Lange musste man nach Antworten auf Fragen zu den legistisch missglückten Kostentragungsbestimmungen im Eisenbahngesetz suchen. Nunmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in zwei Entscheidungen wichtige Fragen beantwortet. Eine Entscheidung ist für zahlreiche Gemeinden nachteilig, eine andere Entscheidung durchwegs erfreulich.
Wie bereits mehrfach berichtet, sieht das Eisenbahngesetz grundsätzlich eine Vereinbarung der beiden Verkehrsträger über die Kosten der Umsetzung von angeordneten Maßnahmen an Eisenbahnkreuzungen vor. Sollte es keine Vereinbarung geben, werden die Kosten je zur Hälfte zwischen Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast geteilt. Sowohl das Eisenbahnunternehmen als auch der Träger der Straßenbaulast haben jedoch die Möglichkeit, binnen drei Jahren ab Rechtskraft des Anordnungsbescheides (Sicherungsbescheides) bei der Behörde einen Antrag auf Kostenteilung zu stellen.
Im Kostenteilungsverfahren wird die „Kostenteilungsmasse“ ermittelt (was ist zu teilen) und diese anhand von vier Kriterien aufgeteilt (wie ist zu teilen).
Die vier Kriterien sind
- Veränderung des Verkehrs seit Baugenehmigung der Kreuzung
- Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf Eisenbahn und Straße
- Ersparnisse
- Mehraufwendungen im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers
Wenngleich man durchaus auch die Meinung vertreten könnte, dass Ersparnisse und Mehraufwendungen nicht in der Aufteilung, sondern bereits bei der Eruierung der Kostenteilungsmasse zu berücksichtigen sind (letztlich könnten diese Kriterien ziffernmäßig bestimmt werden), hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) es für nicht unzulässig erachtet, dass alle vier Kriterien für die Aufteilung ausschlaggebend sind.
Des Weiteren hat er es für nicht rechtswidrig erachtet, dass alle vier Kriterien mit je 25% gewichtet werden und selbst dann zur Anwendung kommen, wenn diese gar nicht schlagend werden. Sollte es daher keine Mehraufwendungen im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers geben, kann dieses Kriterium mit 25% gewichtet und beiden Verkehrsträgers im selben Ausmaß zugerechnet werden (je 12,5%).
Nachdem der VwGH zugleich aber auch ausgesprochen hat, dass unter Bedachtnahme der Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung der Interessen der Parteien auf Basis der Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist, wird es – je nach Umständen des Einzelfalls – auch zulässig sein, dass die Kriterien anders gewichtet werden. Kommt daher einem Kriterium besondere Bedeutung zu, dann wird dieses Kriterium wohl höher als mit nur 25% zu gewichten sein.
In diesem Zusammenhang für die Gemeinden als Träger der Straßenbaulast nachteilig ist die Festlegung des VwGH, dass die mit einer Sicherung der Eisenbahnkreuzung einhergehende „Erhöhung der Verkehrssicherheit“ vom Kriterium „Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs“ umfasst ist und in erster Linie dem Träger der Straßenbaulast zuzurechnen und damit für die Gemeinden nachteilig ist. Begründet wird diese Ansicht mit statistischem Zahlenmaterial, wonach die Ursache von Unfällen an Eisenbahnkreuzungen zu 98% auf Seiten des Straßenverkehrs liegt und daher von einem höheren Nutzen auf Seiten des Straßenverkehrs ausgegangen werden kann.
Diese Ansicht ist für Gemeinden nachteilig und darüber hinaus auch nicht nachvollziehbar. Unverständlich ist, weshalb nicht darauf abgestellt wird, ob es vom Straßenverkehr verursachte Unfallhäufigkeiten an der konkreten, verfahrensgegenständlichen Kreuzung gegeben hat und diese Unfallhäufung ursächlich für die Sicherung gewesen ist.
Fraglich ist aber, weshalb das Verhalten des Straßenverkehrsteilnehmers überhaupt eine Rolle bei der Kostentragung spielen soll. Letztlich hat die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast der die Eisenbahn kreuzenden Straße überhaupt keinen Einfluss auf das Verkehrsverhalten der Straßenverkehrsteilnehmer. Weder ist die Gemeinde für Verkehrsregelungen an Eisenbahnkreuzungen noch für die Überwachung und Kontrolle der Einhaltung derselben zuständig.
Hinzukommt, dass unter Abwicklung des Verkehrs in erster Linie die Flüssigkeit, Leichtigkeit und Schnelligkeit zu verstehen ist. Die „Erhöhung der Verkehrssicherheit“ ist vom Sinngehalt des Begriffs „Abwicklung“ nicht umfasst und hat allenfalls nur mittelbar Auswirkung auf die Abwicklung des Verkehrs – so etwa, wenn durch eine erhöhte Sicherheit die Unfallhäufigkeit gemindert wird und dadurch Verspätungen, Zugausfälle und Verkehrsverzögerungen vermieden werden. Die dadurch bewirkte Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs kommt aber beiden Verkehrsträgern in gleicherweise zugute.
