Homeoffice in Gemeinden vor und nach der Corona-Pandemie: Dieses Thema wurde von einem Masterstudenten an der Fachhochschule Linz bearbeitet. Daniel Prochiner, Mitarbeiter in der Finanzabteilung der Marktgemeinde Engerwitzdorf, studierte in den letzten 5 Jahren „Public Management“. Seine Masterarbeit trägt den Titel „Homeoffice in Gemeindeverwaltungen – Empfehlungen zur Gestaltung von Rahmenbedingungen“, umfasst 132 Seiten und wurde von Frau Prof. Dr. Franziska Cecon als Erstgutachterin und von Reinhard Haider, Amtsleiter von Kremsmünster, als Zweitgutachter betreut.
Im nachstehenden Interview erklärt Daniel Prochiner seine Beweggründe für das Thema, seine Herausforderungen und die Ergebnisse.
Interview über „Homeoffice in Gemeinden“ mit Daniel Prochiner
Lieber Daniel, stell dich bitte kurz vor inkl. Begründung deines Studiums an der FH Oö und das Interesse am Thema Home-Office:
Ich bin 28 Jahre alt und beruflich in der Finanzabteilung der Gemeinde Engerwitzdorf tätig. Das berufsbegleitende Masterstudium Gesundheits-, Sozial- und Public Management habe ich gewählt, da es ein für den öffentlichen Sektor spezialisiertes Managementstudium ist und ich mir damit wichtige Grundlagen für zukünftige Führungsaufgaben aneignen wollte. Darüber hinaus konnte ich in meiner Studienzeit viele Synergien von Studium und Beruf nutzen und ein vielseitiges Netzwerk an Kontakten aufbauen.
Für mich steht Homeoffice als Synonym von modernem und flexiblem Arbeiten. Ein Themenbereich, der meiner Meinung nach großes Potenzial für den Gemeindedienst hat und daher auch Relevanz für die ManagerInnen der öffentlichen Verwaltungen. Diese Ansicht und meine beruflichen Erfahrungen zu vielen offenen Fragen rund um Homeoffice, waren Motivation, mich mit dem Thema vertiefend zu beschäftigen.
Es gibt ein bundesweites Homeoffice-Gesetz. Was ist da kurzgefasst enthalten und auf was müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer achtgeben?
Das „Homeoffice-Gesetz“, wie es gerne pauschal von den Medien und der Politik bezeichnet wird, ist kein ganzheitliches neues Gesetz, sondern vielmehr ein Gesetzespaket, mit dem das Steuer-, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht für die Homeoffice-Tätigkeit adaptiert wurden.
Zusammengefasst legt es fest, dass die Homeoffice-Tätigkeit absolut auf Freiwilligkeit beruht und zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn schriftlich zu vereinbaren ist. Laut gesetzlicher Definition liegt Homeoffice nur dann vor, wenn regelmäßig und in der eigenen Wohnung (bzw. am Wohnsitz naher Angehöriger) gearbeitet wird. Dies schließt Mobile-Office – das ortsunabhängige Arbeiten – vorerst noch von den gesetzlichen Bestimmungen aus. Eine Adaption dahingehend wurde für eine Gesetzesnovelle im Jahr 2023 vorsichtig angekündigt.
Der erweiterte Versicherungsschutz für Unfälle im Homeoffice, die in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, wurden angepasst und auch die Dienstnehmerhaftpflicht für Schäden an gemeindeeigenen Arbeitsmitteln wurde zugunsten der ArbeitnehmerInnen erweitert.
Homeoffice ändert grundsätzlich nichts an den bisherigen Dienstvereinbarungen. D.h. Anwesenheits- und Erreichbarkeitszeiten (z.B. Kernzeiten) gelten auch beim Arbeiten von zuhause, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Jeder Tag im Homeoffice muss vom Arbeitgeber aufgezeichnet und im Zuge des Lohnzettels (L16) an das Finanzamt übermittelt werden.
Dies hat unter anderem steuerrechtliche Hintergründe. Je Homeoffice-Tag kann ein steuerfreier Pauschalbetrag von bis zu € 3,00 als Kostenentschädigung an die ArbeitnehmerInnen ausbezahlt werden. Dies jedoch maximal für 100 Homeoffice-Tage, also € 300,00 jährlich. Damit sollen private Mehrkosten wie Wohnkosten, Strom, Internet oder die Nutzung privater Geräte abgegolten werden.
Entschädigungen über diesen Jahresbetrag wären wieder steuerpflichtig.
Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Gemeinden, die ihren MitarbeiterInnen Homeoffice ermöglichen?
