Die deutsche PKW-Maut wurde überraschend vom Europäischen Gerichtshof gekippt: Die Reaktionen fallen hierzulande überwiegend positiv aus. Eine Erleichterung stellt das Urteil vor allem für die österreichischen Grenzgemeinden dar.
Die Spannung ist groß, als am 18. Juni 2019 das Gerichtsurteil öffentlich wird: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die deutsche PKW-Maut für rechtswidrig erklärt. Von der Regelung wären besonders jene Gemeinden betroffen gewesen, die als österreichische „Exklaven“ nur über deutsche Straßenverbindungen erreichbar sind.
Ungleichbehandlung von Autofahrern
Die geplante PKW-Maut für deutsche Autobahnen war vor allem bei den Österreichern auf Unmut gestoßen. Das Gesetz sah eine Autobahn-Maut auf Kosten der ausländischen Autofahrer vor. Deutsche PKW-Fahrer hätten die Abgabe zwar auch leisten müssen, aber das Geld über eine geringere Kfz-Steuer wieder zurückbekommen. Die sogenannte Infrastrukturabgabe hätte ab 2020 pro Jahr 500 Millionen Euro einbringen sollen. Die Preise sollten von der Größe des Motors und der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs abhängen und hätten sich auf maximal 130 Euro belaufen.
Österreich hatte daraufhin mit Unterstützung der Niederlande vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Mit Erfolg: Die Richter sahen eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer und Verstöße gegen die EU-Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs.
Freude im Kleinwalsertal
Die Vorarlberger Gemeinde Mittelberg im Kleinwalsertal umfasst mehrere Ortschaften, die eines gemeinsam haben: Aufgrund ihrer geografischen Lage sind sie nur von Deutschland aus erreichbar. Ähnlich sieht es in der Tiroler Gemeinde Jungholz aus, denn die knapp 300 Einwohner müssen ebenfalls das deutsche Verkehrsnetz benutzen, um ins übrige Tirol zu gelangen. Sie alle wären direkt von der deutschen PKW-Maut betroffen gewesen.
Dementsprechend positiv sind die Reaktionen auf die gekippte Regelung. „Wir sind ziemlich erleichtert, das kann man schon sagen“, gesteht der Mittelberger Bürgermeister Andi Haid. „Die gesamte Talbevölkerung hätte die deutsche Maut bezahlen müssen.“ Haid hatte sich im Vorfeld für eine Sonderregelung für das Kleinwalsertal eingesetzt. Die offenen Briefe an die Behörden in Zusammenarbeit mit EUREGIO via salina, der Dachorganisation für die Regionen Allgäu, Tirol und Vorarlberg, hatten aber wenig genutzt.
Überraschendes Urteil
„Eigentlich hatten wir dieses Urteil nicht erwartet“, so Haid. „Meistens schließt sich ja der EuGH der Empfehlung des Generalanwalts an.“ Dieser hatte Anfang des Jahres empfohlen, die Klage abzuweisen.
Die Bürgermeisterin von Jungholz, Karina Konrad, zeigte sich ebenfalls überrascht. „Einerseits sind wir erleichtert, andererseits hätte Deutschland das Recht gehabt, die Maut einzuheben, weil es in Österreich auch eine gibt“, räumt sie ein. Schließlich, so Konrad, würden auch viele andere EU-Staaten eine Maut verlangen.