Wofür die Gemeinden Geld ausgeben
Gemeindefinanzen und VRV 2015
Die österreichischen Gemeinden ohne Wien nahmen gemäß den Rechnungsabschlüssen 2018 22,592 Mrd. Euro ein und gaben 22,404 Mrd. Euro aus. Gegenüber 2017 stiegen die Gesamtausgaben um 8,2% und die Gesamteinnahmen und 8,9%. Etwa ein Drittel dieser sehr deutlichen sowohl einnahmenseitigen (Hochkonjunktur) als auch ausgabenseitigen (hohe Investitionen und Kostensteigerungen im Bereich Kinderbetreuung, Gesundheit, Soziales und Pflege) Zuwächse ist auf einen Sondereffekt (Wiedereingliederungsmaßnahmen u.a. der Immobiliengesellschaft der Stadt Graz) zurückzuführen.
Ausgabenstruktur der Gemeinden
(ohne Wien) 2018 in Mio. EUR
Mit ihren Einnahmen erfüllen die Kommunen hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Aufgaben. Um den Überblick zu erleichtern und möglichst gute Vergleichbarkeit herzustellen, ist jedes Gemeindebudget sowohl bei Einnahmen, als auch bei Ausgaben in insgesamt zehn Voranschlagsgruppen (funktionale Gliederung) unterteilt. Diese Einteilung gilt gemäß der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (die alte VRV 1997 gilt noch bis inklusive des Haushaltsjahres 2019) für alle Länder und Gemeinden gleichermaßen. Die Gesamtausgaben gemäß den Rechnungsabschlüssen der Gemeinden ohne Wien gliederten sich 2018 wie folgt:
Gesamtausgaben
Datenquelle: Statistik Austria, Rechnungsabschlüsse der Gemeinden (ohne Wien) 2018
Ein Überblick über die Voranschlagsgruppen und was sich dahinter verbirgt:
Hier werden die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung sowie die Gemeindevertretungen verbucht. Darunter fallen neben Teilen der Personalkosten der insgesamt rund 77.000 Gemeindebediensteten der Gemeinden ohne Wien und den Verwaltungsgebäuden u.a. auch die Aufwandsersätze und Funktionsbezüge der kommunalen Mandatare und Funktionsträger. Für die Voranschlagsgruppe 0 gaben die Gemeinden ohne Wien 2018 insgesamt knapp 2,6 Mrd. Euro pro Jahr aus (Brutto-Ausgaben), davon entfielen rund 991 Mio. Euro auf Personalkosten.
Für den Bereich „Öffentliche Ordnung und Sicherheit“ wandten die Gemeinden 2017 rund 557 Mio. Euro jährlich auf. Der Löwenanteil der Ausgaben in diesem Bereich betrifft das Feuerwehrwesen (neben Ausgaben für die Bau-, Lebensmittel-, Gesundheits- und Gewerbepolizei etc.). Das System der Freiwilligkeit nimmt den Gemeinden abseits der in einigen Städten vorhandenen Berufsfeuerwehren zwar einen Gutteil der Personalkosten ab, die Infrastruktur und die Ausrüstung werden jedoch zu einem erheblichen Teil von den Kommunen mitfinanziert.
Die Gemeinden sind Erhalter aller Volks-, Mittel- und Hauptschulen sowie der meisten Kindergärten. Durch die steigenden Anforderungen und den Ausbau der Kinderbetreuung (bzw. Nachmittagsbetreuung in Schulen) steigen die Kosten in diesem Bereich in den letzten Jahren immer mehr an. Rund 3,6 Mrd. Euro (+5,4 % gegenüber 2017) haben die Kommunen im Jahr 2018 in der Gruppe 2 ausgegeben, die 2018 auch einen sehr hohen Zuwachs bei den Investitionen (+11%) verzeichnete.
Unter diese Kostengruppe fallen die Ausgaben für die Unterstützung der Kulturarbeit in den Gemeinden. Dazu zählt neben den Musikschulen natürlich auch klassische Volkskultur, aber auch moderne Kunst. Auch der Erhalt von Kulturgütern und Denkmälern wird aus diesem Topf bestritten. Rund 698 Mio. Euro gaben die Gemeinden 2018 dafür aus.
In dieser Gruppe, die vor allem den Bereiche Ko-Finanzierung der Sozialhilfe/Mindestsicherung sowie die Pflege (Ko-Finanzierung und eigene Trägerschaft) umfasst, wurde 2018 ein Ausgabenvolumen von gut 2,5 Mrd. Euro verzeichnet und die Ausgaben der Gemeinden steigen hier trotz einer gewissen Dämpfung durch den Pflegefonds seit Jahren drastisch an.
