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„Nicht der Faulheit wegen wächst da Kraut“

5.7.2017 – Mit dem Trend gehen ist nichts für Mattersburg, Vorreiter sein hingegen mehr. So war der Ort 2011 Burgenlands erste glyphosatfreie Gemeinde und heimste sich damit das Ökogütesiegel „Ökologische Gemeinde“ ein.

Der frühe Vogel fängt den Wurm dachte sich das 7.253 Einwohner starke Mattersburg, als die Stadtverwaltung vor sechs Jahren als erste innerhalb des Burgenlands beschloss, sich von Glyphosat zu trennen. Doch der Weg zur Akzeptanz in der Bevölkerung war ein langer, sah sich das Ortsparlament promt mit Meinungen konfrontiert, man sei zu faul zum Unkraut rupfen.

Ein rundes Bild bezüglich Nachhaltigkeit strebt Ingrid Salamon für Mattersburg an. Von der Kindergrippe an wird das Bewusstsein für eine nachhaltige Lebensweise geschärft. ©Stadtgemeinde Mattersburg
Ein rundes Bild bezüglich Nachhaltigkeit strebt Ingrid Salamon für Mattersburg an. Von der Kindergrippe an wird das Bewusstsein für eine nachhaltige Lebensweise geschärft. ©Stadtgemeinde Mattersburg

Der geliebte sterile Rasen und noch schönere Gänseblümchen

Innerhalb der Stadtvertretung bestanden schon länger Diskussionen hinsichtlich der kommunalen Scheidung von dem Pflanzen- und Menschengift, das neben Biodiversitätsverlust, ähnlich Gewässerlebensräume und Bienen bedroht, also der ganzen Umwelt schadet und auch in Verdacht steht, für den Menschen krebserregend zu sein. Um diese schädlichen Auswirkungen des Pestizids der Bevölkerung erfolgreich zu vermitteln sowie im nächsten Schritt auf den Krautbekämpfer zu verzichten, brauchte es seitens der Gemeinde etliches an Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit.

„Die Menschen wurden von der Natur abgewöhnt, der Englische Garten war das Ideal. In den Sprechstunden beschwerten sie sich, dass das Unkraut nicht mehr bekämpft wird. Wir mussten erst einmal den Menschen in Vorträgen und Veranstaltungen kommunizieren, dass es schön ist, ein Gänseblümchen zu haben, oder dass Löwenzahn essbar ist“, schildert die Bürgermeisterin von Mattersburg, Ingrid Salamon, den langwierigen Prozess zur ökologischen Stadt.

Zusätzlich setzt man auf Alternativbepflanzung, denn selbst der Stahlkehrbesen schafft nur kurzzeitigi Abhilfe. „Wir haben bisher keine wirkliche Alternative gefunden, sondern akzeptieren unsere Natur. Beispielsweise ist mitten in Mattersburg einen Naturgarten mit Wildkräutern angelegt. Dort wachsen viele Blumen, die man gar nicht gewohnt ist“, freut sich Salamon über die floralen Neulinge der Stadt.

Dafür wurde unter anderem ein Naturschaugarten mitten in der Stadt gestaltet. Die Bevölkerung soll bereits vergessene Blumen wieder wahrnehmen. ©Stadtgemeinde Mattersburg
Dafür wurde unter anderem ein Naturschaugarten mitten in der Stadt gestaltet. Die Bevölkerung soll bereits vergessene Blumen wieder wahrnehmen. ©Stadtgemeinde Mattersburg

Ein rundes Bild

Das hartnäckige Dranbleiben am Glyphosatverzicht hat nicht nur in der Bevölkerung zu einem positiven Umdenken geführt, sondern überdies erhielt Mattersburg dafür im April 2016 das Ökosiegel „Ökologische Gemeinde“ verliehen. Dieses wird im Rahmen der Initiative, geleitet vom Büro der Umweltlandesrätin Astrid Eisenkopf, zur Vermeidung von glyphosathaltigen Herbiziden Gemeinden übergeben, die einen entsprechenden Gemeindeentschluss inklusive drei darin enthaltene Beschlusspunkte vereinbaren.

So muss eben wie in Mattersburg auf den Einsatz von glyphosathaltigen Pestiziden auf gemeindeeigenen Flächen verzichtet, alternative Bepflanzungsmaßnahmen angewandt und Informationsaktionen zur Bewusstseinsbildung durchgeführt werden. „Das Siegel hat uns gefreut und es ist ein Ansporn fürs Weitermachen“, gibt sich Salamon motiviert.

Dieses Weitermachen hat bereits konkrete Formen angenommen: Das Ortsparlament strebt ein Umdenken von klein auf an. Zum Beispiel gibt es in Mattersburg nur Ökoschulen, in denen die Kinder eine gesunde und nachhaltige Ernährung sowie Bewegung näher gebracht bekommen. Darüber hinaus werden sämtliche Gastronomen – der Schulbuffetbetreiber inkludiert – im Juni zu einem Fairtrade Gemeinde-Vortrag eingeladen, um einen Ansporn zu erhalten, jene Produkte zu kaufen, die unter besseren Bedingungen für Arbeiter hergestellt werden.

Zusätzlich wird bewiesen, dass die Natur mit wildwachsenden Kräutern und ohne den Einsatz von giftigem Glyphosat intakt und "schön" ist. ©Stadtgemeinde Mattersburg
Zusätzlich wird bewiesen, dass die Natur mit wildwachsenden Kräutern und ohne den Einsatz von giftigem Glyphosat intakt und „schön“ ist. ©Stadtgemeinde Mattersburg

Mattersburg bleibt lebenswert!

„Wir sind dafür verantwortlich, die Umwelt für die kommende Generation aufrecht und lebenswert zu erhalten. Natürlich kann eine Kommune gewisse Einflüsse nicht verhindern, aber was wir im eigenen Rahmen für die Zukunft von Mattersburg machen können, muss getan werden“, schildert Salamon ihren Antrieb zur Weiterentwicklung der dahingehenden Aktivitäten.

Landesrätin Astrid Eisenkopf überreichte der Bürgermeisterin von Mattersburg im Beisein des Landtagspräsidenten Christian Illedits das Ökosiegel. ©Landesmedienservice Burgenland