Am Sonntag sind die Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg über die Bühne gegangen – Coronavirus bedingt ein halbes Jahr später, als ursprünglich geplant. 96 vorarlberger Gemeinden wählten ihre Gemeindevertretungen, in 65 Gemeinden wurden auch die Bürgermeister direkt gewählt. 300.722 Bürgerinnen und Bürger waren wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung war geringer als sonst – als Grund dafür wird die Corona-Pandemie genannt. Viel hat sich im Ländle nicht geändert – einige Überraschungen hat es in einigen der 96 vorarlberger Gemeinden jedoch gegeben. In sechs Gemeinden wird es in zwei Wochen zu Stichwahlen kommen.
ÖVP verliert in Städten und größeren Gemeinden
Vor allem in den Städten und größeren Gemeinden musste die im Ländle so übermächtige Volkspartei Verluste hinnehmen. Dennoch bleiben nahezu alle Bürgermeister in Vorarlberg “schwarz”. In Hohenems und Hard stürzte die ÖVP im zweistelligen Prozentpunktebereich ab, in Lustenau verlor Bürgermeister Kurt Fischer die absolute Mehrheit.
Verluste auch bei FPÖ
Die FPÖ konnte zwar punktuell dazugewinnen, verlor jedoch den Bürgermeister in Fußach und stellt damit nur mehr drei Bürgermeistersessel im Ländle.
Die SPÖ behält ihre zwei Bürgermeister
Die SPÖ behält ihre zwei Bürgermeister in Bürs und St. Gallenkirch. In Hard, Bludenz und Bregenz beweisen sich die SPÖ-Kandidaten ebenfalls – sie kommen in zwei Wochen in die Stichwahl.
Die Grünen steigern ihre Mandate
Die Grünen fahren bei den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen ihr bestes Ergebnis ein und können ihre Mandate von bisher 126 auf 157 ausbauen.
NEOS schaffen den Einzug in 10 Gemeinden
Die NEOS schaffen den Einzug in 10 der elf Gemeinden, in denen sie zur Wahl angetreten sind. In Mäder werden die NEOS sogar zweitstärkste Kraft.
Überraschung in Lech
In Lech müssen die Bürgerinnen und Bürger in zwei Wochen noch einmal zu den Wahlurnen gehen, nachdem der Standesbeamte der Gemeinde, Stefan Jochum von “unser Dorf”, am Sonntag den Amtsinhaber Ludwig Muxel von der ÖVP-nahen “Liste Lech” übertrumpfte, und zwar um mehr als zwölf Prozentpunkte. Der Bürgermeister ist seit 27 Jahren im Amt, kam aber wegen Differenzen des neuen 38 Mio. Euro teuren Gemeindezentrums zunehmend in die Kritik.
Duell in Bregenz
Auch in der Landeshauptstatt muss in zwei Wochen erneut gewählt werden und zwar zwischen Bürgermeister Linhart (ÖVP) und Stadtrat Michael Ritsch von der SPÖ. Linhart kam auf 43,21 Prozent der Stimmen, Ritsch auf 34,49 Prozent. Kuriose Begebenheit: Bereits 2005 musste sich Bürgermeister Linhart mit SPÖ-Stadtrat Ritsch messen und gewann das Duell schließlich in der Stichwahl.
Stichwahl auch in Bludenz
Eine Stichwahl zwischen schwarz und rot wird es in zwei Wochen in Bludenz geben. ÖVP-Quereinsteiger Simon Tschann stellt sich dem Duell mit Mario Leitner von der SPÖ. Tschann dürfte die besseren Karten haben, er legte mit der ÖVP auf 45,86 Prozent und damit 16 Mandate zu. SPÖ-Kandidat Leitner kam auf 43,88 Prozent und liegt 196 Stimmen hinter Tschann.
In Feldkirch lautet das Match ÖVP gegen FPÖ
In Feldkirch verlor die ÖVP am Sonntag über sieben Prozentpunkte und kam nur auf 40,47 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Wolfgang Matt scheint aber mit 41,42 Prozent dennoch gegenüber Daniel Allgäuer von der FPÖ mit 23,70 Prozent im Vorteil zu sein.
Größte Überraschung in Hard
Die größte Überraschung der Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen ereignete sich am Sonntag in der Bodensee-Gemeinde Hard. Dort konnte SPÖ-Landesparteivorsitzender Martin Staudinger die Bürgermeister-Direktwahl für sich entscheiden. Amtsinhaberin Eva Maria Mair von der ÖVP – sie hatte das Amt von Harald Köhlmeier übernommen, nachdem dieser Wegen der Hafengestaltung in die Kritik kam und überraschend aus all seinen politischen Funktionen zurücktrat – liegt 150 Stimmen hinter Staudinger und muss gegen ihn in die Stichwahl.
Erster grüner Bürgermeister im vorarlberger Lochau?
In Lochau, einer Nachbargemeinde von Bregenz, könnte es in zwei Wochen den ersten grünen Bürgermeister geben. Amtsinhaber Michael Simma von der ÖVP kam auf 47,36 Prozent, Frank Matt von den Grünen auf 40,38 Prozent – die beiden trennen nur 151 Stimmen.
LH Wallner nicht erfreut
Landeshauptmann Markus Wallner zeigte sich nicht erfreut darüber, dass so ungewohnt viele schwarze Ortsvorsteher in die Stichwahlen müssen – allein in drei der fünf großen Städten des Landes. Er macht die Verluste seiner Parteikollegen einerseits an der gestiegenen Zahl an Gegenkandidaten fest, andererseits sei die gesunkene Wahlbeteiligung zum Nachteil der ÖVP gewesen.
Tiefschwarze Gemeindepolitik
Traditionell ist die Gemeindepolitik in Vorarlberg “tiefschwarz”, auch wenn die ÖVP in keiner der fünf Städte des Landes mehr die Mandatsmehrheit hält. Bis zum heutigen Sonntag regierten in 90 der 96 Vorarlberger Ortschaften ÖVP-Politiker oder Vertreter von Namenslisten, die FPÖ hat in vier Gemeinden das Bürgermeisteramt inne, die SPÖ in zwei. Ein grünes Gemeindeoberhaupt gab es in Vorarlberg bisher nicht.
Quelle: APA, ORF, Kurier, Kronenzeitung