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Hauptziel: Vorhaben abschließen

17.11.2017 – 2019 wird gewählt, daher liegt der Schwerpunkt der EU-Kommission für 2018 nun darauf, angefangene Projekte zu beenden. Aber dabei werden die Gemeinden ausreichend beschäftigt werden. EU-Expertin Daniela Fraiß gibt einen Überblick.

Kommissions-Chef Jean Claude Juncker möchte noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament seine wichtigsten Vorhaben abschließen. ©European Union, 2014 / Source: EC-Audiovisual Service / Photo: Georges Boulougouris
Kommissions-Chef Jean Claude Juncker möchte noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament seine wichtigsten Vorhaben abschließen. ©European Union, 2014 / Source: EC-Audiovisual Service / Photo: Georges Boulougouris

Das neue Arbeitsprogramm der EU-Kommission steht im Zeichen des Alten. Wie schon in der Vergangenheit, gliedert sich das Arbeitsprogramm in eine Mitteilung, gefolgt von der Auflistung konkreter Vorschläge. Die Mitteilung macht keine klare Trennung zwischen neuen Vorschlägen und bereits in Verhandlung befindlichen Dossiers, es werden vielmehr Prioritäten gelistet, die möglichst im Paket abzuschließen sind. Im Juni 2019 finden die nächsten EU-Parlamentswahlen statt. Daher wird die Kommission nun alles daran setzen, eine möglichst herzeigbare Bilanz in den großen Fragen zustande zu bringen.

Dieses wird also das letzte (ernst zu nehmende) Arbeitsprogramm der Juncker-Kommission sein. Denn bedenkt man die nötige Zeitspanne für die Kompromissfindung des EU-Gesetzgebers, also von Rat und EU-Parlament, sollten alle wichtigen Vorschläge, die noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden können, bis Mitte 2018 vorliegen.

Zahlreiche für Gemeinden wichtige Projekte

Aktuell befinden sich noch wichtige Vorschläge aus den Jahren 2015 und 2016 im Gesetzgebungsprozess, zu den größten Brocken zählt das Migrationspaket, wo es noch keine Einigung über die Reform des Dublin-Systems, die Aufnahme- oder die Anerkennungsrichtlinie gibt.

Auch das Kreislaufwirtschaftspaket, das die Gemeinden v.a. im Zusammenhang mit der Neuordnung der Abfallrahmenrichtlinie und der Definition von Siedlungsabfall beschäftigt, soll abgeschlossen werden. Hier gibt es Fortschritte bei den bereits in Bearbeitung befindlichen Dossiers, 2018 ist aber mit weiteren Richtlinienvorschlägen zur Abrundung des Pakets zur rechnen. Konkret fallen die geplante Revision der Trinkwasserrichtlinie sowie ein Vorschlag zur Wasserwiederverwendung in den Kompetenzbereich der Gemeinden bzw. ihrer Wasserverbände.

Klimaschutz und Ausbau der Digitalisierung

Die Klimaschutzpolitik, zu der sich Europa durch Unterzeichnung des Pariser Abkommens verpflichtet hat, muss durch den Abschluss des 2016 vorgelegten Energiepakets vorangetrieben werden. Sie findet aber auch ihre Umsetzung im Mobilitätspaket, wo die kürzlich vorgelegte Revision der Richtlinie über saubere und energieeffiziente Straßenfahrzeuge die Gemeinden als öffentliche Auftraggeber in die Pflicht nehmen wird.

Der digitale Binnenmarkt sieht nicht nur den Ausbau von 5G vor, sondern auch Interoperabilitätsanforderungen und ein zentrales digitales Zugangstor für Bürger und Unternehmen. Positiv ist zu vermerken, dass die Kommission Orientierungshilfen zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung zur Verfügung stellen will, auch für öffentliche Verwaltungen.

Den Bürgern näher kommen

Das Arbeitsprogramm greift jedoch auch eine Reihe von Junckers Ankündigungen auf, die die Union den Bürgern näher bringen soll. Die soziale Komponente der Unionspolitik soll gestärkt werden, ebenso wird über Initiativen zur besseren Vermittlung von Grund- und digitalen Kompetenzen oder die Unterstützung bei der Durchführung von Impfprogrammen nachgedacht. Ob derartige Initiativen, die in den Bildungs- und Gesundheitsbereich hineinspielen allerdings wirklich geeignet sind, die vielerorts vorhandene EU-Skepsis zu verringern, sei dahingestellt.

