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KSG: Infrastruktur als Rückgrat der Märkte

Die traditionelle Podiumsdiskussion bei den Kommunalen Sommergesprächen 2020 liefert dem Publikum Stoff zum Nachdenken: Mit den Impulsvortragenden Gerhard Christiner (Vorstand Austrian Power Grid), Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe und Christoph Badelt (Leiter WIFO) diskutierten Bernd Fislage (Vorstandsvorsitzender Kommunalkredit), Politikberater Thomas Hofer und Walter Oblin (Vorstand Brief & Finanzen Post AG) über eine krisensichere Grundversorgung und Handlungsempfehlungen für Österreichs Gemeinden nach der Krise.

Das große Thema Corona wurde auch in der mittägigen Diskussionsrunde behandelt. Moderator  Meinrad Knapp führte durch die prominente Runde und wollte unter anderem von Post-Vorstand Walter Oblin wissen, wie viel Überzeugungsarbeit bei den Briefträgern nötig war, damit sie trotz der Ansteckungsgefahr ihrer Arbeit weiterhin nachgingen. Oblin schilderte, dass vor allem zu Beginn große Verunsicherung in der Belegschaft herrschte und der Begriff der „kritischen Infrastruktur“ auch für ihn bis dahin nur ein theoretisches Konstrukt gewesen sei.

Auch der in Österreich dokumentierte erste Cluster im Wiener Raum war alles andere als förderlich. Im Großen und Ganzen sei er jedoch stolz, dass die Post die Herausforderung des vergangen halben Jahres stemmen konnte. Auch heute noch würden 30 Prozent der Bürobelegschaft im Home-Office arbeiten. Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe hatte an Oblin einen besonderen Wunsch: „Gratisrücksendungen sind zu verbieten. Sie sind sowohl regional, als auch für Anrainer kaum mehr erträglich.“

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Hauptthema war, wie erwartet, die Coronakrise: Es wurden die Punkte Krisenversorgung, Infrastrukturausbau und demokratiepolitische Einschnitte besprochen. ©event-fotograf

Felipe: Der Wachstumsgedanke stößt an seine Grenzen

Ebenso wies Felipe darauf hin, dass sie zwar keine Wachstumsgegnerin sei: „Wenn die Einen jedoch auf sehr großem Fuß leben und mehr Ressourcen verbrauchen als der Planet hergibt und den Anderen dann gar nichts mehr bleibt, gibt es nie ein gutes Leben für alle. Wir brauchen definitiv eine globale Umverteilung und in Industrieländern die Erkenntnis, dass ständiges Wachstum sich nicht ausgeht. Irgendwann müssen wir mit dem auskommen, was da ist und es fair verteilen.“

Badelt sieht Ausbau in Gesundheitsbereich notwendig

Christoph Badelt wiederum hat gemerkt, „wie leicht und schnell es plötzlich passiert, dass man in seinem Geschäft nicht mehr das bekommt, was man immer erhalten hat.“ Er hatte das Maßnahmenpaket der Regierung zwar als „prinzipiell richtig“ bezeichnet. Es brauche für ihn jedoch verstärkte, (auch personelle) Ressourcen in der Gesundheitspolitik, um die durch die Krise vermehrt aufkommenden Forschungsfragen adäquat beantworten zu können.

Funktionierende Infrastruktur ist das Um und Auf

Im Anschluss stellte Knapp Bernd Fislage die Frage, wie die Krise auf der Finanzierungsseite geschultert werden könne? Der Kommunalkredit-Chef antwortete: „Wir selbst haben im ersten Halbjahr genau so viel in Infrastruktur ausgegeben, wie wir in diese im vergangenen Halbjahr reingesteckt haben. Die jüngste Gesundheitskrise hat einmal mehr die Notwendigkeit einer funktionierenden Infrastruktur für das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen aufgezeigt.“

Der Zugang zu leistungsstarker Kommunikationsinfrastruktur, gesicherter Energieversorgung, modernen Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie essenzieller Versorgung mit Wasser erhöhen die Lebensqualität einer Gesellschaft nachhaltig, meinte Fislage. „So gesehen bildet Infrastruktur das Rückgrat entwickelter Märkte und ermöglicht die Transformation zu Wohlstand.“

Christiner: Krise zeigte Systemlücken auf

Mit der Coronakrise hat auch das Thema Sicherheit und die sichere Stromversorgung enorm an Bedeutung gewonnen. Gerhard Christiner wies darauf hin, dass die Energiewirtschaft bis hierhin gut durch die schwierige Zeit gekommen sei und die Abstimmung der Übertragungsnetzbetreiber mit den europäischen Partnern gut funktioniert habe. Allerdings warnte der Vorstand der Austrian Power Grid auch vor dem Wandel, in dem sich das Energiesystem befindet: „Man hat den Druck durch den Klimawandel und will schnell PV- und Windparks errichten. Die Stromnetze und Kraftwerke der Vergangenheit waren aber darauf abgestimmt, dass die kalorischen Kraftwerke den Verbrauch decken.“

Nun stehe man vor der Herausforderung, „dass wir viele Windräder vor allem im nördlichen Weinviertel haben, dort aber keine Verbraucher in der Dimension. Wir haben im Netzbereich schon massive Engpässe. Das geht so weit, dass wir oft zu Spitzenzeiten die Energie aus Windkraftanlagen nicht mehr abtransportieren können, weil die Leitungen zu schwach oder nicht vorhanden sind.“

Christiner hält es durchaus für möglich, die Gesellschaft mittels einer leichten Panikmache auf die genannte Herausforderung aufmerksam zu machen. Eine Art der Kommunikation, die Moderator Knapp mit einem abgewandelten Zitat formulierte: „Sie meinen also damit, dass jeder bald jemanden kennen könnte, der keinen Strom mehr daheim hat?“

Hofer warnt vor schwerwiegenden Eingriffen in demokratische Rechte

Politikberater Thomas Hofer wiederum konnte bereits bei seiner vormittägigen Reflexion der bewussten Panikmache nichts abgewinnen und erinnerte zum Abschluss der Diskussionsrunde an die Verletzbarkeit von Infrastrukturen mit einem Blick über den Atlantik: „Ich weise darauf hin, dass derzeit in den demokratisch geführten Vereinigten Staaten Donald Trump gerade einen Einschnitt in die Infrastruktur erzwingen will und versucht, den Staatsbetrieb der Post zugrunde zu richten und dadurch die briefliche Stimmabgabe bei der Präsidentenwahl zu sabotieren. Deshalb sollten wir uns alle bewusstwerden, wie verwundbar wir auch auf der demokratiepolitischen Ebene sind.“

Die ganze Diskussion zum Nachsehen:

 

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Bei der Podiumsdiskussion diskutierten Gerhard Christiner (Vorstand Austrian Power Grid), Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe und Christoph Badelt (Leiter WIFO) mit Bernd Fislage (Vorstandsvorsitzender Kommunalkredit), Politikberater Thomas Hofer und Walter Oblin (Vorstand Brief & Finanzen Post AG). Durch das Gespräch führte Moderator Meinrad Knapp. ©event-fotograf