25.9.2017 – Das „Burkaverbot“ tritt mit 1. Oktober in Kraft. Ab dann müssen die Gesichtszüge von Personen gut erkenntbar sein. Es allerdings Ausnahmen. Eine vom BMI gestaltete Infobroschüre informiert.
Wer ab 1. Oktober mit Staubschutzmaske oder Sturmhaube auf die Straße geht, riskiert bis zu 150 Euro Geldstrafe – außer es herrscht wirklich Smogalarm oder Frost. Das „Burkaverbot“ untersagt nämlich nicht nur das Tragen konservativ-islamischer Schleier, sondern auch jede andere unbegründete Form der öffentlichen Verhüllung. Die Polizei verspricht „Fingerspitzengefühl“.
Politisch zielt das vor dem Sommer von SPÖ und ÖVP beschlossene Gesetz zwar auf den Geschichtsschleier konservativer Muslimas, formuliert wurde es aber „religionsneutral“. Die Generaldirektorin für Öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, betonte am Donnerstag vor Journalisten, sich der sensiblen Materie bewusst zu sein. „Wir werden es behutsam, aber trotzdem konsequent umsetzen“, sagte Kardeis. Ein Informationsfolder auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Arabisch wurde bereits aufgelegt. Diesen können Sie in der linken Infobox herunterladen.
Gesicht muss sichtbar sein
Laut Kardeis trifft das Verhüllungsverbot künftig drei von insgesamt acht üblichen konservativ-islamischen Kopfbedeckungen – und zwar jene, die das Gesicht komplett verhüllen, nicht aber Kopftücher, bei denen das Gesicht sichtbar bleibt. Ab 1. Oktober gilt nämlich, dass die Gesichtszüge vom Kinn bis zum Haaransatz in der Öffentlichkeit erkennbar sein müssen. Ausnahmen gibt es etwa aus gesundheitlichen Gründen, bei Traditionsveranstaltungen (Fasching) oder wenn die „Verhüllung“ beruflich notwendig ist (Clowns, Handwerker, Mediziner). Bei Verstößen drohen bis zu 150 Euro Strafe.
Somit droht etwa auch den in Tourismusregionen häufig anzutreffenden ostasiatischen Touristen mit Mundschutz eine Strafe – es sei denn, das Umweltbundesamt gibt Smogalarm. Informationsmaterial in ostasiatischen Sprachen wurde dennoch keines aufgelegt. Man könne nicht alle Sprachen abdecken, meinte Kardeis dazu. Und dass die Polizei in der Praxis tatsächlich auch diese „Zielgruppe“ anspricht, und nicht nur verschleierte Muslimas abstraft, wird laut Kardeis nicht dokumentiert: Man wolle keine „Stricherllisten“ führen.
Polizei straft erst bei Weigerung
Wie die Polizei bei Verstößen gegen das Verhüllungsverbot in der Praxis vorgehen will, schilderte Michael Hubmann vom Stadtpolizeikommando Linz: Demnach werde man die Betreffenden zuerst ansprechen und auffordern, die Verhüllung abzulegen – in diesem Fall könnte auf eine Strafe verzichtet werden. Wird die Abnahme verweigert, müsste die betreffende Person zur Identitätsfeststellung festgenommen werden, in weiterer Folge würde auch ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.
Wozu die Polizei vom „Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz“ nicht ermächtigt wird, ist die zwangsweise Abnahme eines Schleiers. Dies ist nur zur Identitätsfeststellung am Wachzimmer zulässig, unter Beiziehung weiblicher Polizistinnen, heißt es. Zurückhaltung üben sollten auch einfache Bürger, die sich am Anblick einer verhüllten Frau stören: Laut Kardeis könnten diese zwar die Polizei rufen. Die betreffende Frau bis zum Eintreffen der Beamten festzuhalten, wäre allerdings verboten, da es sich beim Verhüllungsverbot nur um ein Verwaltungsdelikt handelt – ähnlich wie Falschparken.
Dass es im Umgang mit arabischen Touristinnen zu Problemen kommen könnte, glaubt Kardeis angesichts internationaler Erfahrungen nicht. Unzulässig wäre ihren Angaben zufolge übrigens auch die Argumentation, ein Niqab werde als Schutz gegen Kälte getragen. Das würde laut Kardeis nicht akzeptiert. Nicht beantworten wollte die oberste Polizistin die Frage, ob man denn mit dem komplizierten Gesetz glücklich sei: „Die Polizei kann und darf sich die Frage nicht stellen, ob wir mit einem vom Gesetzgeber beschlossenen Gesetz Hip-Hip-Hurra glücklich sind.“