Gemeinde in Quarantäne: Das bedeutet Abschottung nach außen und die Zu- und Abfahrt ist nur mehr in Ausnahmefällen erlaubt. Welche Herausforderungen die Isolation für eine Gemeinde mit sich bringt und wie die Rückkehr zum „Normalbetrieb“ funktioniert hat, erzählt der Bürgermeister einer ehemaligen Quarantäne-Gemeinde.
Die Erleichterung war groß, als am 15. April 2020 in Altenmarkt im Pongau die Quarantäne aufgehoben wurde – noch dazu als letzte Gemeinde im Bundesland Salzburg. Während die Quarantäne-Bestimmungen zur Eindämmung des Coronavirus in den anderen Salzburger Gemeinden mit Ostermontag ausliefen, waren sie in Altenmarkt noch kurzfristig um zwei Tage verlängert worden.
Bevölkerung hielt sich zum Großteil an Regeln
„Natürlich war man erst über die Verlängerung der Quarantäne enttäuscht, weil auch wir mit einer Öffnung nach Ostern gerechnet haben. Aber man hat es verstanden“, erzählt Bürgermeister Rupert Winter. Grund für die Verzögerung waren die hohen Infektionszahlen im Altenmarkter Seniorenheim.
Im Nachhinein hat man aus den zwei Wochen Quarantäne aber so einiges gelernt: Etwa über die Kommunikation mit der Bevölkerung, welche Strukturen systemrelevant sind und wo man gegebenenfalls Ausnahmen machen muss. „Der Ort hat insgesamt sehr vernünftig reagiert“, resümiert der Bürgermeister. „Wir kannten einerseits den Ablauf schon von der Nachbargemeinde Flachau, die schon zuvor unter Quarantäne gestellt worden war. Wenn dann der eigenen Ort zu ist, ist das natürlich doch noch etwas anderes.“
Ausnahmeregelungen oft überraschend
Während die Grundversorgung in der knapp 4.500-Einwohner-Gemeinde während der Quarantäne kein Problem darstellte, gab es bei den Ein- und Ausfahrtsbeschränkungen auch den einen oder anderen Sonderfall: Sowohl in den Betrieben selbst als auch bei den Kontrollen durch die Exekutive an den Ein- und Ausfahrten wurden „systemrelevante Berufe“ mehr oder weniger streng bewertet. So kam es bisweilen zu Situationen, wo Pendler morgens zwar raus und abends aber nicht mehr wieder reingelassen wurden.
Bei Ausfahrten von Privatpersonen entschied die Gemeinde anhand klarer Vorgaben, wobei es auch hier teils überraschende Situationen gab: So stellte sich heraus, dass mehrere Ausnahmen nötig waren für Pferdebesitzer, die ihre Tiere in auswärtigen Ställen versorgen mussten. Umgekehrt durften Tierbesitzer aufgrund der Sonderstellung des Altenmarkter Lagerhauses als Regionalversorger zum Einkaufen von Tierfutter in den Ort einfahren.
Lösung für Wochenmarkt
Für Unmut in der Bevölkerung sowie unter den landwirtschaftlichen Betrieben sorgte der Wochenmarkt, der während des Lockdowns nicht wie gewohnt stattfinden konnte. „Der größere Teil der landwirtschaftlichen Anbieter kommt nämlich von auswärts“, erklärt Winter, „wir haben das aber ganz gut gelöst mit Vorbestellungen, wo die Waren zu einer Altenmarkter Bäuerin geliefert werden, und die Personen sich ihre Bestellung abholen können.“
Bei der Grundversorgung erwies sich auch die Initiative „Essen auf Rädern“, die in Altenmarkt ehrenamtlich abgewickelt und von der Gemeinde koordiniert wird, als sehr hilfreich. „Wir mussten sogar Warmhaltegeschirr nachkaufen, weil das Angebot so gut angenommen wurde“, erzählt der Bürgermeister.
Gesundheit geht über Datenschutz
Ärgern musste sich Winter über das Hin und Her bei der Regelung zur Datenübermittlung von Corona-Erkrankten an Gemeinden. „Am Anfang habe ich als Bürgermeister die Information über ein positives Testergebnis erhalten und konnte die betroffenen Familien sofort informieren, die durchwegs dankbar waren. Dann wurde dies unterbunden“, so Winter, „und jetzt ist es so, dass man als Gemeinde nur mehr Fallzahlen bekommt und die betroffenen Personen selbst das Ergebnis teils erst 18 bis 20 Stunden später von der Gesundheitsbehörde erfahren.“
Für die Versorgung der Erkrankten wäre es jedenfalls hilfreich, wenn die Gemeinde als Behörde die Daten erhalten würde, meint der Altenmarkter Ortschef und nennt sogleich ein Beispiel: „Bei der Zustellung von „Essen auf Rädern“ bat eine betagte Bürgerin den Zusteller an der Tür, ihr das Essen auf den Rollator zu stellen“. Erst im Nachhinein erfuhr dieser, dass die Frau positiv auf das Virus getestet worden war. „Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir den Zusteller warnen können, der ja in direktem Kontakt mit der Erkrankten gewesen ist“, erläutert der Bürgermeister.
Bevölkerung in vernünftigem Ausmaß informieren
Rückblickend könne man sehen, wie wichtig manche Teile der Infrastruktur, wie zum Beispiel das „Essen auf Rädern“ sei, stellt der Altenmarkter Ortschef fest. In Bezug auf Corona war besonders ausschlaggebend, „den Menschen die Hygienevorschriften und Maßnahmen, wie Händewaschen und Abstand halten, ins Bewusstsein zu bringen.“ Das sei vor allem bei Kindern, aber auch älteren Personen anfangs schwierig gewesen. Wichtig sei auch, die Bevölkerung in vernünftigem Ausmaß zu informieren, ist sich Winter sicher. „Wir haben nur bei Veränderungen der aktuellen Lage eine neue Meldung ausgeschickt“, so der Bürgermeister, „und das hat sehr gut funktioniert.“
Nach der Quarantäne: Frage der Schulen bleibt offen
Seit einer Woche ist Altenmarkt wieder „offen“ und das macht sich auch erkennbar: Am ersten Tag nach der Quarantäne gab es einen regelrechten Ansturm auf die Geschäfte. „Davor war es wirklich ruhig auf den Straßen, und als die Quarantäne am 15. April aufgehoben wurde, durften gleichzeitig die meisten Betriebe wieder öffnen. Da haben wir den Unterschied natürlich noch stärker erlebt als andere Gemeinden.“
Mittlerweile hat sich die Lage in der Pongauer Gemeinde wieder eingependelt. Ein großes Thema bleiben weiterhin die Schulen. Bei einem Schulstandort wie Altenmarkt ist dabei von rund 600 bis 700 Kindern und Jugendlichen die Rede, das weitere Vorgehen ist derzeit noch unklar. Winter bleibt optimistisch: Insgesamt habe man die Quarantäne ganz gut überstanden – dennoch wünscht er sich ein Stück weit Normalität zurück.