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Gemeindefinanzen: Überschüsse, Schuldenabbau, steigende Investitionen

376 Millionen Euro Maastricht-Überschuss, Schuldenstand um 280 Millionen Euro reduziert und Investitionen um 125 Millionen Euro erhöht. Das sind die erfreulichen Eckdaten des Finanzjahres 2012 der österreichischen Gemeinden, die im aktuellen Gemeindefinanzbericht präsentiert wurden.

Mitten in der Diskussion um den Zustand der Staatsfinanzen legen die heimischen Gemeinden ihre Finanzdaten vor. „Dieser Bericht basiert auf den Rechnungsabschlüssen des Jahres 2012, die nun alle ausgewertet sind“, so Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer bei der Pressekonferenz zur Präsentation des jährlich erscheinenden Gemeindefinanzberichts. Auch 2012 bieten die Gemeindefinanzen wieder viel Anlass zur Freude. „Die Gemeinden haben Überschüsse erwirtschaftet, den Stabilitätspakt somit übererfüllt und gleichzeitig ihren realen Schuldenstand reduziert“, erzählt Mödlhammer. „Es wäre schön, wenn auch Bund und Länder eine ähnlich gute Bilanz vorlegen hätten können. Diese Erfolge sind das Ergebnis von Sparsamkeit und Haushaltsdisziplin. Bund und Länder hatten ja analog verlaufende Einnahmen und haben keine Überschüsse zustande gebracht.“

Mehr Einnahmen als Ausgaben

Insgesamt betrugen die Gesamteinnahmen der Gemeinden im Jahr 2012 16,985 Mrd. Euro (bereinigt um die Schuldenaufnahme), die Gesamtausgaben lagen mit 16,587 Mrd. Euro darunter (bereinigt um Schuldentilgung). Der Gebarungsüberschuss für 2012 betrug 398 Mio. Euro (2011 betrug der Überschuss 226 Mio. Euro). Das Maastricht-Ergebnis 2012 (Finanzierungssaldo laut VRV 1997) war mit 376,8 Mio. Euro bzw. 0,12 Prozent des BIP positiv (2011: 420,7 Mio. Euro bzw. 0,14%). Der Rückgang um 43,9 Mio. Euro bzw. 10,5 Prozent beruht unter anderem auf den gestiegenen Investitionsausgaben. Diese fanden vor allem im Dienstleistungsbereich (Wasserwirtschafts-, Kanal- und Müllentsorgungsbetriebe) statt.

1-Gesamteinnahmen-Gesamtausgaben

2-Struktur-der-Gemeindeabgaben-ohne-Wien

Gemeindeeigene Steuer stiegen höher als Ertragsanteile

Die Ertragsanteile der Gemeinden aus dem Finanzausgleich sind im Jahr 2013 moderat angestiegen – im Durchschnitt um 3,4 Prozent (+182 Mio. Euro) auf insgesamt 5,51 Mrd. Euro. Bei den gemeindeeigenen Abgaben und Steuern (Grundsteuer, Kommunalsteuer, etc.) war 2012 ein durchschnittlicher Einnahmenanstieg von 3,8 Prozent zu verzeichnen. Insgesamt nehmen die Gemeinden aus diesem Bereich jährlich rund 3,019 Mrd. Euro ein.

Ein Blick auf die Struktur der gemeindeeigenen Steuern und Abgaben zeigt die große Bedeutung der Kommunalsteuer für die Gemeindekassen. Fast 65 Prozent des gesamten Abgabenaufkommens stammen aus dieser arbeitsplatzbasierten Einnahme. Die Grundsteuer hat mit rund 17 Prozent deutlich geringere Bedeutung.

Geringere Gebühren in kleineren Gemeinden

Die Gebühreneinnahmen sind 2012 bei den Gemeinden ohne Wien um durchschnittlich 4,32 Prozent gestiegen und betragen nun 1,76 Mrd. Euro. „Das sind im Grunde Durchlaufposten. Wir sind ja verpflichtet, kostendeckende Gebührenhaushalte zu führen“, berichtet Mödlhammer. Im Durchschnitt werden 54,6 Prozent der Gebühreneinnahmen für die Abwasserentsorgung verwendet, 24,1 Prozent für die Müllentsorgung und 17 Prozent für die Wasserversorgung. In Wien stiegen die Gebühren im gleichen Zeitraum um 14,9 Prozent.

