Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 die unterschiedlichen Regelungen für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare aufgehoben. Damit können auch verschiedengeschlechtliche Paare in Österreich eine eingetragene Partnerschaft eingehen.
Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 4.12.2017, G 258-259/2017-9, wurde es ab dem 1.1.2019 möglich, dass homosexuelle Eheschließungen und heterosexuelle eingetragene Partnerschaften in Österreich geschlossen bzw. begründet werden können. Dies bedingt auch, dass solche Partnerschaftsmodelle, die im Ausland ab dem 1.1.2019 eingegangen bzw. begründet werden, in Folge in das Zentrale Personenstandsregister (ZPR) im Sinne der §§ 35 und 36 PStG 2013 eingetragen werden können.
In dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wurden die Bindungen an die Geschlechtlichkeit bei der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft aus dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (in Folge ABGB) und dem Eingetragenen Partnerschaftsgesetz (in Folge EP-G) entfernt, ohne jedoch auf die widersprechende Rechtslage des geltenden Rechts in den einschlägigen Materiengesetzen (zum Beispiel § 9 EheG* und § 5 EPG**) einzugehen. In einer Presseaussendung des Verfassungsgerichtshofes wurde erwähnt, dass die vollziehenden Behörden dies lösen werden.
Das Bundesministerium für Inneres hat daher mit dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz vor dem 1.1.2019 (am 20.12.2018) ein gemeinsames Empfehlungsschreiben erarbeitet, das den Behörden die rechtskonforme Umsetzung erleichtern sollte. Auf Basis der widersprüchlichen und unvollständigen Rechtslage war eine erlassmäßige Festlegung nicht möglich.
Exkurs
Entwicklung innerhalb der Europäischen Union: Im Jahr 2020 sind bei den Mitgliedstaaten der EU 18 Länder für die „Ehe für alle“, neun Staaten sehen für gleichgeschlechtliche Paare das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft vor, und sechs Mitgliedsstaaten verweigern gleichgeschlechtlichen Paarbeziehungen jede rechtliche Anerkennung.
Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 5.6.2018, RS C-673/16 „Coman“ überträgt der EuGH seine namensrechtliche Rechtsprechung zu Art. 21 Abs. 1 AEUV erstmals auf die Anerkennung von personenstandsrechtlichen Statusverhältnissen. Diese Entscheidung ist richtungsweisend für hinkende „Statusverhältnisse“ bzw. für die Anerkennungen in den Heimatstaaten der Unionsbürger aus der Europäischen Union. Ansatzpunkt bleibt hier jedoch, wie bei der Judikatur des EuGH zum Namensrecht, die Voraussetzung der Niederlassungsfreiheit auf die vorliegenden Sachverhalte.
Auf die Personenstandsbehörden wurde bereits vor dem 1.1.2019 medialer Druck erzeugt, der mit der Rechtslage nur sehr wenig zu tun hatte. So wurde bereits am 1.1.2019 um 00.30 Uhr die erste homosexuelle Eheschließung ohne Rücksicht auf ein rechtsrichtiges Verfahren im Casino Velden unter Medienbeteiligung durchgeführt. Dieses Paar heiratete während einer aufrechten eingetragenen Partnerschaft. Eine Eheschließung auf Basis aller Rechtsnormen?
Weiters wurde der § 17 Internationales Privatrechts-Gesetz (IPR-G) als „Verhinderungsnorm“ und “ordre public” (öffentliche Ordnung) widrig (§ 6 IPR-G) in den Medien dargestellt, obwohl diese Norm bereits seit über 30 Jahren in Kraft ist.
Durch das Parlament wurde in Folge eine Ergänzung des IPR-G (§ 17 Abs. 1a) beschlossen (BGBl. I 72/2019), die seit 1.8.2019 in Kraft ist. Dieser ermöglicht, wie bereits bisher durch den § 27a IPR-G bei eingetragenen Partnerschaften, eine Eheschließung, auch wenn das Geschlecht und das Heimatrecht (dieser Verweis ermöglicht ein Abgehen vom Personalstatut – in der Regel wird dies die Staatsangehörigkeit sein, wobei jedoch auch andere Möglichkeiten durch dynamische Verweise in den nationalen Regelungen bestehen – des Betroffenen bei homosexuellen Ehen) dieser Person dies nicht erlauben würde.
Alle Rechtsgrundlagen für das Personenstandswesen (EheG, EPG, ABGB, IPR-G, GebG, usw.) mit Ausnahme des Personenstandsgesetzes, sind schon sehr lange (seit Jahrzehnten) in Geltung und wurden immer wieder anlassbezogen novelliert. Dieser Prozess ist jedoch nicht abgeschlossen, wie nachstehendes Beispiel zeigt:
§ 23 Abs. 1 EheG Namensehe und Staatsangehörigkeitsehe
„Eine Ehe ist nichtig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend zu dem Zweck geschlossen ist, der Frau die Führung des Familiennamens des Mannes oder den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Mannes zu ermöglichen, ohne dass die eheliche Lebensgemeinschaft begründet werden soll.“
Eine geradezu absurde Regelung in Hinblick auf das geltende Namensrecht und die Bestimmungen im Fremdenpolizeigesetz zur Erschleichung des Aufenthaltes im Bundesgebiet von Fremden durch „Scheinehen, -partnerschaften und -adoptionen“.
Es bleibt zu hoffen, dass sich weitere Entwicklungen (z.B. Digitalisierung) im Personenstandswesen mit klaren und tauglichen Rechtsgrundlagen bewältigen lassen. Weder der Bürger noch die Behörden haben Interesse an juristischen Denksportaufgaben, zumal auch im europäischen (Brexit) und internationalen Kontext immer wieder neue Herausforderungen für den Bereich des Personenstandswesens zu bewältigen sein werden.
So funktioniert’s
Die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft erfolgt unter gleichzeitiger und persönlicher Anwesenheit beider Partnerinnen/Partner bei einer Personenstandsbehörde (Standesamt).
Die Standesbeamtin/der Standesbeamte befragt die sich Verpartnernden in Gegenwart von zwei (nach Wunsch auch nur einem oder keinem) Zeugen einzeln und nacheinander, ob sie die eingetragene Partnerschaft miteinander begründen wollen und spricht nach Bejahung der Fragen aus, dass sie rechtmäßig verbundene Partnerinnen/Partner sind.
Es besteht die Möglichkeit, die eingetragene Partnerschaft auch außerhalb der Amtsräume des Standesamtes zu begründen, sofern der Ort der Bedeutung der eingetragenen Partnerschaft entspricht. Über die Begründung der eingetragenen Partnerschaft nimmt die Beamtin/der Beamte eine Niederschrift auf.
* § 9 EheG:Eine Person darf keine Ehe eingehen, bevor ihre eingetragene Partnerschaft für nichtig erklärt oder aufgelöst wurde.“]
** § 5 EPG – Begründungshindernisse. Eine eingetragene Partnerschaft darf nicht begründet werden, 1.) aufgehoben durch VfGH, BGBl. I Nr. 161/2017 und 2.) mit einer Person, die bereits verheiratet ist oder einer anderen Person eine noch aufrechte eingetragene Partnerschaft begründet hat. …“
-Norbert Kutscher
ZUM AUTOR: Norbert Kutscher ist Leiter des Referats III/3/b (Personenstandswesen) im Bundesministerium für Inneres.