Meiner Ansicht nach begünstigen die Regelungen des Homeoffice-Gesetzes verstärkt die ArbeitnehmerInnen. Für die Gemeinden bedeutet dies neue Handlungsfelder. Dabei sollte man den anfänglichen Einsatz von zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Ressourcen nicht unterschätzen oder klein reden. Um ein paar beispielhafte Bereiche zu nennen, wird es in den ersten Monaten zu mehr bürokratischem und zeitlichem Aufwand für die Implementierung von Homeoffice in den Gemeindealltag kommen (z.B. Organisation der Homeoffice-Vereinbarungen). Vermutlich müssen auch zusätzliche finanzielle Mittel zur Bereitstellung einer ordentlichen IT-Infrastruktur (Laptops, Bildschirme, Software, etc.) aufgewendet werden. Das „digitale Führen“ von MitarbeiterInnen im Homeoffice wird neue Anforderungen an die Führungskräfte der Gemeinden stellen. In diesem Zusammenhang sollte auch die häufig vorhandene Denkweise „Anwesenheit = Leistung“ überdacht werden.
Sobald der anfängliche Mehraufwand gemeistert und Homeoffice in den Arbeitsalltag als „Normalität“ integriert wurde, sehe ich große Chancen die Digitalisierung von Prozessen voranzutreiben und die Arbeitgeberattraktivität der Gemeinden zu steigern. Zweites Argument sehe ich als besonders relevant. Die Anforderungen an die Gemeinden steigen nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Komplexität. Um qualifiziertes Personal für den Gemeindedienst begeistern zu können, stößt man mit monetären Anreizen schnell an Grenzen. Flexible Arbeitsformen entsprechen dem Trend und dem Wunsch junger Arbeitsgenerationen. Im Sinne einer modernen Verwaltung, sollten sich die Gemeindeverantwortlichen der Thematik rund um Homeoffice und alternativen Arbeitsformen nicht verwehren.
Deine Befragung der Oö. Gemeinden zum Thema Home-Office brachte interessante Ergebnisse. Was war für dich und deine Masterarbeit dabei besonders wichtig und zu welchen Rahmenbedingungen hat dich das geführt?
Meine Befragung im Herbst 2020 wurde teilweise in Anlehnung an jene von Frau Judith Schaufler erstellt, welche in ihrer Bachelorarbeit 2019 erstmals das Potenzial von Homeoffice in den Gemeinden erhoben hat. Damit konnten Ergebnisse verglichen und Entwicklungen von Homeoffice in Zeiten der COVID-19-Pandemie abgeleitet werden. Vorab war für mich wichtig, praxisnahe Erkenntnisse zu gewinnen, um praxisnahe Empfehlungen ausarbeiten zu können.
Homeoffice ist in den Oö. Gemeinden angekommen. Der starke Anstieg in der Nutzung von 2019 auf 2020 (siehe Abbildung 1) ist wenig überraschend auf die Pandemie zurückzuführen. Die Einschätzungen der AmtsleiterInnen über die zukünftige Entwicklung von Homeoffice in den Gemeinden sind noch eher zurückhaltend (siehe Abbildung 2). Es gibt eine tendenziell optimistische Entwicklung von 2019 auf 2020, jedoch kann vermutet werden, dass nach wie vor Unsicherheiten und offene Fragen vorhanden sind. Diesen wollte ich mit den Empfehlungen für Rahmenbedingungen und der Mustervereinbarung entgegenwirken und so praktische Hilfestellungen anbieten. Ohne hier auf einzelne Empfehlungen eingehen zu wollen, habe ich Homeoffice aus strategischer, organisatorisch-prozessualer, rechtlicher, technischer und personeller Sichtweise behandelt. Insgesamt habe ich 28 Fragestellungen, wie sie für Gemeindeverantwortliche relevant sein könnten, definiert und diese mit meinen Erkenntnissen aus der Literatur, der Gemeindebefragung und dem aktuellen Homeoffice-Gesetz beantwortet.
Du hast selbst soeben die Mustervereinbarung für Homeoffice angesprochen. Was ist darin enthalten und wie können interessierte Gemeinden darauf zugreifen?
Für privatwirtschaftliche Homeoffice-Mustervereinbarungen wird man im Internet schnell fündig. Ich habe versucht eine Vereinbarung zu erstellen, die auf den Gemeindedienst zugeschnitten ist. Die Erstellung wurde von Juristen, Arbeitsrechtsexperten und Gewerkschaftsvertretern begleitet und enthält natürlich alle aktuellen Bestimmungen des Homeoffice-Gesetzes. Enthalten sind alle wesentlichen Regelungsbereiche wie z.B. der Arbeitsort, Arbeitszeit und Erreichbarkeit, Arbeitsmittel, Datenschutz, Kostenentschädigungen, Versicherungsschutz, etc. Die Vorlage wurde als Word-Dokument erstellt und kann individuell abgeändert werden.
Meine Masterarbeit mit den Empfehlungen zu Rahmenbedingungen und die Homeoffice-Mustervereinbarung stelle ich gerne kostenlos zur Verfügung. Ich würde mich freuen, wenn meine Ausarbeitungen einen praktischen Mehrwert für KollegInnen hätten und in den Gemeinden Verwendung finden.