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“Freeman” wollte von Garser Ortschef 10 Mio. Euro

20.1.2017 – Ein sogenannter „Freeman“ hat von Bürgermeister Martin Falk zehn Millionen Euro verlangt. Auch an die Vizebürgermeisterin und Mitarbeiter der Gemeinde Gars am Kamp wurden Mahnungen gerichtet. Das Amt für Verfassungsschutz ermittelt.

Bürgermeister sind in Österreich juristische Auseinandersetzungen mittlerweile gewohnt. Was dem Ortschef der niederösterreichischen Gemeinde Gars am Kamp nun passiert ist, sticht aber doch heraus. Als ein vor zwei bis drei Jahren zugezogener Tiroler die Kanal- und Wassergebühren nicht mehr zahlte, leitete der Bürgermeister ein Mahnverfahren ein. Als der Mann ein paar Monate und Mahnungen später immer noch nicht zahlen konnte oder wollte, wurde ein Exekutionsverfahren eingeleitet. Dies sah der Betroffene aber als widerrechtliche Verwendung seines Namens und stellte seinerseits eine Forderung in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro an Martin Falk, den Bürgermeister der 3.500-Einwohner-Gemeinde, mit der Drohung, dass wenn der Bürgermeister nicht zahlt, er ins amerikanische Schuldenregister eingetragen werden wird.

„Das Schlimme ist, er hat das nicht nur von mir gefordert, sondern später als ich im Urlaub war und meine Vizebürgermeisterin eine Mahnung unterschrieben hat, auch von ihr. Forderungen in Höhe von je 200.000 Euro hat der Bürger auch an den Obersekretär und die zuständige Fachbearbeiterin gerichtet. Ich habe mich an meinen Rechtsanwalt gewendet, der aber sagte, dass man nichts machen könne, solange die Sache nichts gerichtsanhängig ist“, so Martin Falk.

Wenn der Staat abgelehnt wird

Der Mann gehört zu jener Gruppe oder politischen Sekte, die vom Staat enttäuscht ist und in weiterer Folge jegliche staatliche Autorität ablehnt. Die bekanntesten Verbindungen sind „Freeman“, „Souveräne Bürger“, „Terranier“, „Reichsbürger“, „Verfassungsgebende Versammlung“ (VGV) und „Staatenbund Österreich“. Die Reichsbürger machen sich beispielsweise ihre eigenen Ausweise oder Nummernschilder beim Auto. Kennzeichnend ist, dass sie keine Steuern oder Abgaben zahlen wollen, sich bei Verkehrskontrollen weigern oder auch staatliche Verwaltung solange durch Spaßeingaben überlasten wollen, bis diese zusammenbrechen (Malta-Muster). Bekannt ist auch die Eintragung von nicht realen Schulen in das US-Schulden-Register UCC (Register Uniform Commercial Code). Mittlerweile gibt es über 1.100 dieser Anhänger nur in Österreich.

Ein Jahr Ungewissheit

Die Forderung nach unglaublichen zehn Millionen Euro bedeutete für Martin Falk und die anderen, seit Dezember 2015 regelmäßig in dem US-Schuldenregister nachzusehen, ob diese schon eingetragen ist. „Das ist natürlich schon ein dauernder Aufwand“, so Falk. Erst wenn es dort registriert ist, kann man sich um die Löschung kümmern. Irgendwann wurde das Landesamt für Verfassungsschutz auf die Sachlage aufmerksam. „Wir wurden einvernommen“, erzählt Falk. Am 23. Dezember 2016 wurde der „Freeman“ schließlich in Untersuchungshaft genommen.

Musterprozess erwartet

„In der zweiten Jänner-Woche haben wir vom Landesgericht Krems die Ladung als Zeugen für eine Verhandlung, die am 30. Jänner 2017 stattfinden soll, bekommen“, berichtet Falk, der überzeugt ist, dass dieser Prozess als Präzedenzfall für weitere dienen wird.

Update: Während der Artikel geschrieben wurde, erhielt Bürgermeister Falk einen weiteren Brief von einem „bevollmächtigten Repräsentanten“ aus der Steiermark, der eine zusätzliche Forderung in Höhe von 2,8 Millionen Euro stellte. Auch dieses Schreiben liegt mittlerweile dem Landesamt für Verfassungsschutz vor.

Wie sich Politiker oder Verwaltungsmitarbeiter in solchen Fällen verhalten, können Sie hier nachlesen.

Bundesamt_für_Verfassungsschutz_und_Terrorismusbekämpfung

(Bildquelle: BMI)
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurde Ende 2016 auf den Fall in Gars aufmerksam.
Martin Falk sollte 10,3 Millionen Euro an einen Staatsverweigerer zahlen. Ende Jänner findet der Prozess gegen den sogenannten „Freeman“ am Landesgericht Krems statt. (Bild: ZVG)