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69. Österreichischer Gemeindetag: Gemeinden sind das Fundament der Republik

Am zweiten Tag des Gemeindetages stand die kommunalpolitische Haupttagung mit zahlreichen Spitzenvertretern der Republik und der Länder am Programm. Unter den Gästen und Rednern: Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Bundeskanzler Karl Nehammer, Frauen- und Familienministerin Susanne Raab, Innenminister Gerhard Karner, Finanzminister Magnus Brunner, Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, Staatssekretär Florian Tursky, Landeshauptmann Anton Mattle, Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher, Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger sowie zahlreiche Mandatare aus Bund und Ländern. Vor über 2.000 versammelten Gemeindevertretern betonten alle die nicht zu unterschätzende Bedeutung der Gemeinden für Österreich. Der Gemeindetag steht unter dem Motto „Lokal. Regional. Europäisch. Gemeinden im Herzen Europas.“ und rückt die Europaregion „Tirol-Südtirol-Trentino“ in den Fokus. Erstmals findet im Rahmen des Österreichischen Gemeindetages auch die Tagung der Europagemeinderäte statt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen dankt den Bürgermeisterinnen und den Gemeindevertretern für ihre tägliche Arbeit: „In den Gemeinden sind die Bürgermeister täglich mit den Sorgen und Wünschen der Menschen, die sie persönlich kennen, konfrontiert. Daher wissen sie auch, wo den Landsleuten der Schuh drückt. Sie müssen Druck aushalten, viele Entscheidungen treffen, die dem Allgemeinwohl dienen, aber manchen nicht gefallen. Nicht umsonst ist das Vertrauen in die Ortschefs groß, da es hart erarbeitet ist.“ Aufgrund der Teuerung steigen die Nöte und Sorgen der Menschen. Auch die Gemeinden sind von den höheren Kosten betroffen. „Die Gemeinden sind Wellenbrecher gegen die Armut“, so der Bundespräsident, der zum Abschluss seiner Rede betont, dass „Wissen und Erfahrungen der Gemeinden ganz Österreich voranbringen, denn die kleinste Einheit ist auch unser größter Lehrmeister.“

Bundeskanzler Karl Nehammer ging in seiner Festansprache ebenfalls auf das hohe Vertrauen in die Kommunen und den Österreichischen Gemeindebund ein. „Die Bundesregierung hat größtes Vertrauen in die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Daher haben wir auch die Mittelausschüttung bei der Gemeindemilliarde so unbürokratisch organisieren können. Es braucht dieses starke und vertrauensvolle Zusammenarbeiten“, so der Kanzler. Weiters dankte er den Kommunen für ihre solidarische Hilfe für die Ukraine und die ukrainischen Vertriebenen, von denen ja mehr als 90.000 Menschen in den Gemeinden aufgenommen wurden. „Österreich steht jedenfalls an der Seite der Ukraine. Diese Hilfe zeigt, wie stark eine solidarische Gesellschaft sein kann“, so Nehammer. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stehen für den Kanzler an der „Spitze der Wehrhaftigkeit. Sie haben niemals Pause und sind immer für die Menschen da.“ In einer Zeit der Unsicherheit, mit Krieg in Europa, gebe es immer wieder Kräfte, die versuchen Ängste zu kapitalisieren. Hier braucht es Menschen, die wehrhaft sind, ein festes Wertekorsett haben und Ängste nehmen, indem sie da sind, zuhören und helfen. „Selbst, wenn die Krise noch so groß ist, so sehr bewährt sich dieses Land, die Menschen“, betont Nehammer. Jedenfalls gelte es nun nach neuen Lösungen zu suchen, weil sich die Zeiten verändert haben. Mit alten Konzepten könne man nicht die Probleme von heute lösen. „Als politisch Verantwortliche haben wir die Pflicht, das Leben der Menschen besser zu machen. Die Gemeindevertreter sind Garanten dafür, dass wir uns von den Krisen nicht erschüttern lassen.“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka ging in seiner Ansprache auf das Vertrauen in Politik insgesamt ein: „Durch die vielen Krisen ist das Vertrauen in Parteien, in Repräsentanten der Parteien und ins Parlament gesunken. Aber in den Gemeinden gibt es weiterhin hohes Vertrauen, denn die Bürgermeister leben die Bürgernähe. Und das ist ein wichtiger stabilisierender Faktor für die Demokratie.“ Es gelte jedenfalls jeden Tag an der Demokratie zu arbeiten. Herausfordernde Tendenzen in ganz Europa verstärken den Druck auf die Demokratie. Auch beim Umgang mit der künstlichen Intelligenz gehe es um Vertrauen.

Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl betont als Gastgeber des 69. Österreichischen Gemeindetages, dass die Anwesenheit der Spitzenpolitik inklusive Staatsspitze in Innsbruck die große Bedeutung der Gemeinden unterstreiche. Sie schaffen Heimat für die Landsleute. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das Ehrenamt. Riedl: „Die Vereine dürfen nicht in Bürokratie ersticken und mit Haftungsfragen überfordert werden.“ Mit Blick auf die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen ist die Botschaft des Gemeindebund-Präsidenten klar: „Es braucht mehr Geld für die Gemeinden!“ Dazu hat der Bundesvorstand des Österreichischen Gemeindebundes gestern eine Resolution beschlossen. Beim Thema Raumordnung brauche es belastbares Zahlenmaterial. Riedl ist zuversichtlich, dass man die überaus wichtige Bodenstrategie noch auf die Reihe bekomme.

In allen Redebeiträgen des Tages wurde das Thema Finanzen und der Finanzausgleich angesprochen. Der Ansprache von Finanzminister Magnus Brunner wurde daher aufmerksam gelauscht. „Bürgermeister und Finanzminister haben manchmal dieselben Aufgaben: Den Menschen erklären, dass etwas nicht geht“, so Brunner. Die großen Herausforderungen der letzten Jahre wurden jedenfalls gut bewältigt. So gab es in Österreich im letzten Jahr fünf Prozent Wachstum. „Aktuell verhandeln wir über den nächsten Finanzausgleich und damit über die künftige Verteilung von Steuergeld. Aber – und das ist mir wichtig zu betonen – wir reden nicht einfach nur über „mehr Geld“. Wir diskutieren auch über klare Aufgabenverteilung, gemeinsame Verantwortungen und messbare Kriterien“, so Brunner. „Österreich war immer stark, wenn sich die Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger an einen Tisch gesetzt und an einem Strang gezogen haben. Ich bin zuversichtlich, dass, wenn die Verhandlungen in die heiße Phase kommen, alle Finanzausgleichspartner nicht nur die eigenen, sondern auch die Interessen des jeweiligen Gegenübers im Auge haben werden. Am Ende wird eine gute und partnerschaftliche Lösung im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler stehen“, betont der Finanzminister.

Innenminister Gerhard Karner, der als ehemaliger Bürgermeister und Bundesvorstandsmitglied des Gemeindebundes schon einiges an Gemeindetags-Erfahrung hat, berichtet über die aktuellen gemeinderelevanten Themen aus seinem Ressort, wie etwa die Wahlrechtsreform oder Digitalisierung. „Durch die Änderung des Wahlrechts haben wir den Samstag als Eintragungszeitraum für Volksbegehren gestrichen – eine große Erleichterung für die Gemeinden“, so Gerhard Karner. „Die Digitalisierung hat unser Leben nachhaltig verändert. Mit einer Vielzahl an Chancen durch die Digitalisierung sind natürlich auch Gefahren verbunden. Die Polizei ist in Fragen der Cyber-Sicherheit ein verlässlicher Partner für die Gemeinden“, so der Innenminister.

Landwirtschafts- und Regionenminister Norbert Totschnig ging auf die Bodenstrategie ein. „Für die Umsetzung braucht es jedenfalls die Gemeinden und Länder. Es braucht auch Standorte für erneuerbare Energie, Wohnraum, Betriebsentwicklung aber auch Lösungen für effiziente Innenentwicklung“, so Totschnig. Er berichtete auch über die Förderprogramme LEADER und INTERREG, bei denen sich Regionen und Kommunen viele Fördermittel zur Unterstützung abholen können.

Staatssekretär Florian Tursky ging auf die digitale Transformation ein, die mehr Chancengleichheit für den ländlichen Raum bringt. „Die digitale Infrastruktur ist Teil der Daseinsvorsorge“, so Tursky. Bis 2030 soll es überall Gigabit-fähiges Internet geben. Im letzten Jahr wurden 900 Millionen Euro in den Breitbandausbau investiert. Auch dieses Jahr gibt es einen weiteren Call, um die weißen Flecken in der Breitbandversorgung zu schließen. In Sachen Künstliche Intelligenz sieht er die Aufgabe des Staates darin, die Herausforderungen aufzuzeigen und gleichzeitig die Ängste zu nehmen.

