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Billigst- oder Bestbieterprinzip? Eine Gegenüberstellung

Die Fragen nach welcher dieser beiden Varianten Aufträge vorrangig vergeben werden sollen, ist so alt wie das Vergaberecht selbst.

Jüngst war die Thematik Gegenstand einer parlamentarischen Enquete zum Thema „Faire Vergaben sichern Arbeitsplätze“. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde ein sechs Punkte umfassender Forderungskatalog der Sozialpartner vorgestellt (vgl. www.faire-vergaben.at). In diesem Papier wird unter anderem die Anpassung des Vergaberechts dahin, dass das Bestbieterprinzip ohne Ausnahme zur Anwendung zu kommen hat, gefordert. Auch die EU-Vergaberichtlinie 2014/24 und 2014/25 vom 26. 2. 2014 enthält Ansätze in diese Richtung.

Aus Anlass dieser neu aufflammenden Diskussion soll im Folgenden versucht werden, die beiden möglichen Prinzipien des Vergaberechts für den Gemeindebereich (in einigen wesentlichen Punkten und ohne Anspruch auf Vollständigkeit) gegenüberzustellen und zu vergleichen. Dabei beschränke ich mich auf praktische Überlegungen und klammere die Frage politischer Zielsetzungen, die mit vergaberechtlichen Bestimmungen auch verfolgt werden (z.B. Sicherung von arbeits- und sozialrechtlichen Standards etc. durch vergaberechtliche Vorgaben) völlig aus. Dazu an dieser Stelle lediglich der Hinweis, dass neue Regelungen – und diesbezüglich besteht soweit ich sehe auch Konsens – keinesfalls unverhältnismäßige zusätzliche Bürokratisierung (Stichwort: Überfrachtung des Vergaberechts) mit sich bringen dürfen.

Vergaberechtlicher Rahmen

Die grundsätzliche Bestimmung zu Billigst- und Bestbieterprinzip findet sich in § 2 Z 20 lit d BVergG 2006. Demnach sind Zuschlagskriterien bzw. ist Zuschlagskriterium entweder

„(aa) bei der Wahl des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes die vom Auftraggeber im Verhältnis oder ausnahmsweise in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegten, nicht diskriminierenden und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängenden Kriterien, nach welchen das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird, wie zB Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- bzw. Ausführungsfrist, oder
(bb) bei der Wahl des Angebotes mit dem niedrigsten Preis der Preis. Der Gesetzgeber sieht daher ein entweder oder vor. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.“

Für die Direktvergabe gelten diese Vorgaben naturgemäß schon grundsätzlich nicht.

Zuschlagskriterien oft schwierig zu definieren

Einfacher ist es natürlich, nach dem Billigstbieterprinzip zu vergeben.
Die Definition sachlich gerechtfertigter Zuschlagskriterien stellt ohne die nötige Expertise häufig eine Herausforderung dar. Die Bewertung nicht direkt messbarer Kriterien (z.B. Design), die zumeist durch eine Kommission im delphischen System erfolgt, hat zwangsläufig starke subjektive Elemente. Für völlig standardisierte Produkte werden Zuschlagskriterien neben dem Preis oft auch für Experten schwer zu finden und neutral zu formulieren sein. Gerade die Vorgabe von Zuschlagskriterien, die Nachweise z.B. aus dem Produktionsprozess der Bieter betreffen, bedeutet einen großen Nachprüfungsaufwand. Kriterien können in der Praxis auch durchaus in einem gewissen Widerspruch zueinander stehen (z.B. Preis und arbeits- und sozialrechtliche Standards), sodass sie sich je nach Gewichtung bis zu einem gewissen Grad egalisieren. Wenn man eine Vielzahl von Kriterien definiert, dann ist das sich ergebende System vieler Variablen in seinen Auswirkungen schwer berechenbar und bringt unter Umständen eben nicht das beste Ergebnis als Resultat.

Auf der anderen Seite ist der Preis allein – wie gesagt ausgenommen in Bereichen sehr starker Standardisierung – oft eine nicht ausreichende Determinante. Gerade bei eindeutigen zusätzlichen Kriterien (z.B. Lieferzeitpunkt) kann zusätzlicher Nutzen für den Auftraggeber erzielt werden.

Wahlfreiheit wäre beste Alternative

Zuerst braucht es auch in Zukunft das Billigstbieterprinzip als gesetzlich vorgesehene Möglichkeit. Gerade stark standardisierte Produkte werden oft nur nach preislichen Gesichtspunkten zu vergeben sein.

Zum zweiten wird man das Bestbieterprinzip aufgrund des mit diesem verbundenen höheren Aufwands tendenziell eher im Bereich höherer Auftragswerte in Erwägung ziehen. Aufwand und Gegenstand des Vergabeverfahrens müssen immer in einer vernünftigen Relation stehen.
Letztlich entschärft die Möglichkeit der Direktvergabe, die wie sich erst kürzlich entschieden hat auch über den 31. Dezember 2015 hinaus nach den höheren Werten der Schwellenwerteverordnung zur Anwendung kommen kann, das Problem im kommunalen Bereich doch wesentlich.

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(Bild: ZVG)
Mag. Franz Flotzinger ist Jurist beim Oberösterreichischen Gemeindebund. Außerdem ist er Vortragender in der Gemeinderverwaltungsschule und der Kommunalen Managementakademie des OÖ Gemeindenbundes, sowie Lektor für Europarecht an der Uni und FH Linz.