In den letzten Jahrzehnten gab es in den Gemeinden einen enormen Zuwachs an Aufgaben und Leistungen. Aufgrund sich ständig ändernder Rahmenbedingungen sind kommunale Verwaltungen – als lernende Organisationen – zur laufenden Optimierung der öffentlichen Aufgaben angehalten. Über den Erfolg von Gemeinden entscheidet unter anderem auch die Qualität der Projektabwicklung. Die immer komplexer und schneller werdende allgemeine Entwicklung und der gesellschaftliche Wandel erfordern eine professionelle Herangehensweise an die Bewältigung der kommunalen Aufgaben. Change-Management etabliert Richtlinien, Prozesse zu optimieren und das Unternehmen an die Herausforderungen des Wandels anzupassen.
Im Gemeindewesen sind Veränderungen an der Tagesordnung. Sie bergen einerseits Risiken, bedeuten andererseits aber auch Chancen. Es kommt nur darauf an, wie man diese strategisch nutzt, gemäß dem Sinnspruch: „Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Veränderung ist eine Konstante. Um zu überleben, haben wir uns laufend an unsere Umwelt anzupassen. Grundsätzlich wollen wir Veränderungen, aber die wenigsten von uns verändern sich und ihre Gewohnheiten gerne. Veränderungen werden meist nur dann umgesetzt, wenn diese zwingend notwendig sind. Menschen haben oft nicht Angst vor Neuem, sondern fürchten sich davor, Bekanntes loszulassen.
ManagerInnen verbrauchen oft ihre ganze Energie für das Abarbeiten der täglichen Herausforderungen. Für strategische Zukunftsarbeit bleibt am Ende des Tages keine Zeit. Die erfolgreiche strategische Umsetzung von Veränderungen ist jedoch primäre Aufgabe der Führungskräfte. Die Kunst besteht darin, an den richtigen Stellen anzupacken, nämlich dort, wo positive Energie freigesetzt werden kann bzw. wo Blockaden zu beseitigen sind.
Einseitig initiierte Veränderungsprozesse laufen meist nach dem gleichen Muster ab:
- Veränderung
- Schock, Angst, Unsicherheit
- Verneinung, Ärger, Enttäuschung
- Rationale Einsicht, Neugier, Interesse
- Emotionale Akzeptanz, Loslassen alter Gewohnheiten
- Ausprobieren
- Erkenntnis
- Integration und Umsetzung der Veränderung im Alltag
Bei wesentlichen – in die Struktur eingreifenden – Veränderungen ist eine durchschnittliche Dauer von einem Jahr für die Umsetzung des Prozesses zu veranschlagen, abhängig von der strategischen Vorgangsweise.
Auch wenn Veränderungen in der heutigen Zeit unumgänglich sind, ist gerade im öffentlichen Bereich aus Gründen der Rechtssicherheit und ordnungsgemäßen Abwicklung eine konstante Erfüllung der Aufgaben zu gewährleisten. Es kann aber nicht das Ziel der Verwaltung sein, mit denselben Ressourcen immer noch schneller immer noch komplexere Aufgaben umzusetzen. Schlussendlich gehört es auch zu unserer Aufgabe, eine positive und nachhaltige Unternehmenskultur im Bereich der Gemeindeverwaltungen zu schaffen. Denn Gesundheit geht vor: speed kills – die zunehmende Geschwindigkeit des derzeitigen Wandels verlangt den MitarbeiterInnen eine große Flexibilität ab, die bei schlechtem Change-Management im schlimmsten Falle krank machen und dem Unternehmen langfristig schaden kann.
Wenn man will, dass Veränderungen erfolgreich umgesetzt werden, ist die Einbindung aller Betroffenen von Anfang an und die Darstellung der Sinnhaftigkeit des Vorhabens unverzichtbar. Schlussendlich braucht Change lebendige Kommunikation, Dialog und strategische Umsetzung. Zu viele und ständige Veränderungen können auf Dauer auch kontraproduktiv sein, da, wie bereits konstatiert, Menschen sich nicht ständig verändern können und wollen. Die Praxis zeigt, dass Aufgaben immer dort erfolgreich umgesetzt werden, wo eine gewisse Konstante vorherrscht und Veränderungen nicht ständig passieren.
Großprojekte, wie z. B. die Umstellung von Schreibmaschine auf Computer, die Einführung des elektronischen Aktes oder einer digitalen Zeiterfassung erfordern ein professionelles Projektmanagement, konkret: Konzeption, Planung, Realisierung, Abschluss und Evaluierung des Prozesses. Es umfasst alle Aspekte (Ziel, Budget, Zeit), die für das Erreichen des Projektziels notwendig sind. Es geht darum, klare Ziele zu setzen, die in der gewünschten Zeit, zu den gewünschten Kosten und mit dem gewünschten Erfolg erreicht werden können. Keep it simple, im Prinzip reicht es aus, wenn für die Abwicklung des Projektes die berühmten W-Fragen definiert, besprochen und schriftlich festgehalten sind.
Die richtige Balance zwischen Veränderung und Stabilität ist entscheidend für eine erfolgreiche kommunale Verwaltung. Ein bisschen Veränderung ist super, zu viel davon kann jedoch schädlich sein. Strategie ist alles. Noch ein Sinnspruch als Gedankenanstoß zum Schluss: „Wer will, sucht Wege, wer nicht will, sucht Gründe.“
Über den Autor: Bernhard Scharmer ist Amtsleiter in der Gemeinde Telfs und Obmann des Fachverbandes leitender Gemeindebediensteter Tirols.