Im Mittelpunkt standen der Austausch zum kürzlich beschlossenen Finanzausgleich, der finanziell angespannten Situation in den Städten und Gemeinden sowie weitere aktuelle kommunale Herausforderungen, wie beispielsweise dem Personal- und Fachkräftemangel, dem Breitbandausbau oder Förderungen für die Siedlungswasserwirtschaft.
Die aktuelle Betroffenheit der Gemeindevertreterinnen und -vertreter und der Wunsch nach Austausch mit der Regierungsspitze war groß – mehr als 500 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nahmen an der Videokonferenz teil und richteten ihre Fragen an den Bundeskanzler und Finanzminister.
Einigung zum FAG wichtiger Kompromiss
In seinem Eingangsstatement betonte Bundeskanzler Karl Nehammer, die Bedeutung der gemeinsamen Einigung zum Finanzausgleich aus Bund, Ländern, Städte- und Gemeindebund. Die Einigung sei „ein guter und wichtiger Kompromiss, der eine notwendige finanzielle Basis für die Städte und Gemeinden bringt.“ Ihm und der Regierung sei der Ernst der Lage der Gemeinden auch abseits des neuen Finanzausgleichs bewusst. Jetzt gelte es, die Beschlüsse des Finanzausgleichs wirken zu lassen und parallel die Lage zu evaluieren. „Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren – auch während der Pandemie – bewiesen, dass sie die Gemeinden nicht im Stich lassen. Ihr könnt euch also auf unsere Hilfe auch in nächster Zeit verlassen“, so Bundeskanzler Karl Nehammer.
Finanzminister Magnus Brunner richtete in der Videokonferenz ausdrücklich seinen Dank an die Chefverhandler des Österreichischen Gemeindebundes Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger für die die konstruktive Zusammenarbeit und die intensiven Verhandlungen in herausfordernden Zeiten wie diesen.
„Ihr habt für die Gemeinden gekämpft bis zum Schluss – ohne euch hätte es keine direkten Mittel für die Kommunen aus dem Zukunftsfonds gegeben. Die Länder wollten dies verhindern. Das Ergebnis für den Finanzausgleich und die 2,4 Milliarden Euro für die Gemeinden sind ein Erfolg von Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen“, sagte Magnus Brunner.
Zudem habe Erwin Dirnberger einen weiteren Erfolg mit der Verdoppelung der Strukturfondsmittel für die Gemeinden erreicht.
Andrea Kaufmann, Vizepräsidentin des Österreichischen Gemeindebundes und Bürgermeisterin von Dornbirn hielt in der Videokonferenz fest: „Man darf das Ergebnis zum Finanzausgleich jetzt nicht schlechtreden. Es waren äußerst herausfordernde Bedingungen und wir haben mit dem vorliegenden Paktum eine gute Basis für die nächsten fünf Jahre gelegt.“
Den Finanzausgleich zu boykottieren und kein Ergebnis zu haben, hätte enormen Schaden verursacht. „Daher müssen wir alle dankbar sein für dieses Ergebnis“, so Kaufmann.
Gemeinden brauchen weiter Unterstützung
Die Finanzierung des Jahres 2024 sei ein anderes Thema, das dürfe man jetzt nicht mit den FAG-Verhandlungen und dem Ergebnis vermengen. „Für das Jahr 2024 brauchen die Städte und Gemeinden weitere Unterstützung durch den Bund – das haben wir bereits in intensiven Gesprächen mit dem Finanzminister und dem Bundeskanzler deponiert“, macht sich Kaufmann für die Bürgermeister stark und antwortete damit auf zahlreiche Fragen der Bürgermeister, ob weitere Hilfen für Städte und Gemeinden angedacht seien.
Auf die Frage wann die Mittel aus dem Zukunftsfonds konkret zu den Gemeinden kommen, antwortete Finanzminister Magnus Brunner: „Die Mittel des Zukunftsfonds werden jeweils am 30. Juni überwiesen. In weiterer Folge werden diese vom Land in entsprechender Frist an die Gemeinden weitergeleitet. Die Vorschüsse der Ertragsanteile werden bis spätestens 25. März an die Städte und Gemeinden fließen“, versichert der Finanzminister.