3-Gemeindegebuehren-nach-Groessnklassen-in-EUR-pro-Kopf

4-Gemeindegebuehren-ohne-Wien-2012-nach-BL

Auffällig ist auch, dass die kleineren Gemeinden mit geringeren Gebühren für ihre Dienstleistungen auskommen, als die großen Kommunen. Mit der Größe der Gemeinde steigt auch die pro Kopf Belastung, bis sie in den neun heimischen Städten über 50.000 Einwohner bei der pro Kopf Betrachtung naturgemäß etwas sinkt. Im Österreich-Durchschnitt (ohne Wien) fallen pro Gemeindebürger somit jährlich 263 Euro an Gebühren an.

Freie Finanzspitze etwas gesunken

Die freie Finanzspitze, die durch Abzug der Tilgung von Finanzschulden vom Saldo der laufenden Gebarung errechnet wird, ist im Vergleich zu 2011 um 2,68 Prozent gesunken und betrug 2012 rund 525 Mio. Euro. Mitverantwortlich für das einigermaßen stabile Ergebnis ist hier sicherlich auch die Steigerung im Burgenland, die den Gemeinden rund 100 Mio. Euro durch den Verkauf der BEGAS-Anteile in die Kassen spülte.

Erhöhtes Ausgabenvolumen

Die großen Investitionen in die Bildungsinfrastruktur haben zu einem erhöhten Ausgabenvolumen geführt (+6,5% im Bereich „Unterricht und Bildung“). Umgekehrt konnte die Dynamik der stark steigenden Ausgaben für den Sozialbereich, zu dem auch die Pflege zählt, abgeschwächt werden. Das ist vor allem den Folgewirkungen des Pflegefonds geschuldet, über den sich Bund und Länder deutlich stärker an den Pflegekosten beteiligen müssen, als vor dessen Einführung im Jahr 2011. „Das zeigt, wie wichtig die Einführung des Pflegefonds für die Gemeinden war“, fasst Mödlhammer zusammen, „davor hatten wir alleine bei dieser Ausgabengruppe zum Teil stark zweistellige Prozentsteigerungen pro Jahr.“

Zahl der Abgangsgemeinden steigt, Abgangsvolumen sinkt

Bei den Abgangsgemeinden entspannt sich die Lage weiter. Zwar ist die Anzahl jener Gemeinden, die ihren Haushalt nicht ohne Bedarfszuweisungen ausgleichen können, auf 805 gestiegen, das Gesamtvolumen der Abgänge ist 2012 aber erneut gesunken. Rund 70 Mio. Euro sind derzeit nötig, um diesen Gemeinden aus den gemeindeeigenen Bedarfszuweisungsmitteln, die von den Ländern verwaltet werden, unter die Arme zu greifen.

Investitionen steigen weiter an

„Dass die Investitionen der Gemeinden 2012 wieder angestiegen sind, ist sehr wichtig – auch für die Wirtschaft, denn in den Jahren 2010 und 2011 sind wir mit beiden Füßen auf die Investitionsbremse gestiegen“, so Mödlhammer. 1,642 Mrd. Euro haben die Kommunen für neue Investitionen in die Hand genommen, immerhin eine Steigerung von 8,2 Prozent. „Wir sind natürlich noch lange nicht dort, wo wir schon einmal waren, als wir jedes Jahr mehr als zwei Milliarden investieren konnten. Aber 2012 haben wir Überschüsse erwirtschaftet, reale Schulden abgebaut und dennoch die Investitionen gesteigert. Das muss und est einmal jemand nachmachen“, weiß Mödlhammer.

Fast die Hälfte der Investitionen, 752 Mio. Euro, flossen in die Aufgabengruppe Dienstleistungen, also in den Kanalbau, Kläranlagen, Müllentsorgung aber auch in Kinderspielplätze, Parks oder öffentliche Beleuchtung. Infrastrukturinvestitionen im Bereich Verkehr machten ein Viertel und damit 428,2 Mio. Euro aus. Diese beiden Bereiche waren 2012 mit +57,8 Mio. Euro oder +8,4 Prozent im Bereich Dienstleistungen und +36,2 Mio. Euro oder +9,2 Prozent im Bereich Straßen- und Wasserbau, Verkehr die am stärksten steigenden Investitionsbereiche. Der drittgrößte Investitionsblock war Bildung – hier wurden von Österreichs Gemeinden im Jahr 2012 233,1 Mio. Euro investiert, ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr von fünf Mio. Euro (-2,1%).

