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Licht ab, Hausverstand ein – sind Gemeinden zur Straßenbeleuchtung verpflichtet?

Inwieweit ist es Gemeinden erlaubt, Straßenbeleuchtungen zu reduzieren oder gar auf diese zu verzichten? Anfragen an zuständige Stellen ergaben ein „klares“ Bild: Es kommt darauf an.

Energiesparpotenzial gesucht

Gemeinden haben sowohl im Bereich der Energieeinsparung (Vollwärmeschutz, Umstellung von Heizungssystemen, Einsatz von LED, alternative Mobilitätsformen etc.), als auch im Bereich der Energiegewinnung (Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen, Kleinwasserkraft, Biomassekraftwerke etc.) bereits in der Vergangenheit zahlreiche Maßnahmen gesetzt.

Diesem Umstand zum Trotz und infolge der explodierenden Energiepreise sind weitere Hebel in Gang zu setzen um soviel Energie einzusparen wie es nur möglich und sinnvoll ist. Aufgrund des Preisanstiegs ungeahnten Ausmaßes gilt es an jeder Stellschraube zu drehen, die Einsparpotential bietet, widrigenfalls jenes Szenario eintreten wird, vor dem ein Leser einer großen Tageszeitung gewarnt hat:

Die Entwicklung auf dem Strommarkt wird noch dazu führen, dass eines Tages E-Fahrzeugbesitzer ihre Dieselaggregate anwerfen um den Strom zu produzieren, den sie zum Aufladen ihres Elektrofahrzeugs brauchen.“

Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Im Wissen darum, dass die Straßenbeleuchtung auf kommunaler Ebene nicht selten mehr als ein Drittel des öffentlichen Stromverbrauchs ausmacht und damit einen bedeutenden Energie- und auch Kostenfaktor darstellt, wollen Gemeinden zurecht eine Antwort auf eine an sich sehr einfache Frage: Gibt es die Pflicht zum Licht? Müssen Straßen trotz Energiekrise beleuchtet werden?

Ist Straßenbeleuchtung verpflichtend?

Die öffentliche Beleuchtung dient der Verkehrssicherheit, dem subjektiven Sicherheitsempfinden, aber auch der Gestaltung und Repräsentation des Ortsbildes. Je nach Ausgestaltung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die Straßenbeleuchtung zu regulieren (Bewegungsmelder, sensorgesteuerte Beleuchtung, Reduktion der Beleuchtungsdauer, Nachtabsenkung, Nachtabschaltung).

Trotz dieses immensen Einsparpotentials können oder wollen die zuständigen Stellen keine klare Auskunft geben, was denn nun zulässig ist. Anders als etwa in der Schweiz oder in einigen Bundesländern in Deutschland gibt es in Österreich keine gesetzliche Pflicht des Straßenerhalters, Straßen zu beleuchten. Einzig § 34 Abs. 4 StVO sieht vor, dass der Straßenerhalter nicht rückstrahlend ausgeführte Straßenverkehrszeichen (die defacto nicht mehr im Einsatz sind) bei Dunkelheit zu beleuchten hat.

Spagat zwischen Normen und Verkehrssicherheitspflicht

Die Antwort auf die Frage ist daher an sich sehr einfach, wären da nicht auf der einen Seite Normen und Richtlinien, die den Stand der Technik wiedergeben, und auf der anderen Seite die Verkehrssicherungspflichten, die jedem, der einen Verkehr eröffnet, dazu anhalten, Verkehrsteilnehmer im Rahmen des Zumutbaren zu schützen und vor Gefahren zu warnen.

Spielen Erstere (Normen und Richtlinien) nur dann eine Rolle, wenn tatsächlich beleuchtet wird (Sorgfaltsmaßstab), sehen einige aufgrund der Verkehrssicherungspflichten Situationen gegeben, in denen eine Beleuchtung allein aus haftungsrechtlichen Erwägungen heraus geboten ist.

Klare Regeln für Verkehrsteilnehmer

Tatsächlich wird man aber viel Erfindungsgeist und Kreativität an den Tag legen müssen, dem Straßenerhalter eine Verantwortung für ein Unfallgeschehen auf der Straße zuzuschreiben, da selbige nicht beleuchtet war. Letzten Endes regelt die StVO sehr deutlich, wie sich Verkehrsteilnehmer, gleich ob Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger, zu verhalten haben.

So ergibt sich aus § 60 Abs. 3 StVO, dass ein Fahrzeuglenker für eine ausreichende Beleuchtung des Fahrzeugs zu sorgen hat, nicht nur zwecks eigener Orientierung, sondern auch, um anderen Verkehrsteilnehmern das Herannahen eines Fahrzeugs anzuzeigen. § 76 StVO hingegen regelt das Verhalten der Fußgänger. Demnach haben Fußgänger auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen, sofern dies zumutbar ist. Beim Betreten der Fahrbahn haben sie auf den übrigen Verkehr achtzugeben. Die Fahrbahn darf nur unter Bedachtnahme auf das Verkehrsaufkommen auf geradem Weg überquert werden. Zudem haben sie sich vor Betreten der Fahrbahn zu vergewissern, dass sie hierbei sich selbst oder andere Straßenbenützer nicht gefährden oder diese übermäßig behindern. Im Großen und Ganzen darf (muss) sich daher der Straßenerhalter darauf verlassen (können), dass sich die Verkehrsteilnehmer an alle Ge- und Verbote halten.

Augen auf, Ohren auf.  Dass es in Zeiten einer Energiekrise überhaupt für notwendig erachtet wird, den Bürgern zu sagen, sie sollen mit einem Deckel am Topf kochen, die Raumtemperatur absenken, das Tempo beim Autofahren reduzieren, oder einen Pullover anziehen, lässt vermuten, dass es entweder um die Mündigkeit, Selbstbestimmung, Eigenständigkeit und um den Hausverstand der Bürger schlecht bestellt ist, oder aber die Ratgeber den Bezug zur Realität völlig verloren haben.

Weniger Vorschriften, mehr Eigenverantwortung

Gleich, ob Ersteres, Letzteres oder gar beide Dinge zutreffen, die Frage der Straßenbeleuchtung zeigt sehr deutlich, dass dringender, vor allem gesellschaftspolitischer Handlungsbedarf gegeben ist. Zum einen ist es höchst an der Zeit, überbordende Vorschriften und Normen zu beseitigen und ein erträgliches Mittelmaß zwischen Überregulierung und rechtsfreiem Raum zu finden. Zum anderen muss die zunehmende Bevormundung zurückgedrängt, den Bürgern wieder eigenständiges Denken ermöglicht und ihnen die Verantwortung für ihr Handeln und Tun auferlegt werden.

Bernhard Haubenberger

bernhard haubenberger rund

 

Zum Autor: Bernhard Haubenberger ist Fachreferent in der Abteilung Recht und Internationales des Österreichischen Gemeindebundes.

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