Auch Grundsteuer wurde diskutiert
Thema bei der Videokonferenz mit Österreichs Bürgermeistern war auch die viel diskutierte und langjährige Reform nach einer Grundsteuer. Auch hier sorgte der Finanzminister für klare Worte: „Ein Vorschlag des Gemeindebundes zur Reform der Grundsteuer liegt am Tisch. Nun braucht es eine Einigung mit dem Städtebund“, so Magnus Brunner.
Interesse zeigten die Gemeindevertreter beim Austausch mit den Regierungsvertretern auch hinsichtlich der Zielsetzung für den Ausbau der Kinderbetreuung im Zuge der Zukunftsfondsmittel. Diesbezüglich antwortete der Finanzminister, dass Sanktionen verfassungsrechtlich nicht möglich seien, die Gelder den Städten und Gemeinden aber auch zur Verfügung stehen würden, wenn die Ziele nicht erreicht werden.
Im Zuge der Fragen bekundeten die Gemeindevertreter in der ohnehin schon finanziell angespannten Zeit ihre Sorgen im Zusammenhang mit den enormen Kostensteigerungen im Sozial- und Pflegebereich. Bundeskanzler Karl Nehammer betonte: „Uns ist bewusst, dass wir starke und auch weniger belastete Gemeinden haben. Die Lösung für alle diese Themen sind abhängig davon, wie in den Ländern die Zusammenarbeit mit den Gemeinden funktioniert“, so Nehammer. In jenen Bereichen, wo der Bund einwirken und Verbesserungen für die Gemeinden erreichen kann, setzt Nehammer auf die gute und enge Zusammenarbeit mit dem Gemeindebund.
Krisenjahre wirken nach
Hinsichtlich der Frage den steigenden Schulden aller Gebietskörperschaften und einem Weg heraus aus dem Schuldenloch, spannte der Bundeskanzler in seiner Antwort einen breiteren Bogen: „Aus Bundessicht gilt es in guten Jahren ein Budget zu konsolidieren“, so Nehammer. Aktuell kämpfe man mit den Auswirkungen der Krisenjahre, dem Krieg in der Ukraine, der Energie- und Versorgungsknappheit. „Wir waren und sind hier ständig unter Druck und unsere Budgets damit enorm gefordert“, schildert der Bundeskanzler. Als konkretes Beispiel nennt Nehammer die „Strategische Gasreserve“: Vor zwei Jahren war das bei uns kein Thema, heute ist es für uns eine immense Budgetbelastung.“
Daher brauche es in Krisenzeiten – anders als in guten Jahren – zielgerichtete Investitionen und damit auch Mut zum Schuldenmachen, um gegen die Krise zu investieren. Im Fokus all dieser Maßnahmen stehe dabei die Standortsicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.
Angesprochen auf den Glasfaser- bzw. Breitbandausbau meint der Bundeskanzler, dass dieses Thema in allen Ländern eine große Herausforderung und damit auch eine große standortpolitische Frage sein. Ziel der Bundesregierung sei es, die Fördercalls zunehmend dorthin zu richten, wo es sich für Private nicht rechnet. Gleichzeitig müssten beim Ausbau von Privaten auch die Bedingungen verschärft werden, mahnte Erwin Dirnberger ein.
Die Gemeindevertreterinnen interessierten sich in der Videokonferenz auch dafür, wie der Zukunftsfonds aufgebaut und zustande gekommen ist. Hier antworte der Finanzminister: „Der Gemeindebund war ein starker Fürsprecher für wenige Regeln und eine einfache Abrufung der Mittel. Von Bundesseite haben wir hier möglichst viel Freiraum gegeben, damit die Spielräume für die Städte und Gemeinden möglichst flexibel sind“, so Magnus Brunner.
