Der Digital Economy and Society Index (DESI) 2022 der Europäischen Kommission bestätigt: Bis Mitte 2021 war Österreich im Breitbandausbau klar unter den Schlusslichtern der Europäischen Union. Während Staaten wie Spanien, die Niederlande oder Lettland bereits rund 90 Prozent der Haushalte mit Glasfaserinternet abdecken konnten, bewegte sich Österreich mit rund 45 Prozent in einer Liga mit den Letztplatzierten.
Mobiles Internet reicht nicht
Die Gründe für das bisher langsame Voranschreiten im Glasfaserausbau sind divers. So wurde zunächst aus technischer Sicht auf das falsche Pferd gesetzt. War man nämlich anfangs davon ausgegangen, den peripheren Raum ganz einfach durch mobiles Internet (also 4G oder 5G) versorgen zu können, so zeigte sich bald, dass man den heutigen Ansprüchen damit schlichtweg nicht gerecht wird. In Zeiten von Homeoffice, Streaming-Diensten und Videokonferenzen kann nur ein Zusammenspiel von Glasfasertechnologie und Mobilfunk zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen.
Kupferkabel verhindern Glasfaserausbau
In gewisser Hinsicht scheint Österreich außerdem Opfer seines eigenen Erfolgs geworden zu sein. Denn die Kupferleitungen, die in fast jedem Haus verlegt sind, haben sich in Österreich als besonders langlebig erwiesen.
Im europaweiten Vergleich zeigt sich, dass Staaten wie beispielsweise Portugal, die eine weniger gute Abdeckung mit Kupfernetzen hatten, im Glasfaserausbau schneller vorankamen und heute fast flächendeckend versorgt sind. Auch wenn die Kupferleitungen in Österreich noch verhältnismäßig gut funktionieren, können diese bei Weitem nicht die Up- und Downloadgeschwindigkeiten von Glasfaserinternet erreichen, was den Umstieg unausweichlich macht.
Größter Fördercall, den es je gab
Seit der Analyse der Europäischen Kommission Mitte 2021 hat sich viel getan. Der Startschuss zur zweiten Breitbandmilliarde erfolgte im März 2022 mit einem ersten Fördercall von 660 Millionen. Insgesamt werden bis 2030 1,4 Milliarden Euro investiert, wovon vor allem der ländliche Raum maßgeblich profitieren soll. Die Fördergelder stammen zu einem großen Teil aus den Recovery-Fonds der Europäischen Union sowie aus Erlösen aus Frequenzvergaben und dem Konjunkturpaket.
Beim aktuell laufenden ersten Fördercall der zweiten Breitbandmilliarde handelt es sich um den größten Fördercall, den es in Österreich je gab. Trotzdem war dieser rasch um ein Fünffaches überzeichnet (es wurden also fünfmal so viele Förderungen beantragt, wie letztlich ausbezahlt werden können).
Weitere Fördergelder
Folglich wären viele Projekte zwar als förderfähig befunden worden, hätten aber letztlich aufgrund des beschränkten Budgets keine Unterstützung erhalten. Dies hätte wohl unter allen Beteiligten – verständlicherweise – zu großem Unmut geführt, zumal auch der Einreichungsprozess einigermaßen aufwendig ist.
Um dem entgegenzuwirken, beschloss die Regierung, 300 Millionen Euro aus dem Gesamtbudget auf den aktuellen Fördercall vorzuziehen. Diese Summe wird in das Programm „Open-Net“ investiert, das damit von 450 Millionen auf 750 Millionen Euro aufgestockt wird. Im Oktober 2022 soll zusätzlich das Programm „Access“ aufgestockt werden.
Privatwirtschaft investiert in Glasfaserausbau
Geförderten Breitbandausbau gibt es in Österreich seit dem Jahr 2015. Damit wurde es den ländlichen Gemeinden ermöglicht, sich selbst um den Ausbau zu kümmern, während die großen Player der Privatwirtschaft aus Kostengründen in den peripheren Lagen nicht investieren wollten. Während die öffentliche Hand also bereits länger aktiv den Breitbandausbau im ländlichen Raum vorantreibt, wurden Investitionen von privatwirtschaftlicher Seite lange Zeit als nicht rentabel bewertet.
Besonders seit dem diesjährigen Sommerbeginn kommt allerdings Bewegung in den Glasfasermarkt. A1 als größter Glasfasernetzanbieter will in den kommenden fünf Jahren drei Milliarden Euro in den Glasfasermarkt stecken. Zusätzlich haben über die letzten Monate auch einige neue Marktteilnehmer beschlossen, entsprechende Investitionen zu tätigen.
So beispielsweise Speed Connect, die eine Investition von rund einer Milliarde Euro plant, und die Allianz-Tochter öGIG (österreichische Glasfaserinfrastrukturgesellschaft). Letztere will über drei Jahre rund 929 Millionen Euro investieren. Magenta wiederum schloss sich mit einem französischen Investor zusammen und plant insgesamt rund zwei Milliarden Euro zu investieren. Insgesamt werden also in den nächsten fünf Jahren rund sechs Milliarden Euro an privaten Geldern in den Markt fließen.
Konkurrenzkampf um staatliche Fördermittel
Zweifellos stehen die ländlichen Gemeinden durch die rasanten Entwicklungen am Glasfasermarkt einer völlig neuen Situation gegenüber. Zunächst zeichnet sich ein Konkurrenzkampf um die staatlichen Fördermittel ab. Auch wenn für den aktuellen Fördercall Gelder vorgezogen wurden, bleibt fraglich, ob alle förderfähigen Projekte unterstützt werden können, wenn nicht auch das Gesamtbudget der zweiten Breitbandmilliarde noch entsprechend erhöht wird.
Spannend bleibt die Entwicklung der privaten Investitionen in geografischer Hinsicht. Die großen Betreiber betonen zwar regelmäßig, dass ein starker Fokus auf den peripheren Raum gelegt werden soll, da man sich der herausragenden Bedeutung von Glasfaseranbindungen für den ländlichen Raum bewusst sei. Ob darunter allerdings wiederum nur regionale Zentren oder auch abgelegenere Gemeinden verstanden werden, bleibt offen.
Aus kommunaler Sicht bleibt zu sagen, dass sich die Rolle der Bürgermeister im Breitbandausbau wohl verändern wird, nämlich von der oftmals einzigen treibenden Kraft hin zu einer koordinierenden Rolle, die die diversen Interessen am Markt in Einklang bringt.
Zur Autorin: Mag. Kathrin Wildpert ist Fachreferentin in der Abteilung Recht und Internationales des Österreichischen Gemeindebundes.