Zu rechnen ist damit, dass nunmehr in allen Kostenteilungsverfahren dieses Kriterium zulasten der Gemeinde ausgelegt wird. Gemeinden sollten daher besonders Acht geben, dass die Gewichtung der Kriterien nicht dazu führt, dass sie am Ende eines Tages mehr als 50% der Gesamtkosten zu tragen haben. Dies kann und wird vor allem dann eintreten, wenn es zu demselben oder den anderen Kriterien kaum oder womöglich gar keine Anhaltspunkte gibt, die sich für das Eisenbahnunternehmen belastend auswirken.
Weitgehend geklärt ist die Frage, ob die Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV 2012) Auswirkung auf bereits bestehende Kostentragungsregelungen hat, sollte aufgrund einer Überprüfung ein Sicherungsbescheid nach der neuen Verordnung ergehen. Das ist insofern von Bedeutung als in zahlreichen vor allem bereits technisch gesicherten Kreuzungen bislang das Eisenbahnunternehmen sämtliche Kosten getragen hat.
Zurückzuführen ist dieser Umstand darauf, dass nach alter Rechtslage vor dem „Deregulierungsgesetz 2001“ die Behörde mit der Festlegung der Art der Sicherung sogleich auch über die Kostentragung abzusprechen hatte. Da die Behörde das zumeist unterlassen hat und das Eisenbahnunternehmen gegen die Nicht-Entscheidung über die Kosten nicht vorgegangen ist, wurde die Kostentragungsregel, wonach das Eisenbahnunternehmen alle Kosten zu tragen hat, rechtskräftig.
Der VwGH hielt fest, dass es bei der Frage, ob bestehende Kostentragungsregelungen durch einen neuen Sicherungsbescheid außer Kraft gesetzt werden können, darauf ankommt, ob durch diesen Bescheid die vorgeschriebene „Art der Sicherung“ geändert oder beibehalten wurde.
Wichtig ist, dass der VwGH davon ausgeht, dass sich die Arten der Sicherung von Eisenbahnkreuzungen, die in der alten Verordnung (EKVO 1961) und nunmehr in der neuen Verordnung (EisbKrV 2012) festgelegt sind, nur in ihrer Begrifflichkeit (Terminologie) unterscheiden. In beiden Verordnungen gibt es fünf abschließend aufgezählte Sicherungsarten, wobei zu ersten beiden auch Andreaskreuze vorgeschrieben waren (diese sind nunmehr überall vorgeschrieben):
- Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes
- Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus,
- Lichtzeichen (EKVO 1961: „Lichtzeichenanlagen“)
- Lichtzeichen mit Schranken (EKVO 1961: „Schrankenanlagen“)
- Bewachung
Wie bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 dargelegt bekräftigte der VwGH seine Ansicht, dass die Kostentragungsregelungen nicht zum Tragen kommen, wenn im Sicherungsverfahren entschieden wurde, dass die bisherigen Sicherungen beibehalten werden können. Des Weiteren legte er fest, dass die Kostentragungsregelungen sehr wohl dann, aber nur insoweit Anwendung finden, sollten „ergänzende Änderungen der Sicherungsanlage“ angeordnet werden.
Im Zusammenhang mit einer älteren Vollschrankenanlage, die an die Vorgaben der EisbKrV 2012 anzupassen war, hat der VwGH nunmehr ausgesprochen, dass es sich bei dieser Anpassung (ungeachtet der vorzunehmenden technischen Anpassungen) nicht um eine Änderung der Sicherungsart, sondern um eine Weiterbelassung bzw. Beibehaltung der bereits gegebenen Sicherungsart handelt. Die bisherigen Kostentragungsregelungen gelten daher weiter und können nicht durch Kostenteilungsanträge ausgehebelt werden.
Bereits im Jahr 2015 hat der VwGH im Zusammenhang mit einer erfolgten Erneuerung einer (bereits über der technischen Nutzungsdauer befindlichen) Lichtzeichenanlage ausgesprochen, dass die bestehenden Kostentragungsregelungen nicht ausgehebelt werden können, sollte im Sicherungsbescheid festgehalten werden, dass die bestehenden Sicherungen beibehalten werden können. Nachdem der diesem Kostenverfahren zugrunde liegende Sicherungsbescheid auf Grundlage der alten Verordnung erlassen wurde, war bis dato nicht klar, welche Auswirkungen Sicherungsbescheide auf Grundlage der neuen Verordnung auf die Kostentragung haben.
