“Was lange währt, wird endlich gut.” Trifft das Zitat des römischen Dichters Ovid auch auf die Novelle des Telekommunikationsgesetzes zu, die – angekündigt für nach dem Sommer 2020 – letztlich kurz vor dem Jahreswechsel in Begutachtung geschickt wurde? Um das zu beurteilen, muss man etwas weiter ausholen.
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger will die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) bis zum Sommer 2021 umsetzen. Gemäß der Vorgabe der Europäischen Union hätte dies schon bis zum 21. Dezember 2020 erfolgen sollen.
Ein EU-Vertragsverletzungsverfahren erwartet Köstinger dennoch nicht, da die intensive Abstimmung mit Ministerien, Ländern und Interessenvertretungen pandemiebedingt nur erschwert und mit Verzögerung möglich war. Das habe dazu führte, dass auch andere Mitgliedsstaaten, wie beispielsweise Deutschland, es erst kurz vor Weihnachten geschafft hätten, die Novelle in Begutachtung zu schicken, so Köstinger.
Ziele der TKG-Novelle
Hehre Ziele werden mit der TKG-Novelle verfolgt, darunter fallen etwa die Verbesserung des Konsumentenschutzes im Bereich der Telekommunikation, die Optimierung des Frequenzvergabeverfahrens, die Schaffung von Anreizen zur Investition in die Telekommunikationsinfrastruktur und die Schaffung eines öffentlichen Warnsystems. An diesen Zielen ist nichts auszusetzen. Ob sie allerdings ausreichen, um Österreich im internationalen Vergleich im Bereich der Digitalisierung besser dastehen zu lassen, sei dahingestellt. Aus der Sicht des Gemeindebundes lässt der vorliegende Entwurf der TKG-Novelle einige notwendige Änderungen und Ergänzungen vermissen.
Schnelles Internet als Daseinsvorsorge
Im ersten Abschnitt der Novelle kommt mehrmals das Wort „Wettbewerb“ vor. Dies ist prinzipiell zu begrüßen, allerdings wäre es notwendig, den Wettbewerb nur über die Dienste und nicht über die Infrastruktur laufen zu lassen.
Es bedarf vielmehr einer Open-Access-Infrastruktur, die von allen genutzt werden kann (ähnlich wie dies bei Strom- oder Bahnnetzen der Fall ist) – eine Mehrfachverbauung bzw. Überbauung muss unbedingt vermieden werden.
Der Österreichische Gemeindebund hat in der Vergangenheit schon mehrmals darauf hingewiesen, dass Glasfaser und 5G als Elemente der Daseinsvorsorge unserer Zeit zu verstehen sind und ihr Ausbau daher nicht von Fragen der Gewinnorientierung abhängen sollte, ähnlich wie es in den Bereichen Abfall-, Kanal-, Wasser- und Stromwirtschaft der Fall ist. Jede andere Herangehensweise würde zu einem gravierenden Gefälle zwischen städtischen Zentren und ländlichen Räumen führen. Das wäre ein Bruch mit der heimischen Tradition.
Für den ländlichen Raum sind Glasfaser und 5G wichtige Zukunfts- und Standortfaktoren. Die Pandemie-Krise führt uns die Wichtigkeit von schnellen Internetverbindungen deutlicher vor Augen als jede Phase vorher. Homeoffice, Distance-Learning, Lieferservices, Click & Collect, E-Rezept usw. sind nur einige Schlagworte dazu. In diesem Bereich gibt es noch viel zu tun: Laut den letzten verfügbaren Daten vom April 2020 ist Österreich europäisches Schlusslicht beim Glasfaserausbau.
Interessant ist die Begriffsbestimmung des § 4 Z. 62, der als “Hochgeschwindigkeitsnetz für die elektronische Kommunikation” ein “Kommunikationsnetz, das die Möglichkeit bietet, Breitbandzugangsdienste mit Geschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s in Downstreamrichtung bereitzustellen” definiert. Diese Definition muss schon heute als überholt verstanden werden. In Haushalten, in denen sich mehrere Personen im Homeoffice bzw. Distance-Learning befinden, sollte eine Bandbreite von 100 Mbit/s gegeben sein.
Öffentliches vs. privates Eigentum
Die §§ 52 bis 54 regeln die Leitungsrechte an privatem Grundeigentum, an öffentlichem Eigentum und an öffentlichem Gut. Dem Bereitsteller eines öffentlichen Kommunikationsnetzes wird darin die Berechtigung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen Leitungsrechte einerseits “an in privatem Eigentum stehenden Liegenschaften in Anspruch zu nehmen” und andererseits “an in öffentlichem Eigentum stehenden Liegenschaften und Objekten in Anspruch zu nehmen”.
Eine Ungleichbehandlung von öffentlichem und privatem Eigentum ist sehr zu hinterfragen. Außerdem stellt sich die Frage, wie mit kritischen Gebäuden wie Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern umzugehen ist und was im Falle eines Verkaufs eines öffentlichen Objekts an einen Privateigentümer passieren würde.
Positive Aspekte der Novelle
Einige Änderungen sind positiv zu bewerten, wie der § 15 Abs. 3, in dem an die Vergabeentscheidung auch ein Versorgungsauftrag geknüpft ist, oder die §§ 16 und 26, die der Regulierungsbehörde die Möglichkeit einräumen, jenen Unternehmen, die den Zuschlag zur Frequenzzuteilung bekommen, gewisse Verpflichtungen aufzuerlegen – etwa solche, die “zur Einhaltung einschlägiger internationaler Vereinbarungen über die Nutzung von Frequenzen erforderlich sind”, oder auch “in Bezug auf die gemeinsame Nutzung von passiven Infrastrukturen oder (…) über den Abschluss nationaler Roamingzugangsvereinbarungen”. Aus Sicht des Gemeindebundes wäre es allerdings wünschenswert, wenn die Kann-Bestimmungen in Muss-Bestimmungen umgewandelt würden.
Ammon statt Ovid
Deshalb werden wir es mit dem Entwurf der TKG-Novelle wohl weniger mit dem eingangs erwähnten Ovid halten, sondern mit dem deutschen Texter Fred Ammon, der meinte: “Beklage nicht, was du ändern kannst!” Die uns eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren nützen wir, um auf die aus unserer Sicht notwendigen Änderungen und Ergänzungen hinzuweisen. Wenn es die Bundesebene ernst meint mit den selbst gesteckten Zielen – flächendeckender Breitbandausbau, Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in Stadt und Land und eine Vorreiterrolle in Europa –, sind Änderungen im Entwurf erforderlich. Ansonsten kann man jetzt schon vorhersagen, dass diese Ziele nicht erreicht werden.
Zur Autorin: Kristina Mandl ist Fachreferentin in der Abteilung Recht und Internationales des Österreichischen Gemeindebundes.