Interessant wird die Weiterentwicklung der europäischen Säule sozialer Rechte, deren Ziel u.a. die Herstellung eines europäischen Grundkonsenses über soziale Fairness im Binnenmarkt ist.
Auch die Sicherheitsagenda wird durch harte und weiche Maßnahmen vorangetrieben. Der Aktionsplan für den Schutz des öffentlichen Raums soll 2018 zu konkreten Arbeiten innerhalb der EU-Städteagenda und zur Veröffentlichung von best-practice Beispielen führen, die Terrorismusbekämpfung und Datenaustausch sollen besser koordiniert werden.

Subsidiarität endlich ernst nehmen

Und natürlich kommen auch bessere Rechtsetzung, Transparenz, Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit im Arbeitsprogramm nicht zu kurz. Trotz starker primärrechtlicher Ausprägung finden auch im achten Jahr nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ernst zu nehmende Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfungen nicht statt und die Agenda zur besseren Rechtsetzung berücksichtigt mögliche Herausforderungen bei der Umsetzung von EU-Recht zu wenig. Man wird sehen, ob der Umschwung vor den EU-Wahlen gelingt.

Neue Initiativen

In den Anhängen zur oben vorgestellten Mitteilung findet sich einerseits die Auflistung neuer Initiativen, andererseits die noch umzusetzenden Prioritäten der letzten Jahre sowie geplante Rücknahmen und Aufhebungen.

Die neuen Initiativen bauen größtenteils auf bekannten Prioritäten auf. Neues findet sich aber im Paket zur sozialen Gerechtigkeit und auch der für Frühjahr 2018 angekündigte Mehrjährige Finanzrahmen wird die eine oder andere Überraschung bereithalten.

Aus Gemeindesicht sind v.a. folgende neue Vorschläge zu beachten:

  • Verordnungsvorschlag über Mindestanforderungen an wiederverwendetes Wasser;
  • Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie;

Mittelbar könnten auch diese „weichen“ Vorschläge interessant sein

  • Mittelung über eine bessere Kommunikationsstrategie der Union
  • Mitteilung über die Förderung der Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und der besseren Rechtsetzung

Abzuschließende Prioritäten

Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen die wichtigsten laufenden Gesetzgebungsinitiativen abgeschlossen werden. Ein Überblick aus kommunaler Sicht:

  • Kreislaufwirtschaftspaket, das u.a. die Revision der Abfallrahmenrichtlinie, der Deponierichtlinie und der Elektro- und Elektronik-Altgeräterichtlinie umfasst;
  • Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen;
  • Revision von Energieeffizienzrichtlinie und Gebäuderichtlinie;
  • Einrichtung eines zentralen digitalen Zugangstors;
  • Dienstleistungspaket;
  • Rechtsgrundlage für den Europäischen Solidaritätskorps;
  • Anpassung der Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative;

Fazit: Wenig Neues, viele Fragezeichen

Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission enthält wenig Neues sondern legt den Fokus auf den Abschluss der begonnenen Arbeit. Der Anspruch, die großen Dinge auf europäischer Ebene zu regeln, wird weiterhin erhoben, wobei sich in heiklen Bereichen wie der Migrations- oder Steuerpolitik zeigt, wie schwierig dies ist. Ob eine europäische Sozialagenda dazu beitragen kann, sich den Bürgern anzunähern, sei dahingestellt. Auch hier dürften die Erwartungshaltungen hoch, der Umsetzungswille jedoch gering sein.

Die kommunalen Interessensvertreter werden mit Kreislaufwirtschaft, Klimapaket, E-Government und besserer Rechtsetzung jedenfalls ausgelastet sein. Und nicht zu vergessen, wenn auch im Arbeitsprogramm nicht erwähnt: 2018 werden die Vorschläge für die Neugestaltung der Regionalpolitik präsentiert und die Diskussion über die Zukunft Europas geht weiter!

(Daniela Fraiß)

Migration, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz sind nur einige der europäischen Vorhaben, die die Gemeinden direkt oder indirekt betreffen werden. ©Zerbor – Fotololia.com