5-Anzahl-der-Abgangsgemeinden-Oe-und-Abgang-in-EUR-Mio

6-Bruttoinvestitionen-der-Gemeinden-ohne-Wien-in-EUR-Mio

7-Finanzschuldenentwicklung-der-Gemeinden-ohne-Wien

Finanzschulden zum zweiten Mal in Folge reduziert

Der Schuldenstand der Gemeinden (ohne Wien) hat sich im Jahr 2012 zum zweiten Mal in Folge reduziert. Nachdem sich – erstmals seit Mitte der 80er Jahre – bereits im Jahr 2011 die Finanzschuld der Gemeinden (ohne Wien) mit einem Rückgang von 43 Mio. Euro bzw. -0,4 Prozent verringerte, konnten 2012 die Schulden um weitere 282,5 Mio. bzw. -2,4 Prozent reduziert werden. „Das ist schlichtweg sensationell“, freut sich Mödlhammer. Die Finanzschuld der Gemeinden betrug Ende 2012 noch 11,359 Mrd. Euro, im Jahr 2011 waren es noch 11,641 Mrd. Euro. Der in allen Bundesländern verzeichnete Rückgang der Finanzschulden ergibt sich sowohl aus einer vorsichtigen Schuldenaufnahme der Gemeinden als auch aus aktiven Schuldentilgungen.

Erfreuliches Ergebnis auch in den Bundesländern

In fast allen Bundesländern sind die Einnahmen stärker gestiegen, als die Ausgaben. „Wir arbeiten in den Gemeinden nach dem Prinzip, dass man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt“, so Mödlhammer.

10-Gemeindegebuehren-ohne-Wien-2012-nach-BL

11-Investitionen-der-Gemeinden-ohne-Wien-2012-nach-BL

12-Schuldenstand-der-Gemeinden-ohne-Wien-2012-nach-BL

13-Gesamteinnahmen-und-ausgaben-ohne-Wien-2012-nach-BL

8-Kassenmaeßige-Ertragsanteile-ohne-Wien-2012-nach-BL

9-Gemeindeabgaben-ohne-Wien-2012-nach-BL

Finanzjahr 2013 ist „zufriedenstellend“

„Die Entwicklung der Ertragsanteile im Jahr 2013 ist durchaus zufriedenstellend“, berichtet der Gemeindebund-Chef. „Anlass zur Euphorie besteht freilich auch nicht.“ Im Jahresvergleich sind die Vorschüsse um insgesamt 4,4 Prozent gestiegen. „Das ist mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, allerdings haben die Einnahmen aus den Steuerabkommen mit unserem Nachbarland für unerwartete Mehreinnahmen gesorgt, die sich auf das Gesamtergebnis auswirken“, so Mödlhammer.

Sparen, wo es sinnvoll ist

„Die Gemeinden sind das stabile Fundament Österreichs. Obwohl die Gemeinden in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie sich schnell auf neue Situationen einstellen können, brauchen wir gerade jetzt in der Budgeterstellungsphase verlässliche Ansagen und Stabilität“, richtet der Gemeindebund-Präsident einen Appell an die künftige Bundesregierung und er wiederholt: „Wir brauchen einen Belastungsstopp, sowohl bei den Aufgaben, als auch bei der Gesetzesflut. Unser Personalstab ist an der Belastungsgrenze angekommen. Wir müssen den bürokratischen Aufwand verkleinern, statt vergrößern. Ein Beispiel dafür ist, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände bei den vierteljährlichen Meldungen aufgrund des Medientransparenzgesetzes Nullmeldungen abgeben müssen.“

Viel Geld läge auch bei den Transfers, sind sich Mödlhammer und Städtebund-General Thomas Weninger einig: „Wir müssen die Aufgaben klar zuteilen und die Finanzströme entflechten. Diese Forderungen bringen Geld, statt zu kosten.“ Um eine möglichst effiziente Umsetzung der Vereinbarungen mit dem Bund zu garantieren, pochen die Gemeinden auch weiterhin auf die Fähigkeit, 15A-Verträge direkt mit dem Bund abschließen zu können. „Wenn man uns arbeiten lässt, bleiben die Gemeinden die verlässlichsten und stabilsten Partner“, so Mödlhammer abschließend.