Präsidium des Gemeindebundes lehnt Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung aus finanziellen, juristischen und organisatorischen Gründen einstimmig ab
Das Präsidium des Österreichischen Gemeindebundes hat parteiübergreifend und einstimmig ein Positionspapier zum Thema Kinderbetreuung beschlossen. In den letzten Wochen und Monaten ist die Diskussion zum Thema Kinderbetreuung verstärkt in den Vordergrund gerückt. Besonders die Forderungen nach einem Rechtsanspruch wurden von verschiedenen Seiten geäußert. Die flächendeckende, qualitätsvolle und vor allem bedarfsgerechte Kinderbetreuung ist ein wesentliches Ziel der österreichischen Gemeinden. Das Präsidium des Gemeindebundes lehnt im Namen aller österreichischen Gemeinden klar einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung aus finanziellen, juristischen und organisatorischen Gründen einstimmig ab.
Die österreichischen Gemeinden wissen um ihre große Verantwortung im Bereich der Kinderbetreuung. Die Gemeinden (ohne Wien) gaben im Jahr 2019 laut Statistik Austria etwa 1,6 Milliarden Euro für die Kinderbetreuung aus. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 wendeten die Gemeinden dafür etwa ein Drittel auf, nämlich gesamt 560 Millionen Euro. Dabei stiegen alleine die Investitionen, also die Ausgaben für Neubauten und Ausbaumaßnahmen, von 73 Millionen auf 212 Millionen Euro im Jahr 2019 an. Im Kindergartenjahr 2020/21 waren die 2.095 Gemeinden direkte Erhalter von insgesamt 5.447 Kinderbetreuungseinrichtungen in ganz Österreich, davon 3.321 Kindergärten, 1.151 Krippen und Kleinkinderbetreuungseinrichtungen, 526 Horten und 429 altersgemischten Betreuungseinrichtungen. Die Zahlen zeigen deutlich, dass sich in den letzten Jahren in diesem Bereich schon viel getan hat. In nahezu jeder Gemeinde gibt es einen öffentlichen Kindergarten, in vielen auch Betreuungsmöglichkeiten für unter 3-jährige Kinder. Die Gemeinden waren und sind kreativ in der Findung alternativer Betreuungsmöglichkeiten wie durch überkommunale Zusammenschlüsse, Kooperationen mit Betriebskindergärten oder Tageseltern.
Seit einigen Jahren gibt aber in vielen Gemeinden einen anhaltenden Personalengpass, der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor große organisatorische Herausforderungen stellt. Es muss daher gemeinsames politisches Ziel sein, mehr Menschen für einen Beruf in der Kinderbetreuung zu begeistern. „Die österreichischen Gemeinden erfüllen mit großer Verantwortung ihre Pflichten im Bereich der Kinderbetreuung, weil wir uns gerne für die Anliegen unserer Familien einsetzen. In der Vergangenheit hat sich schon viel getan und auch in Zukunft wird die Kinderbetreuung weiter ausgebaut. Klar ist aber, dass ein Rechtsanspruch die Gemeinden einem nicht stemmbaren politischen, gesellschaftlichen und letztlich auch juristischen Druck aussetzen würde, den wir daher auch mit aller Deutlichkeit ablehnen“, betont Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl.
Im Fokus des Positionspapiers des Gemeindebundes stehen folgende sechs Punkte:
- Die österreichischen Gemeinden bekennen sich klar zu einer flächendeckenden und qualitätsvollen pädagogischen Kinderbetreuung
- Die österreichischen Gemeinden erfüllen gerne ihre Pflichten im Bereich der Kinderbetreuung
- Der Österreichische Gemeindebund lehnt aus finanziellen, juristischen und organisatorischen Gründen einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab
- Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung birgt die Gefahr, auch anderen Rechtsansprüchen Vorschub zu leisten
- Der Österreichische Gemeindebund fordert von Bund und Ländern Maßnahmen, um dem Personalmangel im Bereich der Kinderbetreuung entgegen wirken zu können
- Der Österreichische Gemeindebund fordert von Bund und Ländern ordentliche Rahmenbedingungen und ein klares – auch finanzielles – Bekenntnis zum Ausbau im Bereich der Kinderbetreuung