beschäftigungsquoten in Städten niedriger als am Land. Dazu zählen vor allem Belgien, Österreich, Deutschland, Griechenland und Frankreich, den Niederlanden und im Vereinigen Königreich.
Österreich liegt mit 68,9 Prozent Beschäftigung in der Stadt unter dem Durchschnitt, dafür in kleineren Städten und Vororten mit 75,3 Prozent und in ländlichen Gebieten mit 77,6 Prozent Beschäftigungsquote deutlich darüber.
Ein ländlich geprägtes Land
Obwohl auch in Österreich der Zuzug in die Städte ungebrochen stark ist, wohnen die meisten – 40 Prozent – im Alter zwischen 20 und 64 Jahren am Land. Zum Vergleich: In Deutschland sind es nur 22 Prozent. Bei unseren Nachbarn wohnt die Mehrheit der Bevölkerung (41%) in kleineren Städten und Vororten. In Österreich sind es 29 Prozent. Im urbanen Gebiet leben in Österreich 31 Prozent, in Deutschland 37 Prozent der Bevölkerung dieser Altersgruppe.
In der Europäischen Union gibt es zwei Länder, in denen die Mehrheit in Städten wohnt: das Vereinigte Königreich (60%) und Zypern (54%). Dafür wohnt in der Slowakei (19%), Slowenien (20%) und Luxemburg (21%) nur etwa eine von fünf Personen im Alter von 20 bis 64 in den Städten.
Methoden und Definitionen
Die Daten zu Armutsgefährung und sozialer Ausgrezung basieren auf der EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC). Wichtig sind drei verschiedene Kriterien, wobei eine Person schon bei der Erfüllung eines Kriteriums zu dieser Gruppe gezählt wird. Die drei Kriterien sind:
- Personen, die einem Haushalt mit einem verfügbaren Äquivalenzeinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle leben. (Armutsgefährdungsschwelle ist auf 60% des nationalen verfügbaren Median-Äquivalenzeinkommens (nach Sozialleistungen
- Personen, die in Haushalten mit sehr geringer Erwerbstätigkeit leben. (Personen im Alter von 0-59 Jahren, die in Haushalten leben, denen die Erwachsenen (18-59 Jahre) im vorhergehenden Jahr insgesamt weniger asl 20 Prozent ihres Erwerbspotenzial ausgeschöpft hatten) Studenten sind nicht miteinbezogen.
- Personen, die unter erheblicher „materieller Deprivation“ leiden. Das sind beispielsweise Menschen, die Schwierigkeiten haben, Gebrauchsgüter wie beispielsweise Waschmaschine, Farbfernseher, Telefon oder Privatauto kaufen zu können, Zahlungsrückstände haben oder weniger als jeden zweiten Tag Fleisch, Geflügel, Fisch oder eine gleichwertige vegetarische Mahlzeit einnehmen können.
Eine Kombination aus geografischer Angrenzung, Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsgrenzen ist ausschlaggebend für die Definition als Stadt, kleinere Stadt oder Land. Angewandt wird diese Kombination auf 1 km²-Rasterzellen. Gemäß dieser Klassifikation ist eine Stadt ein dicht besiedeltes Gebiet, in dem mindestens 50 Prozent der Bevölkerung im urbanen Zentrum leben. Kleinere Städte oder Vororte sind mäßig besiedelte Gebiete, in denen weniger als 50 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Rasterzellen und weniger als 50 Prozent in urbanen Zentren leben. Demgemäß leben in ländlichen Gebieten über 50 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Rasterzellen.
Die Daten zu Bevölkerung und Beschäftigungsquoten stammen aus der EU-Arbeitskräfteerhebung.