Die Gemeinden ohne Wien verzeichneten hier 2018 Brutto-Ausgaben von etwa 1,6 Mrd. Euro. Zum Großteil setzen sich diese Ausgaben aus Umlagen/Beiträgen/Abgangsdeckungen an die Länder zur Krankenanstalten-Finanzierung sowie aus Ausgaben für den Rettungsdienste und das Sanitätswesen zusammen. Neben dem Sozial und Pflege-Bereich ist der Gesundheitsbereich ebenfalls seit Jahren durch seine hohen Ausgabenzuwächse gekennzeichnet und gleichzeitig haben die Gemeinden trotz großer Ko-Finanzierungspflichten kaum Mitspracherechte. Die Netto-Ausgaben der Gruppe 5 stiegen in den letzten 10 Jahren um durchschnittlich jährlich 5 bis 6% an – deutlich über den Zuwächsen der Gemeinde-Ertragsanteile.
Über 70.000 Kilometer Gemeindestraßen und 45.000 Kilometer Güterwege haben die Gemeinden zu erhalten, das mit Abstand größte Straßennetz des Landes. Dazu noch den Hochwasserschutz an Flüssen und Bächen. Dafür werden insgesamt rund 1,84 Mrd. Euro jährlich ausgegeben.
Die Wirtschaftsförderung ist mit 327 Mio. Euro im Jahr 2018 und weniger als 1,5% des Budgetvolumens die kleinste Voranschlagsgruppe der Gemeinden ohne Wien. Die bedeutendste Fördersparte ist der Fremdenverkehr, gefolgt von Wirtschaftsförderungen für Gewerbe- und Handelsbetriebe und mit deutlichem Abstand der Land- und Forstwirtschaft.
Mit 6,7 Mrd. Euro sind die „Dienstleistungen“ die größte Ausgabenposition der Gemeinden ohne Wien, dem stehen jedoch Einnahmen von 6,0 Mrd. Euro gegenüber, sodass die Netto-Ausgaben vergleichsweise gering ausfallen. In die Voranschlagsgruppe 8 fallen vor allem die Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit (z.B. Kanal, Wasser, Müll) ebenso wie die Bauhöfe, die wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden oder auch deren Freizeiteinrichtungen und auch der kommunale Grundbesitz ohne besondere Zweckwidmung.
Die Voranschlagsgruppe Finanzwirtschaft ist vor allem einnahmenseitig interessant, finden sich dort die Ertragsanteile oder auch die eigenen Abgaben wie die Grundsteuer und die Kommunalsteuer wieder. Ausgabenseitig finden sich in der Gruppe 9 vor allem buchhalterische Maßnahmen (z.B. Zuführungen an den ao. Haushalt, Abwicklung des Vorjahres etc.) sowie auch Ausgaben für die Entrichtung der Landesumlage, für Rücklagendotationen oder für den Erwerb von Beteiligungen.
Transferbilanz mit Bund und Länder
Der Transfersaldo der Gemeinden mit der Bundes- und Landesebene verbesserte sich aufgrund höherer Transfers des Bundes (hier ist vor allem das auf 2017 und 2018 befristete Kommunale Investitionsprogramm zu nennen) leicht, ist aber weiterhin mit -1,45 Mrd. Euro stark negativ.
Personal in den Gemeinden
Die Ausgaben der Gemeinden ohne Wien für das Personal sind zwischen 2017 und 2018 um knapp 4,0 Prozent auf 3,9 Milliarden gestiegen. Im Jahr 2017 beschäftigten die Gemeinden ohne Wien rund 77.000 kommunale Dienstnehmer (Beamte und Vertragsbedienstete nach VZÄ), davon ist mittlerweile nur noch jede/r Dreizehnte pragmatisiert.
Investitionen, freie Finanzspitze und Fremdfinanzierung
Das Investitionsvolumen der Gemeinden ohne Wien stieg gegenüber 2017 um 11,3 Prozent auf 2,75 Milliarden Euro im Haushaltsjahr 2018. Diese Steigerung fand insbesondere in den Bereichen Kinderbetreuung und Schulen (+11%) sowie Straßen- und Wasserbau sowie Verkehr (+14%) statt. Über das Kommunale Investitionsprogramm (einem auf 2017 und 2018 befristeten Förderprogramm) wurden auch viele thermische Sanierungsmaßnahmen an kommunalen Einrichtungen durchgeführt.
Die sogenannte freie Finanzspitze gilt als Indikator für den finanziellen und damit auch den investiven Handlungsspielraum einer Gemeinde. Sie ergibt sich aus dem Saldo der laufenden Gebarung (laufende Einnahmen minus laufende Ausgaben) abzüglich geleisteter Tilgungszahlungen. Sie ist im einnahmenstarken Jahr 2018 gegenüber 2017 um rund 373 Mio. auf 990 Mio. Euro angestiegen.
Insgesamt wurden die Investitionszuwächse auch durch das weiterhin niedrige Zinsniveau begünstigt. Die Ausgaben der Gemeinden ohne Wien für Zinsen fielen mit 2018 rund 146 Mio. Euro um 1,3% höher als 2017 aus. Die jährlichen Tilgungsausgaben lagen 2018 mit rund 1,12 Mrd. Euro etwa 6% unter dem Vorjahr.
Freie Finanzspitze (in Mio. EUR)
(= Saldo der laufenden Gebarung abzüglich Tilgungsausgaben)
Datenquelle: Statistik Austria, Rechnungsabschlüsse der Gemeinden (ohne Wien) 2018