Frauen- und Familienministerin Susanne Raab dankte den Gemeinden für ihre Leistungen für die Familien im Land. Ihre Vision ist es, „Österreich zum Familienland Nummer 1 zu machen. Ich will, dass jede Familie das Lebensmodell wählen kann, das sie möchte. Die Gemeinden schaffen dabei ein kinderfreundliches Umfeld“, so Raab. Sie hebt den bisherigen Einsatz der Gemeinden bei der Organisation der Kinderbetreuung hervor. Im Rahmen des Gemeindetages werden auch zahlreiche familienfreundliche Gemeinden ausgezeichnet. Mittlerweile gibt es mehr als 600 familienfreundliche Gemeinden im Land.

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle erläutert in seiner Ansprache, warum die Gemeinden so wichtig für die Gesellschaft sind. Er selbst war 29 Jahre und zwei Monate lang Bürgermeister von Galtür und kennt daher die Sorgen und Anliegen der Kommunen aus eigener Erfahrung. „Im Wort Gemeinde steckt auch Gemeinschaft drinnen und gerade in Krisen ist die Gemeinschaft wichtig, da es gilt, alle Teile der Bevölkerung am Weg mitzunehmen“, so Mattle. Der Österreichische Gemeindebund ist einer der ganz großen Verantwortungsträger im Bund, der 70 Prozent der Bevölkerung repräsentiert. „Die Bundesländer und der Gemeindebund haben sich in Sachen Finanzausgleich positioniert. Alle tragen gemeinsam Verantwortung fürs große Ganze. Es geht um Bürgergeld und Steuergeld und wir müssen nun das Geld richtig umverteilen, damit ein Land wie Österreich gut funktionieren und soziale Sicherheit und Wohlstand anbieten kann.“

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher dankt dem Bund, dem Land Tirol und den Gemeinden für die Unterstützung bei allen Fragen der Autonomie seines Bundeslandes. Für ihn begleiten die Gemeinden „die Bürger von der Wiege bis zur Bahre mit ihren Dienstleistungen“. Sie haben auch eine wichtige Rolle bei der Implementierung von Maßnahmen gegen den Klimawandel. Ein Großteil der Maßnahmen findet auf kommunaler Ebene statt. Klar sei, dass sich „Europa nur von unten, von der Basis bauen lässt“, so Kompatscher.

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck, Georg Willi, betont in seiner Ansprache ebenfalls die Bedeutung der Kommunen: „In den Gemeinden ist man nah am Pulsschlag der Bevölkerung. Man spürt, wenn es mit dem Puls bergauf oder bergab geht. Entscheidungen in den Kommunen selbst sind direkt spürbar bei den Menschen vor Ort. Die Gemeinden sind daher wichtige Seismographen für die Stimmung der Menschen. Wir spüren auch Nicht-Entscheidungen, wie eine fehlende Mietpreisbremse.“ Seine Bürgermeisterkollegen bittet Willi, eng zusammenzuarbeiten und von den Konzepten der anderen zu lernen. Er appelliert an Finanzminister Magnus Brunner, bei der finanziellen Ausstattung der Gemeinden ein großes Herz zu zeigen.

Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger ergänzt, dass zwischen Gemeindebund und Städtebund in Sachen Finanzausgleich kein Blatt Papier passe. Der Gemeindetag ist für ihn auch wie eine „kommunale Selbsthilfegruppe“, wo Gemeinden und Städte über ihre Probleme reden. Die vielen Aufgabenbereiche bringen große Herausforderungen für die Gemeinden, wie Elementarpädagogik, Bildung und Soziales. Ein weiterer Punkt ist die Bewältigung des Klimawandels und die Verkehrswende. In Richtung Raumordnungskonferenz sagt der Generalsekretär, dass noch eine Konkretisierung fehlt, was Bodensparen im Detail bedeutet. Das Umweltbundesamt habe den Auftrag, entsprechende Methoden vorzulegen. So werde man für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch Boden in Anspruch nehmen müssen.

Hier können Sie die Video-Aufzeichnung der Haupttagung sehen. Mehr Infos zum Programm finden Sie auf www.gemeindetag.at.