Ruf nach Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels
Auch Kritik nach einer Reform des abgestuften Bevölkerungsschlüssels wurde von einigen Bürgermeistern geäußert. Der Bundeskanzler erklärte: „Der Finanzausgleich ist nur einstimmig zu beschließen. Im Vorfeld ist die Debatte um den abgestuften Bevölkerungsschlüssel wichtig, das wissen wir aus Erfahrung. Aber in der Dynamik der Verhandlung kommt das Thema schnell in den Hintergrund. Nachdem sich Länder und Gemeinden in dieser Frage absolut nicht einig seien, sei es auch sehr schwer eine Lösung herbei zu führen. „In Summe haben wir 100 Verhandlungsrunden zum Finanzausgleich bestritten. Darin wurde versucht die Ungleichheiten auszugleichen und daher eine Verdoppelung der sogenannten „Schelling-Millionen“ auf 600 Millionen Euro für den Strukturfonds zu bekommen“, sagt der Finanzminister.
Es mangelt an Arbeitskräften
Sorge bereitet den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern auch das Thema des Arbeitskräftemangels und den Personalengpässen. Bundeskanzler Karl Nehammer meinte: „Wir sehen uns in allen Bereichen mit immer weniger Arbeitsplätzen konfrontiert. Unsere große Maßnahme für diesen Engpass wird zunehmend die Rot-Weiß-Rot-Karte sein“, sagt Nehammer. Sie sei die Eintrittskarte für den Arbeitsmarkt und damit ein großer Hebel für die Zukunft.
In dem Zusammenhang versuchte der Bundeskanzler auch mit einem Gerücht aufzuräumen, dass Asylwerber nicht arbeiten dürfen. „Das ist einfach falsch. Wenn das AMS zustimmt, können Asylwerber auch im regulären Arbeitsmarkt arbeiten“, betont er. Allerdings warnte er: „Asylwerber können niemals die Antwort auf den Personalmangel sein. Uns muss allen klar sein, wir werden in den nächsten Jahren mehr arbeiten müssen, nicht weniger!“
Wünsche des Gemeindebundes
Nachdem die Videokonferenz mit den Österreichs Bürgermeistern kurz vor Weihnachten stattfand, nützten die Gemeindebund-Spitzen Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger ihre „Weihnachtswünsche“ an den Bundeskanzler und Finanzminister zu richten: „Der Finanzausgleich ist eine wichtige Basis für finanzielle Lage der Städte und Gemeinden in den nächsten fünf Jahren. Allerdings ist die Situation derartig angespannt, dass wir die Notwendigkeit eines weiteren Unterstützungspaketes für die Gemeinden als dringend notwendig erachten. Wir werden dazu die Meinungen aus den Landesverbänden einholen und in den nächsten Monaten ein Paket auf den Tisch legen“, richten Kaufmann und Dirnberger den Appell an den Bundeskanzler und Finanzminister.
Finanzminister Magnus Brunner versichert: „Wir werden uns die Situation genau anschauen und die Auswirkungen des Finanzausgleichs genau evaluieren. Auch die Vorschüsse werden helfen und die angehobenen Ertragsanteile 2024 ihre Wirkung zeigen. Erste Gespräche über weitere Unterstützungen haben bereits stattgefunden – wir werden hier dran bleiben“, so Brunner.
Bundeskanzler Karl Nehammer betont abschließend: „Wir nehmen die finanzielle Situation der Gemeinden sehr ernst. Wir müssen jetzt mal sehen, wie die Finanzausgleichs-Maßnahmen wirken. Tatsache ist: „Die Gemeinden sind das Fundament der Republik und daher auch wichtige Partner des Bundes.“ Auch für den Bund wird 2024 ein schwieriges Jahr. Dem Bund sei aber bewusst, dass es ein maßgeschneidertes Finanzierungsangebot für die Gemeinden bracht“, so Nehammer.
Zudem habe man in der Vergangenheit gesehen: „Die Direktfinanzierung (über KIPs) der Gemeinden war ein neuer Schritt. Und dieses System zeigt, dass die Gemeinden verlässliche Partner sind wenn es um die Verwendung der Direktmittel geht.“