Aus der bisher vorliegenden Rechtsprechung des VwGH lässt sich daher ableiten, dass eine Gemeinde sowohl hinsichtlich angeordneter Anpassungen an die neue Verordnung wie auch hinsichtlich Erneuerungen bestehender Sicherungen keine Kosten tragen muss, wenn sich in beiden Fällen die „Art der Sicherung“ nicht ändert und die Gemeinde bislang keine Kosten getragen hat. Ausgenommen davon sind allfällig erforderliche „ergänzende Änderungen“ von Sicherungsanlagen.
Der VwGH hat in diesem Sinn auch die Frage geklärt wie mit jenen Fällen umzugehen ist, in denen eine alte „Lichtzeichenanlage“ durch „Lichtzeichen mit Schranken“ ersetzt wird. Da es sich hierbei um eine Änderung der Art der Sicherung handelt, sind alle Kosten, die mit der Anordnung der anderen Art der Sicherung einhergehen, in die Kostenteilungsmasse miteinzubeziehen. Dass die Gemeinde hinsichtlich der alten Lichtzeichenanlage bislang keine Kosten getragen hat, spielt insofern keine Rolle.
Unbeantwortet gelassen hat der VwGH jedoch die Frage, ob in Fällen, in denen eine „Lichtzeichenanlage“ durch „Lichtzeichen mit Schranken“ ersetzt wurde, der Umstand, dass die Gemeinde niemals Kosten getragen hat, bei den Kriterien bzw. bei der Aufteilung der Kostenteilungsmasse zu berücksichtigen ist. Nachdem sich das Eisenbahnunternehmen die (in vielen Fällen aufgrund des Ablaufs der technischen Nutzungsdauer ohnedies bereits längst notwendige) Erneuerung der alten Sicherungsanlage erspart, spricht Vieles dafür, dass dieser Umstand als Ersparnis im Sinne der Kriterien zu werten ist. Nachdem dieser Ersparnis enormes Gewicht zukommt, müsste diese mit mehr als 25% gewichtet werden.
Nicht restlos geklärt ist die Frage, was zu geschehen hat, wenn eine alte Halbschrankenanlage durch eine Vollschrankenanlage ersetzt wird. Ohne Zweifel handelt es sich dabei – mit Verweis auf die jüngsten Entscheidungen des VwGH – um ein und dieselbe „Art der Sicherung“. Ob die Schranken mit Halbschranken oder Vollschranken, zweiteilig oder vierteilig ausgestaltet sind, sollte daher keinen Unterschied machen – die Art der Sicherung bleibt immer dieselbe. Demgemäß müssten die alten Kostentragungsregelungen fortbestehen und können nicht durch Kostenentscheidungsanträge ausgehebelt werden.
Ob es sich jedoch bei einer Aufrüstung von Halbschranken auf Vollschranken um eine (unbeachtliche) technische Anpassung (an die neue Verordnung) handelt, die gar keine neue Kostentragungspflicht auslöst, oder um eine ergänzende Änderung der Sicherungsanlage, die nur hinsichtlich der Änderung eine neue Kostentragungspflicht auslöst, ist nicht geklärt. Vieles und vor allem die Verfahrensökonomie spricht dafür, dass eine bloße Änderung der Ausgestaltung ein und derselben Sicherungsart keine neuen Kostentragungspflichten auslöst.
Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht des VwGH, wonach der Behörde bei der konkreten Ausgestaltung der Kostentragung, insbesondere der Zahlungsmodalitäten ein weiter Ermessensspielraum zukommt. Demnach liegt es im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts zu bestimmen, ob die zukünftigen Erhaltungs- und Inbetriebhaltungskosten jährlich in Höhe des vorgeschriebenen Betrages oder in Form einer Einmalzahlung in Höhe des mittels Barwertberechnung abgezinsten Betrages zu zahlen sind.
Es kann daher, wie im gegenständlichen Fall, sein, dass die Gemeinde vorab im Wege eines Einmalbetrages Erhaltungs- und Inbetriebhaltungskosten für die nächsten 25 Jahre bzw. für den Zeitraum der technischen Nutzungsdauer einer Eisenbahnkreuzung zahlen muss, obwohl in keiner Weise sicher ist, dass die Eisenbahnkreuzung die nächsten 25 Jahre bestehen bleibt. Was zu passieren hat, wenn die Kreuzung fünf Jahre später aufgelassen wird oder andersartig gesichert wird, ist unklar – denn die Zahlung dieses Einmalbetrages ist aufgrund eines (wohl) rechtskräftigen Kostenbescheids erfolgt.
An diesem durchaus realistischen Szenario (letztlich gibt es zu viele Eisenbahnkreuzungen) ändert auch die Feststellung des VwGH nichts, wonach der Kostenbescheid als „vertragsersetzender Bescheid“ zu werten sei und daher im Wege privatautonomer Vereinbarungen abgeändert werden könne.
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