„Ohne Gemeinden und Bürgerinnen und Bürger wird es nicht gehen“ – dieser Satz fiel im Rahmen der diesjährigen Kommunalen Sommergespräche häufig. Chancen, Möglichkeiten und vor allem Best Practice-Beispiele für und aus den Gemeinden auf dem Weg zur Energiewende wurden im Forum 2 am Donnerstag, 2. September, diskutiert.
Das Prinzip „Mut machen“
Für Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums Österreich, stehen die Best Practice-Beispiele aus den Gemeinden im Fokus. Die sind etwa im „Ökosozialen Kompass“ seiner Institution zu finden. „Das Prinzip Mut zu machen, Leute mitzunehmen, das erreicht man am besten mit Beispielen.“ Deswegen plädierte Mayrhofer auch stark dafür, diese Beispiele unter die Menschen, unter die Gemeinden, zu bringen.
Außerdem rechnete Mayrhofer vor, was die kommunale Energiewende an finanziellem bis 2030 mit sich bringen kann – nämlich 4,5 Milliarden Euro an Investitionen, 9,8 Milliarden Euro an BIP und mehr als 100.000 Beschäftigte.
Bestehendes nutzen statt Neues schaffen
Für Christoph Walla, Leiter Wärmenetze bei der Engie Energie GmbH, ist es essenziell, bereits Bestehendes zu nutzen und weiterzubetreiben. Er denkt hier natürlich stark an die vorhandenen Nahwärme-Biomasseanlagen, von denen es bundesweit rund 2.600 gibt. Mehr als ein Drittel davon ist älter als 20 Jahre und hat akuten Investitionsbedarf. Die Gründe: Die Ertragslage ist gering weil die Optimierung fehlt, die Finanzierung um das zu beheben ist schwierig, und nicht zuletzt fehlen häufig einfach Nachfolger, die den Weiterbetrieb sicherstellen wollen.
Er plädiert daher dafür, die bestehenden Netze weiterzunutzen. Denn: „Alles, was uns wegbricht, müssen wir zusätzlich neu erreichen.“
Was die Energiewende kostet
Frank Hasselwander, Geschäftsführer der Kommunalkredit Public Consulting, skizzierte anhand einer Beispielgemeinde, was die Energiewende an Kosten bringen wird. Und zwar in verschiedenen Szenarien, beispielsweise ohne und mit einem 30-prozentigen Mehrverbrauch. Diese Gemeinde soll so umgebaut werden, „dass 100 Prozent der benötigten Energie aus Erneuerbaren Energien kommen“, so die Idee hinter der Rechnung.
Hasselwander hat seine Modelle aber nicht nur durchgerechnet, sondern betont auch die Folgekosten der bisherigen Energiebringer, die durch Erneuerbare Energien wegfallen. „Damit meine ich nicht die Umweltkosten. Wenn Sie sich eine klassische Ölanlage im Keller bauen, haben Sie jedes Jahr ihre Ölkosten. Wenn Sie Erneuerbare Energien auf dem Dach haben – die Sonne kostet nichts.“ In der Beispielgemeinde aus seiner Rechnung bringe das Einsparung von 2,8 Millionen Euro pro Jahr.
Klimaretterinnen und Klimaretter in den Gemeinden
„Die Energiezukunft ist in den Gemeinden.“ Denn in den Gemeinden sind die Dächer und Flächen, sagt Stephan Sharma, CEO der Energie Burgenland. Er definierte vier Hebel bzw. Chancen, wie die Klimawende gelingen kann. 1. „Wir müssen die Klimawende von unten denken, von den Menschen.“ Das sei der entscheidende Punkt. Denn die Windräder und Photovoltaik-Anlagen würden am Land, in den Kommunen sein. 2. „Wir müssen beginnen, die ganzen negativen Bilder der Klimakrise wegzunehmen.“ Stattdessen gelte es, die Klimakrise als Chance auf mehr Wohlstand, mehr wirtschaftliche Stärke und für die Gemeinde zu sehen. 3. „Am Ende geht es immer ums Geld.“ Daher müsse man schaffen, den Umstieg auf Erneuerbare Energien leistbar zu machen. Das sei der schwierigste Part, weil die aktuelle Gesellschaft „wie Drogenabhängige“ vom Öl seien. 4. Gehe es ums Umsetzen. Technologien, Know-how und Innovationskraft seien da. „Aber wir werden deutlich schneller sein müssen als in der Vergangenheit.
Energie als Währung
André Felker, CEO der Plattform backbone.one, stellte den Mehrwert vor, den sein Unternehmen bieten kann. Er und sein Team hätten sich überlegt, wie man Speicher, PV-Anlagen, Elektroautos usw. in einen Kontext bringen und transaktionabel machen kann. „Bei uns wird Strom aus Erneuerbarer Energie zur Währung.“ Und zwar nicht im Sinne eines Stromhändlers, sondern: „Jeder von uns kann Strom und damit Währung produzieren und damit Transaktionen machen kann.“ Dahinter stehe die Idee, den Zugang zu Erneuerbaren Energien zu demokratisieren.
Hinter seinen Ausführungen und seinem Unternehmen befinde sich diese Vision: „Stellen Sie sich vor, dass Sie mit jedem Kaufakt, den Sie tun, die Welt nicht schlechter machen, sondern besser, weil die Transaktion immer auf Basis von Erneuerbarer Energie stattfindet.“ So könne man den Menschen auch zeigen, was sie von der Energiewende haben.
Industrielle Abwärme nutzen
Wie sich Geschäftsmodelle durch die Energiewende ändern können, zeigte Jakob Edler, Geschäftsführer der BioEnergie Köflach. Das ist ein steirischer Betrieb in 6. Generation, der ursprünglich ein reiner Holzbetrieb war, hat sich vor 25 Jahren Erneuerbare Energie als Ergänzung zum Sägewerk ins wirtschaftliche Boot geholt. Mittlerweile ist nur mehr fünf Prozent des Umsatzes vom Sägewerk. Der Betrieb betreibt Biomasse-Heizwerke und hat in der Zwischenzeit auch einen Fokus auf industrieller Abwärme. „Bis vor zehn Jahren war das Thema Abwärme in der Industrie ein großes Randthema“, sagt Edler. Seither kommt Bewegung in die Industrie.
Auch wo ein Fernwärmenetz bereits vorhanden ist solle man industrielle Abwärme nutzen, so Edler. „Es ist allemal besser, vorhandene industrielle Abwärme auch dort einzusetzen und Biomasse nicht zu verheizen, denn die kann man dann woanders einsetzen.“
Über die Autorin: Anita Kiefer ist Wirtschaftsredakteurin beim Kurier und moderierte das Forum2 bei den 16. Kommunalen Sommergesprächen.